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Homepage von René Pönitz

Nationale Blamage

Der Brückenbau in Dresden hat nun begonnen — und sollte es nun wirklich fertig gebaut werden, wird das Querung vermutlich die Chance für das Guiness Buch der Rekorde haben: Das teuerste Bauwerk der Welt mit Verzicht auf den berühmten symbolischen Spatenstich der erste Spatenstich war am 29.11.2000 gewesen — also politisch im Vorfeld mißbraucht. Aber das war den so genannten Brückenbauern wohl zu heikel — wenn da plötzlich tausend Zuschauer auftauchen und drei Viertel ihre »Elbwiesen erhalten«-Plakate in den Wind heben.

Die erste Woche ist vorbei — und ich besuchte noch einmal die Elbwiesen. Während auf der nördlichen Seite bisher nur Bäume gefallen sind und Vorleistungen durchführen, die auch bei einer Tunnelvariante notwendig sind, ackert am südlichen Ufer ein einzelner Bagger in den Elbwiesen herum — und versucht die Elbwiesen dauerhaft zu brandmarken. Ein paar Rentner freuen sich über den Baustart — und beweihräuchern sich teilweise mit Argumenten, deren Gegenbeweis schon lange erbracht worden ist.

Und in den bundesweiten Gremien und Medien wird Dresden zur Zeit sehr kritisch begutachtet. Der Deutsche Kulturrat bezeichnet die drohende Aberkennung als »nationale Blamage«. In Der Zeit ist ein sehr lesenswerter Artikel mit em Titel Dumm baut gut:

Wenn landauf, landab die Dresdenbewunderer entsetzt fragen, warum man partout eine Flussquerung durchs Welterbegebiet trümmern will, obwohl ihre Notwendigkeit nie nachgewiesen wurde, obwohl der Verkehr von ihr nicht wird abfließen können, obwohl sie den drei Kilometer entfernten Feierabendstau am flussaufwärts gelegenen Blauen Wunder sicher nicht absaugen kann und obwohl der Dresdner Innenstadtverkehr schneller rollt als in fast allen anderen Großstädten der Bundesrepublik – dann gibt es darauf eine schlichte Antwort. Weil auch die Brücke ein Symbol ist. Sie steht für Beschleunigung, Zweckoptimismus und Wachstumswahn im schrumpfenden Ostdeutschland. Sie ist eine Chiffre der trügerischen Hoffnung, dass man die real existierende Stagnation durch einen utopischen Kapitalismus beheben könne. Wo der Euro nicht mehr richtig rollt, wird künstlich Bewegung erzeugt.

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