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Fahrrad-Schnellweg in den Südwesten

Vor gut einem Monat ging die Idee eines Fahrrad-Schnellwegs zwischen Potsdamer Platz und südwestlicher Stadtgrenze durch die Presse. Das Urbanist Magazin hat ein Interview mit Tim Lehmann geführt, was durchaus sehr interessant ist:

Damit wäre es möglich, 10 Kilometer komfortabel mit dem Rad durch die Stadt, von Lichterfeld West durch Schöneberg zum Potsdamer Platz, fahren zu können [..] Eine Erweiterung der Strecke nach Brandenburg ist vorstellbar.

Ich bin ein Fan von Radwegen auf Bahntrassen. Wann immer Eisenbahnstrecken nicht mehr als solche genutzt werden (was ja viele Gründe haben kann), ist es eine schöne und sinnvolle Nachnutzung. Im Ruhrgebiet habe ich solche Trassen zu schätzen gelernt. Auch bei meiner Sommer-Radtour war einer der schönsten Streckenabschnitte die ehemalige Bahntrasse zwischen Pont-Authou und Évreux in Frankreich:

Das Problem für diese Strecke ist allerdings: die Strecke ist als Eisenbahnstrecke noch gewidmet. Teile werden für den Güterverkehr noch heute genutzt. Und für die anderen Abschnitte gibt es Pläne in ganz tiefen Schubladen, die älteste Eisenbahnstrecke Preußens (von 1838) wieder zu errichten – in einer unbekannten Anzahl von Jahrzehnten.

Es besteht die Befürchtung, dass mit der Errichtung eines „Fahrradhighways” faktisch die Wiedereröffnung der Stammbahn verbaut ist. Denn mal ehrlich: Wer wird im Jahr 2030 genügend Mut haben, den Fahrradweg zugunsten der Eisenbahn zu fordern? Und es ist egal, ob ein Mietvertrag mit der Bahn dann durch Nichtstun ausläuft oder aktiv gekündigt werden muss. Andererseits besteht die Gefahr für die Bahn durch Nichtstun, dass sich Biotope im ehemaligen Gleisbett entwickeln, die einen Wiederaufbau erschweren bzw. auch verhindern können. Allein deshalb ist diese Debatte nun auch zu führen!

Ich trenne die Debatte in ihre einzelnen Abschnitte, weil ich diese unterschiedlich bewerte

Potsdam – Zehlendorf

Für diesen Abschnitt sehe ich keinen Bedarf für einen weiteren Fahrradschnellweg, der ca. 300 Meter parallel zu einem bereits bestehenden verläuft: der Königsweg. Dieser ist Bestandteil des Berliner Radnetzes und zu einem großen Teil verläuft auf ihm der Mauerradweg. Dieser Radweg ist bereits heute schon durchgehend bis zur Potsdamer Stadtgrenze (auf der Karte ist er grün eingezeichnet, der Abschnitt des Mauerwegs fetter eingezeichnet). Im Potsdamer Stadtgebiet sehe ich Verbesserungspotential.

Leider ist der Berliner Teilbereich nicht völlig kreuzungsfrei und teilweise verlaufen auch Anwohnerstraßen darauf. Aber das kann ja verbessert werden.

Bemerkenswert: Weder der Bürgermeister von Kleinmachnow verweist auf den bestehenden Radweg in seinem offenen Brief, noch die CDU in Steglitz-Zehlendorf, die für den Falle des Falles mit einer Dachgeschosslösung antwortet.

Kurzum: Es gibt keinen Grund, hierfür die Stammbahn zu verbauen.

Zehlendorf – Lichterfelde West

Auf diesem Abschnitt (rot) verkehren bis heute Güterzüge, die von Wannsee aus kommen. Zudem beginnt am Bahnhof die Goerzbahn, eine Nebenstrecke zum Anschluss von Industrie. Das würde bei Umsetzung dieses Vorschlages geopfert werden müssen

Unter der Prämisse, Güterverkehr möglichst auf der Schiene zu belassen und Güterbahnhöfe zu erhalten, ist ein Radweg auf der Bahntrasse nicht möglich. Der Bedarf aber durchaus gegeben! Hier wäre nur das Dachgeschoss also möglich.

Lichterfelde West – Potsdamer Platz

In diesem Gebiet liegt das Gleis brach.

Auch nach längerer Recherche ist mir nicht klar, ob diese Stammbahn als Regionalbahn oder S-Bahn errichtet werden soll. Der Bürgerinitiative Stammbahn ist es egal. Das Land Brandenburg führte bisher eine im Ergebnis negative Verkehrliche Voruntersuchung durch – aber nur auf Basis der Regionalbahn durch. Im Jahr 2005 prüfte Berlin schon mal die S-Bahn.

Welchen Zweck soll aber diese Bahn haben? Geht es um die Erschließung von Kleinmachnow, so wie es bis 1980 der Fall war, so wäre eine S-Bahn vorzuziehen. Geht es um die Entlastung der RE1-Strecke durch den Grunewald, wäre eine Regionalbahn sinnvoller. Unabhängig davon ist für das Areal um Kleinmachnow auch die Wiedereröffnung des Stahnsdorfer Rings („Friedhofsbahn”, Wannsee-Stahnsdorf-Teltow) im Gespräch.

Wenn die Option der Regionalbahn offen bleibt, wird es selbst bei einem eingleisigen Streckenausbau (die oben verlinkte Brandenburger Voruntersuchung ging bereits ein Eingleisigkeit aus) vor allem Konflikte zwischen Rathaus Steglitz und Lichterfelde geben, da der Abschnitt (zuletzt) eben nur eingleisig war. Ich kenne die exakte Lage vor Ort nicht, wo am Bahndamm noch Reseveabstände vorhanden sind oder auch neben dem Bahndamm ein Fußweg überdacht werden könnte. Im Zweifel müsste auf das CDU-Dachgeschoss zurückgegriffen werden.

Wenn wir uns auf eine S-Bahn einigen und auch auf die Option einer eventuellen Reaktivierung des Schöneberger Güterbahnhofs verzichten, könnte dieses Gleis auch mit Entwidmung dauerhaft zu einem Radweg umgewandelt werden.

Fazit

Gute Idee, die teilweise schon da ist, teilweise unmöglich ist und teilweise machbar ist.

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