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Die große Landtagswahl am Sonntag

Am Sonntag ist die große Landtagswahl in Sachsen. Ich weiß, man soll nicht auf die Slogans der Plakate achten, aber ich dachte anfangs, wenn man sich die Plakate eine Woche vorher anschaut, kann man schon getrost einige Parteien von der Liste wegstreichen, damit man am Ende sich nur noch zwischen zwei oder maximal drei entscheiden muß. Das habe ich nun getan — nur die übriggebliebene Liste ist leer.

Also gehen wir einmal die Parteien durch:

Die CDU (barrierefreie Version) scheint ihr Wahlprogramm sehr zu verstecken. Leider läßt sich die PDF-Datei mit dem Acrobat Reader 4 nicht öffnen, zum Glück gibt es noch ein paar Stichpunkte. Zu den hochschulpolitisch brisanten Themen wird sich da zurückgehalten, insbesondere bei Studiengebühren. Zur »erfolgreiche[n] Finanzpolitik zum Wohle unserer Kinder und Enkel« fiel mir heute folgendes, namenloses Plakat auf:

Es geht um die Diätenerhöhung vom April 2003, links ist die CDU, in der Mitte die PDS und rechts die SPD. Blau bedeutet dafür, Gelb eine Enthaltung und Rot ein Kontra.

Die PDS versteckt ihr Wahlprogramm ebenso sehr gut auf deren Homepage. Kleiner und unauffälliger kann man den Link zu der PDF-Datei nicht verstecken. In diesem wird mit viel Grafik auf Aleksa (Alternativen Landesentwicklungskonzept für Sachsen, Kurzfassung und Langfassung) verwiesen.

Bei der SPD findet man sehr schnell das Wahlprogramm.

Die Grünen weisen auf ihre Wahlkampfseite hin, allerdings kann ich dort die Links nur durch Markieren lesen, u.a. auch das Wahlprogramm. Auffallend bei diesem Wahlprogramm ist, daß zuerst die Umweltaspekte klar hervorgehoben werden. Die Senkung der Grundsteuer für unversiegelte Flächen klingt vernünftig, ebenso wollen sie die Halbierung der Mehrwertsteuer für Bahnfahrkarten im Fernverkehr. Warum nur Fernverkehr?

Was ist auffällig an den bisherigen Wahlprogrammen: wenn man in den Wahlprogrammen nach dem Wort »Studien« sucht, findet er zuerst »Vergleichsstudien«. Mein Ziel waren die Studiengebühren, Studienstrukturen.

SPD, Grüne und PDS wollen eine gemeinsame Schulbildung bis zur 8. Klasse einführen — erst dann wird zwischen Mittelschule und Gymnasium getrennt.

Die FDP hat mit Abstand das schlichteste Layout in ihrem Wahlprogramm. Nicht einmal das Parteilogo findet man in dem 83seitigen Text. Interessant sind schon einmal folgende Forderung, »das Quorum für einen Volksantrag auf 1 Prozent der Wahlberechtigten und das Quorum für ein Volksbegehren auf 10 Prozent der Wahlberechtigten zu senken«. In diesem Punkt sind sie die radikalsten (Grüne und PDS haben solche Punkte auch in ihrem Programm enthalten). Das Thema Ladenschlußgesetz war vor 2 Jahren heiß diskutiert, die FDP scheint die einzige Partei zu sein, die heute noch für den Wegfall dieses Gesetzes ist. »Ein verpflichtendes, kostenfreies Vorschuljahrs im Kindergarten« klingt auch nicht verkehrt.

Die NPD will in ihrem Wahlprogramm u.a. die Abschaffung der »Einführung von Englischunterricht in der Grundschule (oder gar Kindergarten)« erreichen. Heute fand ich in der Post einen Wahlzettel der NPD, der sehr merkwürdig klingt:

In den letzten Tagen des Landtagswahlkampfes lassen die etablierten Versagerparteien nun nichts unversucht, um mit unlauteren Mitteln Stimmung zu machen. [..] Schließlich wissen die Herrschaften von der SPD/CDU und Konsorten genau, daß für jeden NPD-Abgeordneten, der am 19. September gewählt wird, einer von ihnen rausfliegt.

Wenn das mal kein unlauteres Mittel ist, um ebenso Stimmung zu machen ...

Das witzigste Plakat fand ich von der Partei Bibeltreuer Christen (PBC). Auf diesem war in etwa der Schriftzug: »Ohne Gott geht alles kaputt — Jesus macht alles wieder neu«. Das Plakat war ordentlich angebrochen gewesen.

Das Wahlprogramm enthält eine Mischung aus sinnvollen, lächerlichen und sogar gefährlichen Forderungen:

  • persönliche Verantwortung und Haftung von Politikern und Entscheidungsträgern der öffentlichen Hand für Schäden aus Misswirtschaft und Korruption
  • Die Person JESUS CHRISTUS und weitere Persönlichkeiten der Bibel sollen Vorbilder unserer Jugend werden
  • Darum führt jeder Versuch, dieses kleine Land zwischen Mittelmeer und Jordan oder die Hauptstadt Jerusalem zu teilen, zum Krieg

Warum ist der 18. Anstrich nur so klein?

Nun habe ich mich knappe vier Stunden mit Wahlprogrammen befaßt. Ich habe viele gute und viele schlechte Ideen gelesen — bei jeder Partei. Vermutlich kann man da nur sagen: die Mischung macht´s. Doch leider hemmt Parteienpolitik die Sachpolitik.

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