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Geschlechtergerechte Sprache

Eines der Themen dieser Zeit ist geschlechtergerechte Sprache. Also wie schreiben und reden wir, dass niemand ausgeschlossen wird?

Dies wird derzeit auch durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes befeuert, bei der eine Sparkassen-Kundin einklagen wollte, dass in Formularen neben der Bezeichnung „Kontoinhaber” auch die Bezeichnung „Kontoinhaberin” geführt wird. Das Gericht kam zur Erkenntnis, dass durch die Verwendung der generischen Grundform keine Benachteiligung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes entsteht – und lehnte diesen Anspruch damit ab (siehe Pressemitteilung des Gerichtes).

Glücklicherweise hat jede Person in diesem Land das Recht, Dinge vor Gericht zu bringen. Es streiten nun viele, ob das Urteil dem Zeitgeist entspricht. Sachlich kann ich der Argumentation folgen: welche konkrete Benachteilung (oder auch Schaden) entsteht bei Formularen?

Wie jedes andere Regelwerk auch haben Sprachen Defizite. Und wie sich in den Debatten abzeichnet, ist der Umgang mit Geschlechtern nicht ganz so einfach. Manchmal schaue ich neidvoll nach England. Eine Person, die unterrichtet ist „teacher”. Wir müssen uns erst einmal keine Gedanken machen, welches Geschlecht diese Person hat, auch wenn die Tücken der englischen Sprache an anderer Stellen zum Tragen kommen (und es mit teacheress durchaus auch ein Pendent gibt). Im Türkischen wird zwischen er/sie/es gar nicht unterschieden

Im Deutschen leisten wie uns eine eigene Endung, um Personen des weibliches Geschlechtes einzeln und als Gruppe hervorzuheben. Denselben Luxus leisten wir uns nicht für Personen männlichen Geschlechtes bzw. Personen, die weder Mann noch Frau sind.

Wenn jemand von „Lehrern” im allgemeinen redet, würde ich nicht auf den Gedanken kommen, es könnten hier nur Personen männlichen Geschlechtes gemeint sein. Oder man würde bestimmte Personen degradiert „mitmeinen”. Es ist ein Generikum, weil das Geschlecht in den allermeisten Fällen keine Rolle spielt. Wenn ich ehrlich bin, will ich das Geschlecht nicht einmal wissen, sondern lieber das Schulfach. Ich denke da „Inklusiv”.

Nun gibt es Personen, die der Auffassung sind, dass – trotz des Mangels einer männlichen Endung – die generische Form nur Personen männlichen Geschlechtes enthalte – und dieses Defizit müsse nun mit Ergänzung der weiblichen Form beseitigt werden. Sie denken also „exklusiv”.

Das Problem dieser Logik ist allerdings: Es werden nun alle ausgeschlossen, die sich nicht einem dieser beiden binären Geschlechter zugehörig fühlen. Es ist kein Novum in unserer Sprache, das tun wir auch bei der Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren”. Auch die Grünen schließen diese Personen sehr explizit aus, wenn laut Satzung Frauen und Männer abwechselnd bei Parteiveranstaltungen zu reden haben.

Die Stärke eines Generikums wird deutlich, wenn Worte in Kombination betrachtet werden. Nehmen wir als Beispiel einen Anwenderbetreuer. Auch hier sollte das Geschlecht keine Rolle spielen, auf beiden Ebenen. Also weder die Person, die die Maus schubst, noch die, die diesen Personenkreis betreut. Es böten sich nun vier denkbare Formen an: Anwenderbetreuer, Anwenderbetreuerinnen, Anwenderinnenbetreuer, Anwenderinnenbetreuerinnen. Und diese Anwender- und Anwenderinnenbetreuerinnen und Anwender- und Anwenderinnenbetreuer könnten auch einen Leiter bzw. eine Leiterin haben.

Nun kann man Sternchen, Unterstriche, Leerzeichen und weiteren Satz- und Sonderzeichen einfügen, um die Ausmultiplizierung der Formen zu vermeiden – auch wenn solche Zeichen sich in der Aussprache dann nicht wiederfinden (was vermutlich in bestimmten Kreisen gewollt sein kann).

Unbenommen lassen sich einige Fälle durch neutrale Wörter ersetzen wie Gast oder Mitglied. In jedem Fall geht das nicht. Als vor zwei Jahren die Berliner Studentenwerke in Studierendenwerke umbenannt bemängelte ich bereits, dass die Begriffe Studenten und Studierende nicht deckungsgleich ist. Der Student ist ein Status, weil eine Person an einer Hochschule eingeschrieben ist. Das andere bezieht sich auf die konkrete Tätigkeit. Es gibt Studenten, die nicht studieren et vice versa. Und in Bezug auf lebenslanges Lernen hätte die Umwandlung zu einem Studierendenwerk politische Akzente setzen können.

Eine Lösung dieser Problematik kommt nun ausgerechnet vom Postillion: eine männliche Geschlechtsendung:

Grundform
Bäcker Bäckerin Bäckerer
Frisör Frisörin Frisörer
Polizist Polizistin Polizister

Auch wenn dieser Ansatz Defizite hat (es ist ja ein Regelwerk) – und dann die Frage nach Artikeln aufkommt, so halte ich diesen Ansatz in Hinblick auf Eingriff in die Sprache, der Lesbarkeit und der Komplexität für zielführender. Wir können – wenn es im Einzelfall nötig ist – Männer und Frauen explizit ausweisen, ansonsten hätten wir ein Generikum ohne Doppeldeutigkeit. Und alle sind einbezogen.

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