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Rathenauhallen: BVV versenkt Einwohnerantrag!

Nun ist es amtlich: der sechste Einwohnerantrag in dieser Legislaturperiode in Treptow-Köpenick wurde von Linken, SPD, CDU und Nichtpiraten versenkt!

Über 1.500 Menschen wollten keine Wohnbebauung auf dem Gelände der Rathenau-Hallen:

Das Bezirksamt wird ersucht, den Bebauungsplan 9-58 („Rathenau-Hallen“) dahingehend zu ändern, dass ausschließlich gewerbliche Entwicklungen in den Bestandsgebäuden zugelassen werden und auf die Ausweisung eines Wohnanteils komplett verzichtet wird.

Herzlichen Glückwunsch und vielen Dank für die Mühe!

Doch wie kam es? Im Juli letzten Jahres stellte der Vorhabensträger seine Pläne im Stadtentwicklungsausschuss vor:

Diese Pläne stießen auf Unverständnis. Die Kritik lässt sich grob auf zwei Punkte zusammenfassen:

  • Neubauten am Spreeufer (Verstellung von Sichtachsen auf das Denkmalensemble von der Brücke bzw. dem gegenüberliegenden Ufer aus)
  • Ausweisung von Wohnungsbau im Areal (Konflikt mit Gewerbebetrieben, bspw. wegen Lärm)

Auch in der BVV wurde über den Plan gesprochen – und es wurde ein Antrag von B’90Grüne, SPD, CDU und PIRATEN eingereicht. Ich zitiere die relevanten Knackpunkte:

Sonstige Nutzungen – insbesondere Wohnnutzungen – sollen nur ausgewiesen werden, wenn sie der übergeordneten Entwicklung nicht entgegen stehen, diese gefährden oder einschränken könnten. Zur Sicherung und Erlebbarkeit des denkmalgeschützten Industrieensembles und des Uferweges soll auf eine Nachverdichtung am Ufer verzichtet werden.

Zu den Neubauten auf Ufer gibt es eine klare Ansage. Die Sache der Wohnnutzung ist dagegen unterschiedlich auslegbar. Prompt erhielt ich auch einen Anruf, in dem mir dargelegt wurde, wie butterweich und schwammig dieser Antrag formuliert ist. Ich versuchte daraufhin, den Antrag nachzubessern. Aber bei vier beteiligten Fraktionen unmöglich, zumal er ohnehin im Ausschuss noch beraten wird.

Es folgte der 12.10. Im Rathaus machte der Investor seine Pläne der SPD noch einmal schmackhaft. Und ich traf mich mit den Initiatoren des Einwohnerantrages: sie forderten eine klare Regelung gegen Wohnbebauung. Bemerkenswert ist, dass ich von den Linken in Schöneweide wegen der weichen Formulierung Kritik einstecken musste und am nächsten Tag die Linke im Bezirk einen nicht weniger schwammigen Änderungsantrag vorlegten, der den Fokus vor allen auf Nebenschauplätze richtet: 25 % Kontingente im Niedrigpreisniveau, barrierefreie Wohnungen, Etc. Etc.

Während die Initiative ihr Anliegen unter die Bevölkerung brachte und Unterschriften sammelte, reifte in der BVV auch der bisherige Antrag. Zunächst durch Erkenntnisgewinn, dass auch die verschiedenen Fraktionen ihn unterschiedlich auslegten. Dann durch weitere Entwürfe. Unvergessen ein Entwurf der SPD, der mittels einer Legende erklärt werden musste.

Die Initiative übergab im Januar ca. 1.500 Unterschriften.

Im Stadtentwicklungsausschuss hatte die Linke den SPD-Entwurf mit Legende noch einmal modifiziert. Es wurde eine Redaktionsgruppe eingesetzt, deren Ziel also ein Textvorschlag ist, der dem Einwohnerantrag entgegengesetzt werden kann. Zudem wurden auch noch mal die Positionen deutlich:

  • CDU geht davon aus, dass Wohnbebauung nicht mit dem Gewerbe vereinbar ist, folglich ist eine Textfassung dahin unkritisch
  • SPD macht starken Druck und erweckt bei mir den Eindruck, dass sie von außen Druck bekommt
  • Grüne und Piraten wollen keine Wohnbebauung
  • Linke erweckt bei mir den Eindruck, ihr sind vor allem die 25% Niedrigpreiskontigente wichtig.

Nun hätte ich gesagt: ich stimme dem Einwohnerantrag klar zu. Doch das fiel mir mittlerweile schwer. Denn nicht mehr die oben wiedergebene Fassung stand zur Abstimmung, sondern eine modifizierte:

Das Bezirksamt wird ersucht, in den sich in der Aufstellung befindlichen Bebauungsplan 9-58 (Rathenau-Hallen) das dringliche Interesse, ausschließlich gewerbliche Entwicklungen in den Bestandsgebäuden zuzulassen und auf die Ausweisung eines Wohnanteils komplett zu verzichten, gleichberechtigt neben anderen Belangen in die Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB einzustellen.

Diese Fassung entstand nach der Rechtsberatung mit dem Bezirksamt. In meinen Augen wurde hier dem Ansinnen der Einwohnerinnen und Einwohner mit Füßen getreten und dem Antrag wurde der Biss genommen. Denn diese Fassung ist genauso butterweich, wie einst der Antrag der vier Fraktion oder zuletzt der Antrag vom Stadtentwicklungsausschuss.

Am 03.03. folgte die Debatte in der BVV: die Vertreter des Einwohnerantrages machen ihren Job richtig gut! Sie bringen ihr Ziel noch einmal auf den Punkt! Joachim Georg sprach von den vier Bändern Oberschöneweide: Spree – Industrie – Wohnen – Erholung, eine besonders markante und seltene Form der Stadtentwicklung.

Ich stand nun vor der Qual der Wahl. Um letztendlich in Interesse der Einwohner stimmen zu können, blieb mir also nichts anderes übrig, als das Original (nur ein fachlicher Fehler wurde korrigiert) als Änderungsantrag einzubringen.

Den Vogel an dem Abend abgeschossen hat aber eindeutig die Fraktion die Linke: sie hat den Text des Ausschussantrages als Änderungsantag eingebracht. Zuvor war es also möglich, sowohl die entschärfte Version des Einwohnerantrages als auch dem Ausschussantrag zuzustimmen – und das war auch meine Erwartung als Ergebnis des Abends. Beide Anträge haben sich doch nicht mehr widersprochen, aber es wäre wenigstens ein winzig kleines Signal gewesen, die Leute mitzunehmen. Doch nun musste zwischen einem der drei Fassungen entschieden werden. Der Einwohnerantrag wurde damit abgelehnt und der Ausschussantrag an dessen Stelle von der BVV angenommen. Einzig Piraten und Grüne stellten sich hier hinter den Einwohnerantrag.

Ich selbst bekam für meine Haltung Kritik. Das ist ok. Stadtrat Hölmer betonte sehr ausgiebig, dass die Ziele eines Bebauungsplanes nicht dem Flächennutzungsplan entgegenstehen dürfen – und dieser sieht zur Zeit ein Mischgebiet vor. Aber: es wäre nicht der erste Bebauungsplan, zu dem auch der Flächennutzungsplan angepasst wurde. Das liegt aber nicht mehr in der Zuständigkeit des Bezirkes, sondern darüber muss das Abgeordnetenhaus befinden. Und selbst bei einer FNP-Änderung vergeht natürlich Zeit. Man muss es eben politisch wirklich wollen!

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