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Das Ausspielen von U-Bahn und Straßenbahn

Derzeit schwappt eine Welle aus Berlin nach Hamburg, die den Bau neuer U-Bahn-Linien als Klimakiller einstufen möchte, weil deren Amortisationszeit für CO₂ weit über 100 Jahre bis hin zu 1946 (!) Jahren liegen soll.

Diese Studien machen mir Angst:

Im Kontext der neuen Hamburger U5 ist es nun auch Bestandteil von Klagen.

Kosten von Solaranlagen und Atomkraft

Gut gemeint und gut gemacht sind zweierlei Paar Schuhe. Das Katapult-Magazin veröffentlichte dieser Tage eine Grafik zum Vergleich der Kosten des Kernkraftwerkes Flamanville mit denen von Solarmodulen:

Die Grünen im Europäischen Parlament unterstreichen auch gleich die Aussage:

Atomkraft rechnet sich nicht Kusshand

Es ist 2022 – und ich bin langsam müde mit dieser Form der politischen Kommunikation. Ich habe auch keine Lust, mich mit solchem Zahlenwerk intensiver auseinander zu setzen, wo schon offensichtlich Zahlenspielereien dabei sind.

Auf der einen Seite ist das Kraftwerk so eine Art französischer BER. Man mag spekulieren, ob diese Kosten bei anderen Kraftwerken so reproduzierbar sind. Auf der anderen Seite wird ein komplettes Kraftwerk (also wo alle Kosten von Grund, Planung, Bau, Zinsen, etc.) mit dem Kauf von Hardware-Modulen verglichen – zu einem Stückpreis von 47,50€. So als sind diese mit Fingerschnippen in ausreichender Menge installiert und angeschlossen.

Aber Halt: Was bringt uns diese Debatte eigentlich?

Die Frage der Energieerzeugung sollten wir nicht durch die Kosten bestimmen. Was, wenn sich gar das das Gegenteil herausstellen sollte?. Bauen wir dann mit den selben Argumenten Atomkraftwerke, nur weil sie sich doch rechnen?

Nein! Wir sollten die Frage der Energieerzeugung stets im Kontext unserer Umwelt betrachten.

Unbestritten ist bei Atomkraft der Kreislauf immer noch nicht geklärt: niemand will die strahlenden Stäbchen in seinen Vorgarten, vor allem nicht die Bayern. Das Zwischenlager Asse leckt – und muss ausgeräumt werden. Und wenn Pannen passieren (Tschernobyl) sind hinterher ganze Landstriche unbewohnbar. Solche Folgen sind zu keinem Preis dieser Welt einpreisbar.

Natürlich haben auch erneuerbare Energien Nachteile. Die Leistung dieser Solarmodule sind ja auch sehr abhängig von der Helligkeit. Und auch Windräder liefern bei Windstille nur wenig. Und auch Wasserkraftwerke und Pumpspeicherwerke verändern recht ordentlich den Lebensraum der Tiere, keine Frage. Aber auf dieser Ebene müssen wir abwägen, wie wir unseren Energiebedarf (den man sicherlich auch in Frage stellen darf) absichern – um nicht in dieses Szenario eines BlackOuts zu rutschen.

Solche plumpen und billigen Rechnungen verlagern leider nur die Debatte auf Kosten und bringen uns keinen Millimeter voran. Im Gegenteil: sie sind schlicht kontraproduktiv.

Verbot von Zweitwohnungen

In der bayrischen Kommune Garmisch-Partenkirchen (und sicher nicht nur da) läuft immer mal wieder eine Debatte, wie die Zahl der Zweitwohnungen reduziert werden kann, damit bspw. mehr Wohnungen für eigentliche Einwohner zur Verfügung stehen.

So stellte die örtliche CSU beispielsweise 2019 die Debatte auf die Tagesordnung des Marktgemeinderats, wie im Kontext des Zweckentfremdungsgesetz “die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen” gesichert bleibt. In der Sache sicherlich hilfreich – und für eine CxU-Partei eher ungewöhnlich. In dieser Debatte brachte dann die SPD folgenden Antrag ein:

Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, inwieweit mit einer Satzung die Nutzung als Zweitwohnung künftig unter eine Genehmigungspflicht gestellt werden kann und wird gebeten, dem Gemeinderat möglichst zeitnah das Prüfungsergebnis vorzulegen.

So wurde es auch – wenn auch mit anderen Worten – beschlossen:

Dabei sind auch ein mögliches Verbot von Zweitwohnungen verbindlich zu prüfen

Eine Genehmigungspflicht impliziert, dass diese Anträge auch abgelehnt werden können – und das käme einen Verbot gleich. Zwar ist es nur ein Prüfauftrag, dennoch halte ich solche Überlegungen für Zweifelhaft. Und vermutlich nur, weil einige die Begriffe Ferienwohnung und Zweitwohnung nicht unterscheiden können.

Das Zweckentfremdungsgesetz ist ein gutes Werkzeug, damit Wohnraum Wohnraum bleibt. Und sich da nicht nicht Arztpraxen oder Anwaltskanzleien einnisten. Oder auch Ferienwohnungen. Ob ich eine Wohnung aber als Haupt- oder Nebenwohnung nutze, ändert nichts an der baurechtlichen Nutzung – es ist und bleibt eine Wohnung. Ich werde mittels Gesetz niemand an einer Nebenwohnung hindern können – das würde auch dem Ansinnen des Bundesmeldegesetzes zuwiderlaufen, was ja explizit vorsieht, dass eine Person mehrere Wohnungen beziehen darf und nur eine davon die Hauptwohnung werden kann.

Was würde so ein Genehmigungsvorbehalt bedeuten?

Eine Person mietet oder kauft eine Wohnung. Im Rahmen der Fristen meldet dieser die Wohnung an – und erklärt sie zur Nebenwohnung. Und die Behörde prüft nun und versagt die Nebenwohnung. Also zieht er wieder aus? Oder macht die zur Hauptwohnung und löst dann, je nach Kommune, diesen Genehmigungsprozess in der anderen Kommune aus. Und die könnten ebenso ablehnen. Zugegen: das könnte auch die Person schon vor Unterschreibung des Mietvertrages prüfen. Am besten, bevor ein Ausbildungs- oder Arbeitsvertrag unterzeichnet wird?

Allein diese Gedanken halte ich für politisch absurd bzw. verfassungswidrig.

Was ich dagegen sehr wohl sinnvoll sehe: das Verhindern von Ferienwohnungen. Das ist eine eigenständige Nutzungsart, die eher einem gewerblichen Charakter mit sich trägt. Und das können Kommunen bspw. in Bebauungsplänen ausschließen. Die Gemeinde Boltenhagen hat dies beispielsweise getan (siehe Debatte zu Boltenhagen ). Auch die Rechtsprechung hat dazu schon Urteile verfasst.

Digitalministerin

Judith Gerlach, die neue Digitalministerin von Bayern:

Ja, Digitalisierung ist jetzt sicher nicht mein Spezialbereich, aber ein absolutes Zukunftsthema.

Wahnsinn. Hat schon jemals eine Person im Ministeramt gesagt, dass sie vom eigentlichen Themenfeld keine Ahnung hat?

(Quelle: BR )

Nummernsysteme in Urteilen

Was ich beim Lesen von Urteilstexten immer wieder bemerkenswert finde, ist die Verschachtelung von Aufzählungen. Ich weiß, dass juristische Materie für sich schon trocken ist und viele Leute da aussteigen lässt. Aber es wäre wenigstens hilfreich, wenn ich bei Aufzählungen mich einigermaßen wieder finde – und weiß, welche Verschachtelungsklammer ich gerade verlasse. Für Informatiker wäre so verwurschtelte Logik undenkbar.

Ich zitierte mal aus einem aktuellem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes die dortige Gliederung:

1.
2.
a)
b)
c)
d)
aa)
bb)
cc)
(1)
(2)
(a)
(b)
(3)

Also die Klammerauf-Nummer-Klammerzu ist also eine Stufe unterhalb der Buchstabe-Buchstabe-Klammerzu. Irre, oder? Die DIN 5008 würde schon in der 7. Zeile aussteigen.

Frauenanteil beim Radfahren

Immer wieder landen in meinem Radar Meldungen wie diese:

Bisher machen Frauen nur 20 Prozent des Radverkehrs in Deutschland aus. Wird die weibliche Perspektive bei der Verkehrsplanung mehr berücksichtigt, werden Wege sicherer – und mehr Frauen trauen sich, Rad zu fahren. Das glauben Verkehrsexperten.

Diese Meldung einer Bürgerinitiative referenziert einen Artikel im Deutschlandfunk. Und dieser nimmt Bezug auf einer Aussage von Heinrich Strößenreuther, einst Initiator des Berliner Radentscheides. Allerdings wird im referenzierten Artikel keine Quelle genannt. Er hat sich in inzwischen von der Zahl auch distanziert.

Ich möchte mit dem Beitrag einen kleinen Appell machen:

  • hinterfragt bitte kritisch jede Zahl, die man selbst weiter verbreitet, ob sie wenigstens plausibel ist
  • hinterfragt, ob diese Zahl überhaupt eine Relevanz für das eigentliche Ziel hat.

Ehe ich einstiege, behaltet bitte stets die beliebte Redewendung im Hinterkopf:

Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.

Ist diese Zahl plausibel?

Bei Verkehrsthemen reden gerne manche Leute von “männlicher” und “weiblicher” Mobilität – und wenn ich ehrlich bin: ich habe nicht den blassesten Schimmer, von was diese Leute wirklich reden. Bei aller Akzeptanz für Diversität und auch der Berücksichtigung von Interessen bestimmter Kleingruppen, fallen ganz nüchtern betrachtet, die geschlechterspezifischen Unterschiede weit geringer aus, als einige Personen immer wieder heraufschwören.

Würde diese These stimmen, so würde es bedeuten, dass auf den Straßen ungefähr 4/5 aller Radfahrenden männlich sind. Also fahrt eine Straße mal entlang und zählt. Auf 4 Männer kommt eine Frau. Natürlich ist das weder statistisch relevant, noch verlässlich. Zum einen, weil nicht jeder Person das Geschlecht angesehen werden kann. Zum anderen kann man nun gerade die falsche Strecke erwischt haben, wo das Verhältnis nicht passt. Aber liegt diese Realität meilenweit davon entfernt, so ist es ein Indiz, der Zahl zu misstrauen. Insbesondere wenn sie nicht belegt ist. Neben der Tatsache, dass die Zahl falsch ist, könnte sie auch aus einem ganz anderen Zusammenhang stammen.

Zum anderen sollte man umgekehrt zweifeln: Nehmen wir an, die Zahl würde stimmen, würde die restliche Realität dazu passen? Hier wären Fragen dann wie:

  • Fahren so wenige Leute Fahrrad, dass dieses Ungleichgewicht über die Gesamtgesellschaft egal ist?
  • Bewegen sich Frauen grundsätzlich weniger als Männer?
  • Fahren die Frauen überwiegend alle Auto? Oder nur zu Fuß?

Gibt es denn irgendwie eine denkbare Erklärung dafür? Und auch hierfür fällt mir kein plausibles Konstrukt ein.

Eine andere These fand ich vor einigen Wochen:

Männer fahren i.d.R. morgens zur Arbeit und abends zurück, haben lineare Wege. Frauen übernehmen Versorgung der Familie, bringen auf dem Weg Kinder zur Schule, ältere Angehörige zur Ärzt:in. Sie verbinden diese Wegezwecke miteinander und weisen dadurch ein komplexes Wegenetz auf.

Diese These könnte eine denkbare Erklärung sein: Frauen hätten demnach nur viele kurze Wege, einen eingeschränkten Bewegungsradius und daher viel seltener mit Fahrrad unterwegs. Zugegeben: etwas sehr klischeehaft überspitzt – aber auch dieser liegt fernab meiner gelebten und gefühlten Realität. Also auch ein Grund, diese These anzuzweifeln.

Glücklicherweise gibt es für Verkehrsfragen recht gute Datenerhebungen. Keine von denen ist meiner Ansicht nach perfekt für diese Fragestellungen. Aber aus vielen leitet sich auch ein Bild ein, dass zur Ausgangsthese keinerlei Rückschlüsse zulässt.

Werfe ich zunächst einen Blick in die SrV-Studien der TU-Dresden. Da werden viele Personen nach ihren Mobilitätsverhalten befragt. Nachfolgend einige Statistiken aus der Studie, hier bezogen allerdings nur auf Berlin. Ich zitiere die Tabelle Wege nach Zweck und Geschlecht

Wegeart Weibliche Personen Männliche Personen
Eigener Arbeitsplatz 19% 24%
Kita 7% 5%
Schule / Ausbildung 11% 10%
Einkauf /Dienstleistung 30% 27%
Freizeit 29% 27%
Anderer Zweck 5% 7%

Anders ausgedrückt: bei 93% der Wege gibt es keine Differenzierung zwischen den statischen Gruppen Mann und Frau. Das ist an sich eine gute Botschaft. Und ja, es gibt Unterschiede. Und die gibt es auch beim Transport in die Kita – das klingt weit fortschrittlicher, als viele unsere Gesellschaft sehen.

Nächstes Klischee: Frauen würden wesentlich mehr Wege am Tag zurücklegen (unbenommen von der Länge des einzelnen Weges). Ich zitiere die Tabelle 6.1 der Berliner (Teil-)Studie: Wege pro Person und Tag, auch hier Kontext Berlin:

Altersgruppe Weibliche Personen Männliche Personen
0 – <15 3,0 3,0
15 – <25 3,3 3,2
25 – <45 3,9 3,7
45 – <65 3,6 3,5
65 und mehr 3,2 3,3

Auf die Anzahl der Wege, die pro Tag zurückgelegt werden, unterscheidet sich nicht wesentlich. Ja, es gibt eine Differenz – und bei den älteren Personen sogar umgekehrt. Die Unterschiede bei der Wegehäufig ist weitaus größer zwischen Menschen im berufstätigen Alter und Menschen ab Renteneintrittsalter.

Eine weitere spannende Statistik ist die Verfügbarkeit eines (konventionellen oder elektrischen) Fahrrades nach Geschlecht (Tabelle 3.3.1)

Altersgruppe Weibliche Personen Männliche Personen
Uneingeschränkt 69,2% 73,2%
nach Absprache 1,8% 2,2%
kein Zugang 29,0% 24,6%

Ja, auch hier gibt es statistische Unterschiede. Aber auch das ist fernab eines 1:2 oder gar 1:4-Verhältnisses. Auch wenn die Verfügbarkeit kein Indiz für die Nutzung ist.

Ich suchte nach dem geschlechtsspezifischen Modal-Split, als wie viele Wege je Verkehrsmittelart zurückgelegt werden. Diese Zahlen finde ich nicht in der SrV-Studie (gerne in den Kommentaren posten, wenn ihr diese Zahlen kennt). Ich schwenke dazu auf Wien, da gibt es Daten von 2015:

Wegeart Weibliche Personen Männliche Personen
Fuß 30% 25%
Fahrrad 5% 7%
MIV 25% 33%
ÖV 40% 36%

Auch hier liegt eine Überschneidung von 91% vor. Die Unterschiede beim KfZ-Anteil sind durchaus gegeben. Aber wer behauptet, dass überwiegend Männer Auto fahren würden, muss sich vergegenwärtigen, dass eben auch Frauen im Schnitt ein Viertel aller Wege mit dem Auto zurücklegen. Und das ist eine Wiener Zahl, einer Stadt mit traumhaften ÖPNV. Sprich: wenn schon Wien jeder vierte Weg einer Frau mit Auto zurückgelegt wird, wie hoch ist diese Zahl dann anderswo?

Die Nutzungshäufigkeit ist ein weiterer Indikator. Auch das finde ich leider nicht in der SrV-Studie. Es gibt aber eine ähnliche Studie Mobilität in Deutschland. Hier wird auf Seite 34 folgende Statistik ausgewiesen, diese allerdings deutschlandweit:

Wegeart Weibliche Personen Männliche Personen
täglich 17% 19%
1-3 pro Woche 16% 19%
1-4 pro Monat 13% 16%
seltener als monatlich 14% 14%
(fast) nie 41% 32%

Auch diese Zahl belegt, dass im Durchschnitt Männer häufiger auf das Rad steigen als Frauen, aber die Differenzen liegen weitab einem 4:1-Verhältnis. Und es gibt ja scheinbar auch recht viele Herren, die (fast) nie auf ein Fahrrad steigen – auch das ist keine Besonderheit der statistischen Gruppe Frau.

Für die wirklich relevante Zahl finde ich leider keine Statistik: die geschlechtsspezifische Verkehrsleistung. Also wieviel Strecke wird je Verkehrsmittel am Tag zurückgelegt. Vor einigen Jahren schrieb ich mal, warum diese Zahl weitaus wichtiger als der Modal-Split. Denn am Ende des Tages ist es nicht entscheidend, wie viele Wege ich mit dem Fahrrad zurücklege, sondern auch wie lange diese Wege sind.

In Berlin sind die Menschen durchschnittlich für alle Wege aller Verkehrsarten ca. 20,4 km am Tag unterwegs (Quelle, Tabelle 15 a). Überall alle Berliner hinweg, legen die Menschen pro Tag 2,4km per Fahrrad zurück (Die Zahl derer, die ausschließlich mit Auto oder ÖPNV unterwegs sind, drücken diesen Durchschnitt). Damit die These stimmt, müssten also, angenommen Männer und Frauen sind gleich häufig in Berlin vertreten, Frauen am Tag 960 Meter zurücklegen, die Herren 3840 Meter.

Ergänzungen

Im Rahmen des Eurobarometer 495 wurde über das Statistische Bundesamt eine Umfrage zum Hauptverkehrsmittel veröffentlicht:

Verkehrsmittel Weibliche Personen Männliche Personen
Auto 48% 61%
ÖPNV 20% 14%
zu Fuß 20% 13%
Fahrrad/Pedelec/Roller (Eigen) 8% 8%
Fahrrad/Pedelec/Roller (Share) 1% 2%
Nicht mobil 3% 2%

Das eigene Fahrrad ist wohl bei beiden Geschlechtern gleichermaßen verteilt mit 8%, lediglich bei geteilten Fahrrädern gibt es kleine Unterschiede. Aber auch hier: 86% Übereinstimmung. (Danke)

Wer hier weitere Statistiken kennt, ich ergänze gerne diese Liste.

Ist diese Zahl relevant?

Jenseits der Frage, ob die Zahl stimmt, stelle ich mir die Frage, ob diese Zahl auch wirklich relevant für die Debatte ist. In meinen Augen ist nicht das Ziel, dass mehr Frauen auf das Fahrrad steigen, sondern mehr Menschen.

Wir haben oben gesehen, dass 41% der Frauen und 32% der Männer (fast) nie auf ein Fahrrad steigen, also im Schnitt 36,5%. Das ist für mich eine relevante Größe für Verkehrspolitik. Will ich etwas verändern, muss ich deren Gründe kennen. Da hilft es mir nicht, vorher die knappe Hälfte Nichtradelnder auszublenden. Ich unterschreibe jede Forderung, Verkehrspolitik diverser auszurichten, wenn es damit gelingt mehr Leute zum Umstieg zu bewegen. Und dazu sind mir Gründe und Abwägungen viel wichtiger, als solche Zahlen.

Zum anderen bin ich Freund der Idee einer Stadt der kurzen Wege. Wenn ein überwiegender Anteil zu Fuß erledigt werden kann, so präferiere ich diese Lösung sogar.

Denn was ist am Ende des Tages relevant? Ob es uns gelingt, die Gesamtmenge an sich bewegenden Kraftfahrzeugen zu reduzieren, was letztendlich besser für Platzbedarf, Luft, Lärm und Unfallrisiken ist.

Gründonnerstag

Die bestätigten Infektionszahlen steigen wieder exponentiell. Wir haben nun die Gewissheit, dass vor allem Schulen und Kitas die Zentren der Verbreitung sind. Und anstelle nun Maßnahmen einzuleiten, die diese Kontakte reduziert, fällt der Ministerpräsidentenkonferenz ein, zwei Tage rund um Ostern die Geschäfte zu schließen.

Also einschränkende Maßnahmen, die konterkarieren: dann werden diese osterlichen Hamsterkäufe eben einen Tag früher und intensiver durchgeführt. Wenn man die Irrationalität menschlichen Handeln mit berücksichtigt, dann sollten die Lebensmittelgeschäfte zu Ostern durchgehend geöffnet sein.

Können wir diese Pandemie nun langsam mal ernst nehmen? Da gibt es alle paar Tage Demonstrationen von Covidioten. Einen Teil ihrer Botschaften leiten sie nur zu gerne aus unlogischen Maßnahmen ab. Wir müssen ihnen nicht noch Futter geben!

Corona-Explosion in Greiz

Heute geht es um den Landkreis Greiz in Thüringen. Der Landkreis und die dortige Landrätin Schweinsburg waren am Ende der ersten Welle Mai 2020 in den Medien, als dort Hotspots aufköchelten und die Landrätin schon eifrig herumeierte. Die zweite Welle überstand der Kreis der Statistik nach zumindest so, dass er weder positiv noch negativ herausragte – da führten ja einige Landkreise in Sachsen wochenlang die traurigen Corona-Charts. Nun schoss dieser Kreis aus dem Nichts auf Platz 1 dieser Liste: mit aktuell 555 Inzidenzen je 100.000 Menschen in den letzten 7 Tagen.

Die Landrätin gab dazu eine Pressekonferenz – und stellte in knapp 9 Minuten ihre Sichtweise dar:

Mit einigen erschreckenden Statements und Annahmen. Mich macht das gesamte Video in gewisser Weise fassungslos – vermutlich war die gute Frau auch nur ein Dreiviertel Jahr im Dornröschenschlaf, wer weiß? Nur um das Ergebnis schon mal mal vorweg zu verraten: Wer konkret Konsequenzen erwartet, wird leider enttäuscht werden. Dazu geht sie absolut nicht ein.

Sparda Bank Hamburg - Am Nutzer vorbei

Die Sparda-Bank Hamburg hat Ende letzten Jahres ihre IT-Systeme umgestellt – schreibt sie auch groß auf ihrer Webseite.

Nun war ich wieder in der Filiale – und wollte Überweisungen am Terminal vornehmen. Und musste warten. Warten, weil der, der gerade vor dem Gerät stand, damit nicht klar kam. Was auch kein Wunder war. Hinter mir warteten auch schon einige. Aus sicherer Entfernung sah ich, wie der Typ mehrfach zwischen dem Bildschirm und der Erklärtafel daneben blickte.

Ich fragte den Mann, ob er vielleicht Hilfe braucht. Er schien sichtlich überfordert – an einem Überweisungsformular. Offensichtlich sprach er eine andere Sprache als ich – und so habe ich nur Fragmente verstanden. Zum Glück war es nicht mein erster Besuch – und wäre wohl an der selben Stelle gescheitert. Ich schaffte es aus sicherer Entfernung (Reminder: Corona), ihn soweit zu lotsen, dass er seine Überweisung erledigen konnte.

Dieses Muster hatte ich zuvor in einer anderen Filiale, als mich jemand auf Englisch ansprach. Da der dortige aber nicht in der Lage war, seine Maske richtig zu tragen, verweigerte ich jegliche Hilfe und verließ die Filiale (die nur ein Terminal hatte).

Wenn ich mir das Formular anschaue, so lassen sich elementare Design-Fehler erkennen. Die zentrale Frage ist ja, was ich mit dem Formular machen will. Richtig: Überweisen. Doch welche Optionen stehen zur Verfügung? Prüfen und Löschen.

Und “Löschen” ist da platziert, wo üblicherweise etwas wie “Weiter” steht, wo es also in der Sache vorangeht. Der Typ hatte also alles eingegeben – und klickte dann eben auf Löschen. Erwartungstreue. Würde ich auch nicht anders machen, wenn ich die Sprache nicht verstünde. Es gibt ja auch keine erklärenden Piktogramme.

Als ich das erste Mal davor stand, grübelte ich nämlich auch. Nein, ich will nicht prüfen. Es wird doch alles richtig sein – denkt man ja. Ich meine: was soll auch geprüft werden? Den Geldbetrag? Den Empfängernamen? Der Zweck? Das einzige, was sinnvoll zu prüfen ist, ist die IBAN – dank der Prüfzimmern. Der wird doch wohl bei der Eingabe der IBAN diese prüfen?

Fehlanzeige! Die IBAN wird erst nach “Eingabe prüfen” validiert. Und hast du einen Fehler, kannst du ihn nicht sofort korrigieren – du musst wieder zurück. So bescheuert ist kein anderes System, was ich kenne. Jeder Online-Shop validiert sofort deine IBAN. Es gibt Standard-Prüffunktionen, ob eine IBAN gültig ist oder nicht. Das machte auch die Sparda-Bank früher so. Warum diese Rolle rückwärts in die Steinzeit?

Andere Funktionen, die dagegen nützlich sind, gehen ein wenig unter: “Als Vorlage unter folgenden Namen speichern” – Nicht essentiell für die Überweisung nötig, aber man erspart sich bei wiederkehrenden Zahlungen die erneute Eingabe für IBAN, Zweck und Co, weil man die dann aus einer Liste auswählen kann. Versteht das jemand? Wenn die Überweisung ausgelöst wurde, ist es zu spät. Dann kannst du es erst mit der nächsten Überweisung wieder speichern…

Ist man dann fertig, steht die nächste Hürde an: der Auswurf der Karte. Früher wurde die Karte sofort ausgeworfen – nun muss man explizit die Herausgabe anfordern. Nein, ich möchte keine Statistiken sehen, wie häufig Karten in Geräten zurück gelassen werden.

Ich würde mir mehr wünschen, wenn User Experience auch bei der Oberflächengestaltung berücksichtigt werden würde.

Corona: Saarländisches Werbeverbot

Bisher war das Saarland in Sachen Corona recht unsichtbar. Bei den Infektionszahlen stachen sie weder positiv noch negativ heraus, weder Ministerpräsidentin noch Bildungsminister fielen über Gebühr durch krude Vorstellungen oder Verfehlungen auf und ich nahm in meiner Filterblase keine nennenswerten Ereignisse wahr.

Nun gibt es das ominöse Werbeverbot. Ich zitiere den Saarländischen Rundfunk:

Geschäfte und Discounter, die auch während des Lockdowns geöffnet haben, dürfen im Saarland ab dem 22. Februar nicht mehr für Artikel außerhalb des täglichen Bedarfs werben. Das Saarland führt als erstes Bundesland ein entsprechendes Verbot ein.

Mal salopp formuliert: Wenn ALDI mal wieder nen Laptop verticken will, so darf ALDI diesen nicht bewerben, solange der MediaMarkt nebenan wegen Corona geschlossen ist.

Ich habe mir noch keine abschließende Meinung zu dieser Idee gebildet.

Bei mir aufgeschlagen ist das Thema durch folgenden Kommentar:

Im Frühjahr 1975 wird Werbung in der DDR faktisch verboten. Erlaubt ist sie nur noch für einzelne Bereiche, etwa für Kulturpolitik, Lotterie und die Teilnahme an Messen.
Im Februar 2021 folgt das Saarland.

#Werbeverbot #SPD

Weitere mussten die Herkunft von Erich Honecker betonen (Wer es nicht weiß: er wurde in Neunkirchen geboren, was heute zum Saarland gehört)

Was bewirken solche Kommentare? Vermutlich gibt es Leute, die sofort Applaus klatschen, klar. Ich gehöre zu denen, die sich dann fragen: Würde es ernsthafte Bedenken gegen diese Idee geben, so würde man diese auch artikulieren – und nicht so einen Blödsinn mit DDR als Universalkeule.

Ich selbst sehe vor allem zwei Sorgen in dieser Idee:

  • zum einen ist es wieder so ein Vorstoß eines einzelnen Bundeslandes. Warum bespricht man solche Ideen nicht im Kreise der Ministerpräsidenten? Diese Alleingänge einzelner Bundesländer ist doch das, was in dieser Pandemie am meisten nervt!
  • zum anderen ist es wieder eine kaum prüfbare Regelung. Zum einen stellt sich die Frage, ob vor oder in dem Geschäft geworben werden darf – und wo exakt die Grenze liegt. Zum anderen werden die Ketten ihre Werbemaßnahmen nicht an Bundeslandgrenzen ausrichten. Wenn also ALDI Süd einen neuen Laptop mit Fernsehwerbung promoten will, muss das dann im Saarland weggefiltert werden? Ehe es also ein Werbeverbot gibt, wäre ein Verkaufsverbot zielführender.

Das nur meine Gedanken zu dieser Idee. Und jetzt sollten wir uns auf die wichtigeren Fragen der Pandemie widmen: den Schulen, die Digitalisierung und Lernformate.