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Anträge zum Bundesparteitag für "Transparenz"

Teil 4 der Serie, dieses Mal zum Bereich „Transparenz.

P044 – Klarstellung des Begriffes “faschistisch“

Nein. Was soll das?

PA001 – Transparenzpaket: Lobbyismus, Antikorruption und Sponsoring

PA162 – Transparenzpaket: Lobbyismus, Antikorruption und Sponsoring

Beide Anträge sind – mit einer Ausnahme – identisch. Sie enthalten eine Vielzahl von Positionen und Selbstverständlichkeiten im Rahmen der politischen Entscheidungsbildung.

Der Lobbyismus wird nicht verboten, sondern er soll offengelegt werden. Es stellt kein Problem dar, wenn bspw. eine Branche sich an die Politik wendet, das soll aber eben offen geschehen. Als Maßnahme wird dabei ein Lobbyregister für den Deutschen Bundestag gefordert. Wer im Bundestag (an)gehört werden will, benötigt einen Hausausweis – und den gibt es nur nach einer Eintragung ins Lobbyregister. Verstöße gegen die Anzeigepflicht sollen Bußgeldern unterlegen.

Im zweiten Anstrich wird die Umsetzung der UN-Konvention gegen Korruption in nationals Recht gefordert. Damit würde die Bestechung von Abgeordneten unter Strafe gestellt werden, wenngleich eine Bagatellregelung offen bleiben soll („Schnittchenklausel”). Natürlich macht es wenig Sinn, wenn der Abgeordnete mit Brotdose zu einer Abendveranstaltung kommt, nur was spricht dagegen, dass dafür auch ein Obolus entrichtet wird?

Im dritten Abschnitt werden die Nebentätigkeiten geregelt. Da ein Abgeordneter für die Zeit der Wahlperiode aus seinem regulären Baruf herausgerissen wird, ist es notwendig, ihm Nebentätigkeiten zu erlauben, die für den Wiedereinstieg in den Beruf notwendig sind. Anders ausgedrückt: nach vier oder fünf Jahren ist man weg vom Fenster. Diese Möglichkeit soll aber limitiert werden und sämtliche Einnahmen auf den Cent genau ausgewiesen werden. Bei Rechtsanwälten soll – zum Schutz der Mandanten – die Branche angegeben werden.

Das politische Sponsoring soll eingedämmt werden, da dies häufig genutzt wird, die strengen Auflangen von Parteispenden zu umgehen. Veranstaltungen der Bundesregierung etc. sollen nur durch Haushaltsmittel finanziert werden.

Bei der Forderung nach einer Karenzzeit gibt es nun den Unterschied, d.h. dieser Anstrich wird nur von PA001 gefordert. Damit Mitglieder der Bundesregierung, Staatssekretäre, Staatsminister und leitende Regierungsbeamte sich nicht während ihrer Dienstzeit auf die Zeit danach vorarbeiten, soll für sie eine Karenzzeit (Sperrfrist) geschaffen werden. So sollen diese mind. 1 Jahr nicht in dem Umfeld arbeiten dürfen, in der sie zuvor politisch zuständig waren (bei besonders schweren Konflikten drei Jahre). Dafür soll eine Stelle geschaffen werden. Zudem dreijährige Anzeigepflicht. Hier wird etwas geschaffen, was in der Wirtschaft schon praktiziert wird. Von daher begrüße ich auch diese Forderung ausdrücklich. Allerdings stellen sich hier auch die Fragen: zum einen, ob für die Dauer der Karenzzeit Entschädigungen zu zahlen wären. Denkbar ist es. Zum anderen dürfte es viele Diskussionen geben, wie das Umfeld ihrer Tätigkeit gesteckt wird (Darf ein Wirtschaftsminister noch Kassierer werden?). Leider benennt der PA162 keine Kritikpunkte, warum er explizit verzichtet.

In Summe: Einer von beiden Anträgen sollte angenommen werden. Eine Debatte wird leider unausweichlich zum Karenzparagrafen sein.

PA187 – Transparenz in der Gesetzgebung

Dieser Antrag pickt lediglich das Lobbyregister heraus, ist also eine Teilmenge von PA001 und PA162 – und folglich auch ein konkurrierender Antrag. Allerdings gefällt mir dieser Antrag weniger. Zum einen geht er an bestimmten Stllen zu weit (alle Bürger, die Lobby betreiben), schränkt es dann später durch eine Bagatellregelung wieder aus. Es werden Unterscheidungen getroffen zwischen Haupttätigkeit Lobbyismus und Nebentätigkeit – nur wenn Siemens Lobby betriebt, so ist es für sie zweifelsfrei Nebentätigkeit, dennoch üben sie mehr Einfluss aus, als manche Lobby-Vereine.

Wie auch immer: wir haben zwei andere gute Anträge zur Debatte…

PA192 – Transparenz von Nebeneinkünften und Nebentätigkeiten bei Amtsträgern und Abgeordnete

Der PA192 ist ebenso eine Teilmenge von PA001 und PA162.

Ein wesentlicher Unterschied ist, dass er Nebentätigkeiten von Mandatsträgern des Bundestages zubilligt, während die erstgenannten Anträge dies ausschließlich auf das, was für die Zeit „danach” notwendig ist, begrenzen. Ansonsten müssen auch in diesem Antrag alle Geldflüsse angegeben werden sowie eine Kontrollinstanz geschaffen werden. Alle Daten sind für alle einsehbar. Zudem werden Sanktionen bei Verstößen benannt.

In Summe: lieber PA001 oder PA162

PA194 – Transparenz im Haushalt

Der Antragsteller möchte sämtliche haushaltsrelevante Daten und Debatten öffentlich sehen (OpenData) und hat als Fernziel, den Bürger mit einzubeziehen.

Grundsätzlich ist dieses Vorhaben zu begrüßen, allerdings ist die größere Hürde der Bürger selber: wie schaffe ich es, den Haushalt aufzubereiten, damit er sich einbringen kann? Hier steckt vor allem die Frage, wie man den Haushalt so gestalten kann, dass es auch jemand ohne tiefgehende Erfahrung ihn verstehen kann. So ein Haushaltsentwurf ist in der Regel öffentlich. Man kann sich in den unzähligen Seiten verirren.

Als zusätzliches Modul soll soll die gesamte Rechnungsprüfung offen gelegt werden.

In Summe bin ich nicht schlüssig, ob dieser Antrag so in der Form beschlossen werden sollte. Lieber noch feilen?

PA196 – Transparenzgesetz für Deutschland

Der Antragsteller möchte das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes durch ein Transparenzgesetz nach dem Hamburger Modell ersetzen. Dieser Forderung ist klar und deutlich. Alles, was nach dieser klaren Ansage folgt, ist Begründung – und gehört nicht in den Antragstext. Laßt uns also nur die eine Zeile beschließen!

PA252 – Finanztransaktionssteuern und klare “Spielregeln“ für den Hochfrequenzhandel

Bei diesem Antrag passe ich!

PA269 – Einfluss von Interessenvertretern auf Gesetzestexte einer demokratischen Kontrolle unterwerfen

Der Antragsteller möchte es verbieten, dass Lobbyisten und Wirtschaftsunternehmen Gesetze schreiben dürfen – in der Hinsicht könnte er eine konsequente Erweiterung von PA001 und PA162 sein, nur…

Zunächst ist die Formulierung etwas missglückt:

Lobbyisten und Wirtschaftsunternehmen dürfen keine Gesetze schreiben.

Ein Gesetz wird ja genau genommen dann „geschrieben”, wenn es im Bundestag beschlossen worden ist. Viel mehr geht es ja um das Verfassen von Gesetzesentwürfen. Zudem geht mir diese Aussage zu weit. Versteht mich nicht falsch, aber ich sehe erst einmal nichts Verwerfliches, wenn ein Lobbyist (bzw. ein Wirtschaftsunternehmen) einen Gesetzentwurf in seinem stillen Kämmerlein schreibt – und dann klar und deutlich dem Bundestag überreicht. Im Zusammenhang mit einem Lobbyregister (vgl. PA001 und PA162, ggf. auch andere) kann genau dieser Vorgang dokumentiert werden.

Viel mehr geht es in dem Antrag aber darum, dass Lobbyisten unbemerkt in den Ministerien beraten haben – und dabei an Gesetzesentwürfen mitgearbeitet haben (vgl. Lobbyisten in den Ministerien Gesetze schrieben).

Von daher rate ich zu einem Streichen des oben zitierten Satzes (und folglich eine notwendige Anpassung im zweiten Satz, um die Lobbyisten wieder reinzubekommen).

PA301 – Schloss-Freiheit

Der Antragsteller möchte ein Moratorium für den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses haben und ggf. den für 2013 angesetzten Baustart zu verschieben. In dieser Zeit soll der Bau geprüft und die Bauentscheidung ggf. revidiert werden.

Ich stelle mir die Frage, welchen neuen Kenntnisstand wir haben, um nun – nach all den Jahren – ein Moratorium zu rechtfertigen. Und was soll nun anderes herauskommen, als vor zehn Jahren? Wir können dieses Vorhaben komplett ablehnen, wir können ihm zustimmen. Vor allem können wir einen Bürgerentscheid fordern.

Ich persönlich stehe dem Wiederaufbau von historischen Gebäuden positiv gegenüber, wenngleich ich zubillige, dass das nur eine äußerst geringe Priorität hat. Nur wenn man diesen tun möchte, dann bitte richtig. Halbe Sachen haben bei historischen Ersatzbauten nichts verloren. Aber ehe wir uns um die Neuerrichtung zerstörter Bauwerke kümmern, sollten lieber vorhandene gerettet werden. Just meine 2ct.

Anmerkung: was hat das eigentlich mit Transparenz zu tun?

PA320 – Veröffentlichung von Reden und Vorträgen gegen Entgelt

Zugegeben: der Antragstitel ist irreführend – und könnte den Eindruck erwecken, als solle die Veröffentlichung gegen Entgelt erfolgen. Dem ist aber nicht so: der Antragsteller möchte vielmehr Reden von Mandatsträgern, die gegen Entgelt gehalten worden sind, unter freier Lizenz veröffentlicht sehen. Damit soll erreicht werden, dass die Reden bspw. mit Wahlversprechen abgeglichen werden können, aber auch, ob Reden mehrfach gegen Entgelt gehalten worden sind. Wie mit den Nebeneinkünften verfahren wird, wird hier nicht behandelt (dafür gibt es andere Anträge).

Ein kleiner Faux-Pas ist in dem Antrag enthalten: die Piratenpartei Niedersachsen hat hier nichts zu suchen!

PA342 – Transparenz bei der öffentlichen Verschuldung

Das Antrag enthält zwei Module. Im ersten Modul möchte der Antragsteller die einzelnen (öffentlichen) Schuldenpositionen aufgelistet sehen, also die Höhe der Verbindlichkeit sowie der vereinbarte Zinssatz. Zudem soll der Gläubiger genannt werden, wenn er mehr als 3% am Anteil der Gesamtverschuldung in der jeweiligen Gliederung hält.

Als zweites Modul sollen die Namen von Privatpersonen aus Datenschutzgründen nicht genannt werden.

Das erste Modul ist grundsätzlich unterstützenswert, wenngleich ich den Prozentwert gerne differenzierter sehen würde. So könnt er auf Bundesebene 1% sein, auf Landesebene 2% und auf Kommunalebene 3%. Den Sinn und Zweck des zweiten Moduls verstehe ich leider absolut nicht. Entweder ich will die Gläubiger benennen – oder eben nicht.

PA393 – Statistische Grundlagen für Waffenrecht

Zu diesem Antrag passe ich.

PA589 – Freier Zugang zu Volltexten von Normen

Der Antragsteller möchte Normen (damit sind insbesondere aber nicht ausschließlich DIN-Normen gemeint) für jeden zugänglich sein.

Der Antrag ist auf jeden Fall zu unterstützen!

Eine Norm hat in der Regel einen verpflichtenden Charakter, d.h. durch eine Rechtsvorschrift bin ich an sie gebunden und muss ihren Inhalt kennen. Zu unterscheiden ist dies von de-facto-Standards oder Erfahrungswerten („Best practice”), an die ich mich zwar halten kann und möglicherweise dadurch Vorteile erhalte, aber eben nicht muss.

Natürlich bricht die Finanzierungsgrundlage des Deutschen Instituts für Normung weg, wenn diese Forderung in die Tat umgesetzt wird. Genau diesen Sachverhalt berücksichtigt der Antrag: der Staat hat die Finanzierung zu übernehmen.

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