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Lange Nacht der Pleiten und Pannen

Berlin hat bereits schon viele lange Nächte, hinreichend bekannt sind die Lange Nacht der Museen oder die der Wissenschaft. Und so fragt der Autor des Vorworts, was nun eine weitere lange Nacht, nämlich die der Opern und Theater nun soll?

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Besuchen sie drei, vier, fünf oder mehr Bühnen nach eigener Wahl

Mehr oder weniger wurde ich doch dazu überredet, mich diesem kulturellen Beitrag einmal anzuschließen und ganze 12 Euro (inkl. Nahverkehr) für diesen Spaß zu bezahlen. Und so ging es erst einmal los in das Zentrum der Kultur: auf den Bebelplatz.

Der Platz wirkte fast jahrmarktsähnlich. Verkaufshäuschen. Informationsstände. Ein Zelt eines lokalen Radios. Freßbude.

Also zunächst auf zum Staatsballett. Hier sollen Choreographien für »Schneewitchen« präsentiert werden. Eine »Lecture Demonstration« — was darunter auch immer zu verstehen ist. Den Weg dahin suchen unzählige Leute und klappern nahezu jede beleuchtete und mit Personal versehene Tür ab — zumindest bis zur Entdeckung der gut 50 Meter langen Schlange auf der Straße. Es passiert nichts. Hinter mir brüllt eine ziemlich aufbrausend und enttäuschend ins Telefon, als sie erfuhr, daß ihre Freundin bereits einen ziemlich guten Platz im Inneren erhascht hatte.

Irgendwann trat dann ein Herr nach draußen, der die Menschenmasse beruhigen sollte. Zunächst die mitleidige Tour, daß sie ja auch nur Menschen seien:

Wir haben im Inneren nur 180 Plätze. Sie können sich so in etwa ausrechnen, wie weit die reichen.

Eine Wartende fragt noch, wann es denn reingeht — und er hält entgegen, daß die gefühlt tausend Menschen bereits ohnehin auf die Vorführung eine Stunde später warten. Die in wenigen Minuten beginnende sei schon voll. Die Art und Weise, wie er diese Botschaft übermittelt, ist selbst für die typische Berliner Freundlichkeit absolut daneben. Irgendwo in der Menge schnappte ich noch folgenden Satz auf:

Für 12 Euro darf man nun von Theater zu Theater gehen.

Die Komische Oper ist zugegebenermaßen wirklich komisch: sie versprechen im Programmheft eine »Live«-Übertragung auf Leinwänden hinter dem Gebäude. Nunja, gerade die Pause erwischt. Klingt ganz cool, wenn mal jemand am Mikro bewegt.

Dann stand das Kabarett Distel auf dem Programm. Ein Ausschnitt aus dem Programm »Jenseits von Angela«. Mit entsprechend Vorlaufzeit von einer dreiviertel Stunde kamen wir rein. Der Andrang vor dem Gebäude belegt schon die erste Fahrspur der Friedrichstraße. Eine halbe Stunde Programm war gesichert! Neben uns ein Rentnerpärchen, welches über den Sog am Eingang immer noch drüber weg war.

Danach ging es noch mal nach Rixdorf in den »Heimathafen«. Thema könnte interessant sein: »Waren sie heute schon Neuköllner?«. Kaum angekommen, berichtet uns eine Dame am Eingang, daß die Schauspielerin zu diesem Termin anderswo auftritt und daher die Vorstellung ausfallen muß. Warum kann so etwas nicht wenigstens im Internet angekündigt werden? »Aber gehen Sie doch einfach einfach ein paar Schritte weiter in die Neuköllner Oper«.

Dort empfängt uns am Eingang eine Frohnatur — und das ist positiv gemeint. Der ließ uns noch gewähren, obwohl die Veranstaltung voll ist und bereits begonnen hat. Es werden verschiedene kleinere Beiträge aus zukünftigen und früheren Werken gezeigt. Und damit endet dann auch dieser Abend.

Zusammenfassend ist die wohlbemerkt erste Veranstaltung dieser Art sehr chaotisch abgelaufen. Und dabei lobte der Tagesspiegel im Vorfeld die Veranstaltung noch mit folgenden Worten:

Denn es geht hier nicht nur um ein logistisches und organisatorisches Meisterstück

Und wenn eins der Abend nicht wahr: dann war es gut organisiert. Der Andrang lag vermutlich weit über den Vorstellungen. Auf jeden Fall weit über den Kapazitäten der Spielstätten. Ob die Veranstalter hier hätten besser gegensteuern können? Auch eine bessere Kommunikation zwischen den teilnehmden Häusern wäre wünschenswert.

Zu erwähnen sei noch das Programmheft. Die Aufteilung zunächst in Busrouten ist sinnvoll, dagegen hilft eine alphanumerische Sortierung der Bühnen nur wenig. Das Busnetz ist leider unübersichtlich. Und ich fand leider nirgends eine Angabe, wann der letzte Bus denn fährt.

Auf jeden Fall sollten sich die teilnehmenden Häuser untereinander besser verständigen. Wenn ein bereits überfülltes Haus die Leute nur ans nächste weiterleitet, macht das für alle vermutlich keinen Spaß. Lobenswert an dieser Stelle ist die Neuköllner Oper, die anstelle des geplanten Rundganges das Programm in einem größeren Raum präsentierte — und somit für mehr Menschen zugänglich war.

Ob nun dieser Abend seine zwölf Euro wert war? Ich lasse die Frage offen.

O-Ton einer Begleiterin: Ich fühle mich veralbert und es bleibt ein enttäuschter Nachgeschmack zurück. Eher was für kleine Theather als für große...

Soweit nun der Eindruck des Abends. Ich bin gespannt, wie die Veranstalter diesen Abend nun bewerten und natürlich die Presse.

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