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arte: Städte der Zukunft

Bei Arte gibt es einen sehr empfehlenswerten Dreiteiler zum Thema Städte der Zukunft, die sehr interessant sind – und auch zum Nachdenken über moderne Stadtentwicklung anregen.

Teil 1: Von Null auf Zukunft

In diesem Teil geht es vor allem um Planstädte. Städte, die auf den Reißbrett entstanden sind. Auch wenn Planstädte kein Novum sind, früher wurden in der Pampa Schlösser gebaut und passend zum Schloss dann ein kleiner Ort entwickelt (siehe z.B. die Mannheimer Quadrate). Bei den in der Doku vorgestellten Städten geht es gleich um mehrere zehn- oder gar hunderttausende Einwohner. In habe schon anderen Dokumentationen gesehen, bei denen die Rangfolge der größten Städte der Welt neu gewürfelt werden.

Die Doku geht von einer zentralen These aus, dass immer mehr Menschen in die Städte ziehen – und besonders kritisch ist diese Bewegung im asiatischen Raum. Laut einer amerikansichen Forscherin sollen die Leute auf dem Land regelrecht vertrieben werden, was die Ursache für diese Stadtflucht ist. Ich bin mir nicht sicher, ob das tatsächlich der Auslöser ist. Warum sollte denn jemand Leute vom Land vertreiben, nur um dann vor der schier unlösbaren Aufgabe zu sehen, diese Leute in Städte zu integrieren. Kann es nicht eher sein, dass die Hoffnung auf Arbeit und Wohlstand für viele in Städten liegt? Und wäre es dann nicht sinnvoller, lieber Anreize zu schaffen, damit genau diese Flucht nicht oder abgemildert eintritt?

In der Doku scheinen diese Planstädte jedenfalls die Antwort auf diese zu erwartende ungeheure Landflucht Problemen zu sein. Doch sie sollen nicht nur das Bedürfnis nach Wohnen decken, sondern auch modern sein. Es dafür gibt es zwei Buzzwords: eco-city und smart-city.

Inhaltlicher Schwerpunkt der Doku ist Songdo-City. Die Stadt liegt ca. 40km südwestlich von Seoul. Hier wurden sechs Quadratkilometer Fläche Wattenmeer in Bauflächen umgewandelt und seit 2003 bebaut. Wenn die Stadt fertig ist, sollen an die 70.000 Einwohner in dieser Stadt einmal wohnen.

Das Stadtbild ist von sehr vielen Hochhäusern geprägt. Neben Wohnfläche entstehen hier gleichzeitig auch Büroflächen. Als Ausgleich zur baulichen Monokultur der hohen Gebäude sind verschiedene Parks angelegt. Mit Seen mit entsalzenen Meerwasser.

Erschreckend fand ich das Bild von der Einfahrt von Norden: sechs Fahrstreifen führen nach Songdo. Sechs Fahrstreifen wieder heraus. Das ist eine der beiden großen Zufahrten, die zweite ist genauso dimensioniert. Sind das Städte, die ein eco-Label verdient haben?

Eine weitere Stadt ist Tianjin Eco-City.

In der Doku wurden auch verschiedene kritische Punkte angesprochen, dir mir deutlich machen, dass der Weg wohl nicht der richtige sein kann.

Zunächst werden diese Städte überwiegend privatwirtschaftlich errichtet. Die öffentliche Hand hält sich da weitestgehend heraus. Ein Interviewer sagt, dass für solche Projekte nur wenig Zeit zur Verfügung steht – eben keine hundert Jahre wie bei London. Und die wenigen privaten Bauherren sind bei der Errichtung sehr großzügig. Aber die tun das auch nicht als Solidarität. Und so scheint es nicht verwunderlich, wenn vor allem ärmere und ältere Bevölkerungsschichten nicht vertreten sind.

Auch das Gefühl von Urbanität soll sich in diesen Städten nur mäßig entwickeln. Bekanntlich fühlt man sich da am wohlsten, wo man mitgestalten kann – doch das ist bei diesen Städten weder vorgesehen noch gewollt. Take it as it is.

Soweit meine Gedanken zu Teil 1.

Teil 2: Smart Cities

Der zweite Teil befasst sich mit Big Data. Viele Überwachungskameras, viele Sensoren, viele Daten, alle in privaten Händen. Sie sollen bestimmte Prozesse vereinfachen (Klassiker: Ampelsteuerung), gehen hier aber bis ins Privatleben hinein. Der Wohnungsschlüssel, der gleichzeitig zum Einkaufen, U-Bahn fahren, Sozialstunden etc. genutzt wird. George Orwell lässt grüßen.

Ein besonders tolles und krasses Feature: wer zwei Tage die Wohnung nicht verlassen hat, wird Besuch vom Hausarzt bekommen. Ein beruhigendes Gefühl.

Teil 3: Die urbane Farm

Ausgehend vom Ernährungsbedarf in Metropolen wir New-York werden verstärkt Dächer zum Anbau von Pflanzen genutzt. Sicherlich praktisch, denn das spart dem Gemüse auch weite Wege. Die Doku stellt das Prinzip des Vertical Farming dar (ähnlich wie in einem Teppichlager werden diese übereinander angeordnetet und können gedreht werden) bis hin Pfanzen, die keine Erde oder praktisch auch kein Wasser mehr benötigen. Nur Licht (LED) und Nährstoffe.

In der Doku werden vor allem die positiven Aspekte und die Herausforderungen in den Vordergrund gerückt. Der Geschmack und der Nährstoffgehalt wird gelobt. Vor allem sei der Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln obsolet, da die Pflanzen wie in einem Labor gezüchtet werden, in dem es den Schädling nicht gibt. Trotzdem habe ich noch ein gewisses ungutes Gefühl…

Bisherige Kommentare (2)

Kommentar von eNini

Nicht nur ein Thema bei arte, auch Hamburg will die Digitalisierung der Stadt voran treiben.

http://www.welt.de/regionales/hamburg/article137240248/Hamburg-die-digitale-Hauptstadt-Deutschlands.html

Es ist ein Mix aus kleinen und großen Vorhaben. Bei den großen kann man durchaus skeptisch sein, ob man z.B. Cisco das Feld überlassen will. Aber alles in allem, Daumen hoch von mir.

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