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Homepage von René Pönitz

Hamburgs Zentrum autofrei?

Zwei Wochen vor der Bürgerschaftswahl werfen die Grünen der SPD vor, ihre Pläne zur „autoarmen“ Innenstadt abgeschrieben zu haben, während am 21.01. Katharina Fegebank solche Forderungen selbst für „irre“ bezeichnete.

Ich hätte gerne das Gebiet innerhalb des Ringes 1 „autofrei“ – und frage nich, ob SPD und Grüne überhaupt wissen, wer derzeit in der Regierung sitzt. Nach fünf Jahren SPD-Alleinregierung und fünf Jahren Rot-Grün gab es bisher nur den temporären Versuch im Sommer 2019 für acht kleine Straßen wie Dornbusch und Trostbrücke. Dass dies mit der SPD nicht kommen wird, zeigte Peter Tschentscher bereits in einem Interview im Juli 2019. Er werde „über autofreie Zonen nachdenken, sobald die Alternativen zum Auto ausreichend zur Verfügung stehen“.

Gute Ideen sind nicht nur zum Kopieren da, sondern auch zum Umsetzen!

Wollten SPD und Grüne ernsthaft die Autos aus der Innenstadt verbannen, dann hätten sie uns im Wahlkampf mit einem entsprechenden autofreiem Gebiet rund um den Jungfernstieg überrascht! Wenn die vielfältigen Alternativen wie Fuß, Fahrrad, Rikscha, Bus, U-Bahn und zukünftig Straßenbahn immer noch nicht als ausreichend angesehen werden, dann wird dieses Thema am 23.02. mit dem Schließen der Wahlurnen für knapp fünf Jahre beerdigt werden!

Und das ist schade!

(Zu meiner Pressemeldung der Piraten Hamburg)

Erhaltungsverordnung in Eilbek

Seit einigen Tagen wohne ich einem Milieuschutzgebiet, für den Ortsteil Eilbek wurde eine Erhaltungsverordnung in Kraft gesetzt. Das ist ein baurechtliches Instrument, was – ganz salopp formuliert – verhindern soll, dass aus Wohnungen Wohnungen werden, für die man in der Regel wesentlich höhere Mieten zu bezahlen hat. Damit sind bestimmte Formen der baulichen Aufwertung (z.B. Anbau von Balkons) oder auch das Abriss von Wohnhäusern ausgeschlossen bzw. bedürfen eines gesonderten Antrages.

Was das ist und wie das funktioniert, habe ich vor einigen Jahren schon einmal ausführlich am Beispiel von Alt-Treptow gebloggt. Ich war damals Mandatsträger in der Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick. In Alt-Treptow leistete die SPD sehr lange Widerstand dagegen und leugnete die Verteuerungsprozesse. Erst mit Hilfe eines Einwohnerantrages (d.h. mehr als 1000 Menschen im Ortsteil forderten dies ein) kam ein Umdenken – und pünktlich vor der Berliner Wahl 2016 trat diese dann in Kraft.

Heute geht es allerdings um Hamburg-Eilbek. Und um die SPD sowie ihr Handeln kurz vor Wahlen. Zugegeben: Ich habe mich hier nicht um alle Details der Entstehung beschäftigt. Aber dieser Beitrag der Abgeordneten Juliane Timmermann zeigt durchaus, wie realitätsfern die SPD ist:

Die Soziale Erhaltungsverordnung schützt die Mieterinnen und Mieter in Eilbek, damit Eilbek lebenswert, vielfältig und bezahlbar bleibt! #ganzestadtimblick #eilbek

Dieses Statement enthält zwei Aussagen mit dem kleinen Wörtchen bleibt: Einerseits wird suggeriert, dass der Ortseil heute bezahlbar sei. Und dass er durch dieses Instrument auch künftig bleibt. Beide sind falsch!

Ich habe das große Glück, noch in diesem einigermaßen zentralen Stadtteil in eine Wohnung einziehen zu können. Doch schaut man sich die den Wohnungsmarkt an, so wird einem Angst und Bange. Eine Wohnung für unter 10 Euro pro qm kalt? Vergiss es. Schon lange nicht mehr. Wer einen §5-Schein hat, kann eventuell Glück haben. Vielleicht noch wer in einer der Wohnungsgenossenschaften hineingeboren wurde.

Vielleicht hätte man die Erhaltungssatzung vor zehn Jahren beschließen sollen? Zusammen mit einigen anderen Maßnahmen?

Nun gebe ich auch als Kandidat ehrlich zu, dass die zur Verfügung stehenden Maßnahmen auf Landes- und Bezirksebene begrenzt sind, um das Problem steigender Mieten zu lösen. Vieles ist Bundesrecht. Und da können wir dieser Tage der SPD als Mitglied der Regierung nicht attestieren, hier nennenswerte Vorteile für die Menschen in Mietwohnungen geschaffen zu haben. Die Mietpreisbremse hätte ein schönes Instrument werden können, ist aber derzeit ein zahnloser Tiger.

Ich blicke neidvoll auf Wien, die kontinuierlich den sozialen Wohnungsbau aufgebaut haben und manche Probleme gelöst haben. Wenn hier jemand aber den Stein der Weisen gefunden hätte: es wäre umgesetzt. Berlin probiert gerade, diese Kompetenzen auszureizen und wir dürfen gespannt sein, ob die Idee des Mietendeckels vor Gericht Bestand haben wird (siehe Artikel der Berliner Piraten zum Mietendeckel ).

Was aber die Menschen sehr wohl von einer Person, die derzeit im Landesparlament sitzt, erwarten dürfen: eine realistische Einschätzung der Lage. Und auch eine realistische Einschätzung über die beschlossenen Maßnahmen. Ob mit oder ohne Erhaltungssatzung: die Mieten werden auch auf dem heutigen Niveau nicht stagnieren. Im Gegenteil. Schon alleine durch Konstrukte wie die in Hamburg beliebte Indexmiete und der Mietspiegel. Mit anderen Worten: Selbst wenn heute die Mieten in Eilbek bezahlbar wären, so gibt es auch mit der Erhaltungssatzung keine Garantie, dass sie es morgen noch sind.

Ich möchte nicht gegen das Instrument der Erhaltungsverordnung sprechen. Im Gegenteil. Das Instrument hat eine Daseinsberechtigung. Wenn mein Vermieter auf die Idee kommt, in meiner Wohnung Marmorfußböden zu verlegen, so kann ich mich weigern und die Behörden können nun einen Riegel vorschieben. Vor Mieterhöhungen bleibe ich dennoch nicht verschont. Soviel Ehrlichkeit sollte sein, liebe SPD!

Ist die Digitalstrategie der Speicher wert, auf dem es abgelegt wurde?

Vorbemerkung: Der Artikel entstand im Rahmen des Bürgerschaftswahlkampf 2020.

Pünktlich in der heißen Phase des Wahlkampfes beschließt der Hamburger Senat die sogenannte Digitalstrategie dieser Stadt. In dem Dokument stellt sich einerseits Hamburg selbst ein gutes Zeugnis aus, andererseits werden Wahlkampfziele der SPD schon verarbeitet, wie bspw. die Tschentscher’sche Gedenkbibliothek in Form des „Hauses der digitalen Welt“. Mit diesem Beitrag möchte ich dieser Strategie auf den Zahn fühlen.

Fangen wir zunächst mit der B-Note an: die Strategie selbst ist eine PDF-Datei mit 60 Seiten und wirkt wie mit der heißen Nadel gestrickt. Es gibt keine internen Lesezeichen und Verlinkungen. Teilweise ist der Text auf Bildern sehr schwer lesbar. Im Kapitel „Barrierefreiheit“ wird von Leichter Sprache gesprochen, doch dieses Dokument ist das komplette Gegenteil davon. Möglicherweise ist es aber auch das Ziel, dass möglichst wenige Menschen diese Dokument lesen und verstehen. Ich habe es trotzdem gemacht.

Digitalisierung selbst ist ein politisches Modewort geworden. Man kann darunter Alles oder Nichts verstehen. Allein die Tatsache, dass in den Behörden keine mechanischen Schreibmaschinen mehr genutzt werden, betiteln einige bereits als Digitalisierung. In dieser Digitalstrategie steht unter anderem die Maßnahme „Online Terminvergabe“ für’s Hamburger Impfzentrum. Im Jahr 2020 ist schon mancher Hausarzt weiter. Andere Projekte wie das „Monitoring der Bodenversiegelung“ bringen dagegen Mehrwerte, auch für die politischen Debatten.

Die Digitalstrategie nennt (bis auf wenige Ausnahmen) keinerlei Zeitvorgaben. Wir lesen also verschiedene Maßnahmen in den verschiedenen Fachbereichen ohne dabei zu erfahren, wann wir eine bestimmte digitale Leistung erwarten und nutzen dürfen. Dann kann niemand in zehn Jahren sich beschweren, wenn immer noch zu wenig umgesetzt wurde.

Die Digitalstrategie nennt auch keinerlei Kosten. Den Finanzen wird zwar ein eigenes Kapitel gegönnt, doch lest selbst:

Um ihre positive Fortentwicklung im Sinne der digitalisierungsbezogenen Herausforderungen und Möglichkeiten zu gewährleisten, sind die aktuellen Haushaltsansätze im Rahmen der vorhandenen dezentralen und zentralen Mittel sowie nach Maßgabe der zukünftigen Haushaltsaufstellungsverfahren weiterzuentwickeln.

Die Prozesse für die Digitalisierung benötigen auch personelle Expertise. Bekanntlich fällt diese auch nicht vom Himmel. Daher gibt es beim „Amt für IT Digitalisierung“ einen „sog. Projektpool“. Vermutlich sind das diese kleinen schwarzen Löcher, die alle Probleme lösen?

Es ist kein Geheimnis, dass Hamburg in den vergangenen Jahren sich blaue Augen bei IT-Projekten geholt hat. Das wohl bekannteste ist KoPers. Hamburg führte eine neue Personalverwaltungssoftware Mitte 2018 ein – und über Monate hinweg wurden Gehälter entweder nicht oder nicht korrekt ausbezahlt. Und auch nach über einen Jahr funktioniert die Abrechnung bei Stellenwechsel immer noch nicht zuverlässig. Was passiert ist, lässt sich im Nachgang nicht ungeschehen machen. Aber wir dürfen sehr wohl erwarten, dass sich solche Szenarien nicht wiederholen. Doch in der Digitalstrategie lesen wir auch davon nichts. Lernen durch Schmerzen nur ohne Lernen?

Für die Piratenpartei ist Datenschutz und der Schutz der Privatsphäre wichtig. Doch die Digitalstrategie sieht Datenschutz leider nicht als Chance und Stärke, sondern reduziert es eher auf eine Notwendigkeit. Wir sind beruhigt, dass Hamburg sich nicht über EU-Recht (DSGVO) hinwegsetzen möchte, dennoch gibt es bei vielen Digitalisierungsprojekten Spielräume. Im Bereich Gesundheit und Soziales sollen Schnittstellen zwischen PROSOZ (Sozialverwaltung) und JUS-IT (Jugendhilfe) mit der eAkte geschaffen werden. Leider ist dieser Aspekt zu schwammig beschrieben. Für uns als Piraten ist es ein NoGo, wenn an einer zentralen Stelle solche sensiblen Daten zusammengefasst werden. Und es gibt auch gute Gründe, warum bestimmte Daten stets getrennt bleiben sollen.

Die Stadt Hamburg verfügt derzeit über rund 800 verschiedene IT-Fachverfahren. In der Digitalstrategie hofft man, dass neue Softwarestandards und Innovationen Potenziale für eine bessere Effizienz sowie Prozessoptiomierung bergen. Wird ein schlechter Prozess digitalisiert, so bleibt er eins: ein schlechter Prozess. Wir sollten Digitalisierung auch als Chance verstehen, Dinge neu zu durchdenken. Beim Thema Führerschein-Erneuerung sind diese Überlegungen richtig: da der Austausch nur formaler Natur ist, könnte die Neubeantragung über ein Online-Formular wesentlich einfacher von statten gehen. Doch leider gibt es nur wenige solcher Bereiche. Ein denkbares Beispiel: Mit der Geburt eines Kindes beginnt heute auch ein bürokratischer Akt: die Geburtsurkunde muss mehrfach ausgestellt werden, das Kind bekommt eine Steuernummer, für das Kind gibt es einen Kindergeldanspruch und in gewisser Hinsicht besteht auch künftig ein Anspruch auf einen Kita-Platz. Warum nicht all diese Dinge so gestalten, dass beim Verlassen des Kreißsaals schon alles geklärt ist?

Die Digitalstrategie betrifft auch die Schulen und die Unterrichtsgestaltung:

Außerdem werden in den Grundschulen mobile Endgeräte im Verhältnis Endgerät zu Schüler von 1:4 und in weiterführenden Schulen im Verhältnis von 1:5 angeschafft, die in allen Schulen eigene mobile Endgeräte der Schülerinnen und Schülern im „Bring Your Own Device“ (BYOD) im Unterricht ergänzen

Den Ansatz der Schülereigenen Geräte bietet zwar den Vorteil der Wahlfreiheit der Geräte und Plattformen, erfordert aber Pflege- und Wartungsaufwand seitens der Schülerinnen und Schüler bzw. deren Eltern. Und wenn diese dies nicht leisten können, verlagert es die Probleme in die Schule. Nur die Lehrenden haben nicht die Aufgabe und die Pflicht, Administrator zu spielen. Und auf diese Punkte geht dann das Konzept wiederum nicht ein.

Im Kapitel „Mobilität & Energie“ der Digitalstrategie spiegeln sich auch die Präferenzen der derzeitigen Hamburger Verkehrspolitik wieder. Mittels Wärmekameras sollen Verkehrsdaten in Echtzeit erhoben werden. An 420 Orten. Davon 30 für den Radverkehr und keine für den öffentlichen Nahverkehr.

Erfolg hat bekanntlich viele Gesichter. Mit dem unter wesentlicher Mitwirkung der Hamburger Piraten über eine Volksinitiative entstandenen Transparenzgesetz hat sich die Freie und Hansestadt Hamburg auf dem Gebiet der Informationsfreiheit an die Spitze der Bundesländer gesetzt. Dies wird auch in der Digitalstrategie gefeiert:

Mit dem Transparenzgesetz und seiner Umsetzung in Form des Transparenzportals trägt Hamburg kontinuierlich dazu bei, dass das Verhältnis von Bürgerinnen und Bürgern und Staat von Vertrauen und einer gelebten Veröffentlichungskultur geprägt ist.

Schön wäre es, nur leider sieht die Praxis anders aus. Die pauschalen Ausnahmen von der Informationspflicht für Informationen, die unter spezialgesetzliche Vertraulichkeitsvorschriften oder die Verschlusssachenanweisung für die Behörden der Freien und Hansestadt Hamburg fallen, gehören gelockert. Um ein Dokument zur Verschlusssache zu erklären existieren derzeit keine ernsthaften Hürden, so dass auf diese Art und Weise den Bürgern Informationen vorenthalten werden dürfen, die nach dem Wortlaut des Transparenzgesetzes eigentlich nicht schützenswert wären. Dieses Unterlaufen der Absicht des Gesetzgebers muss gestoppt werden. Ebenso ist die absolute Bereichsausnahme für das Landesamt für Verfassungsschutz aufzuheben.

Zusammenfassend gibt diese Strategie einen Überblick über Projekte, mit denen sich die Stadt Hamburg gerade beschäftigt. Eine Strategie ist es dagegen nicht. Wir wissen nicht, wo wir in fünf Jahren stehen werden. Das wollen wir gerne konkreter machen. Des weiteren wollen wir freie WLAN-Netze voranbringen (z.B. nicht nur an den U-Bahnhöfen, sondern auch in den Verkehrsmitteln) und die Mittel und Möglichkeiten des Landesdatenschutzbeauftragten stärken. Daher stehen wir am 23.02. zur Wahl!