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Dresden

Die Flut, die die Mitbestimmung der Bürger fortspült

Wenn ich die Äußerung von Stanislaw Tillich, Ministerpräsident im Freistaat, zum Hochwasser in Grimma lese, so werde ich grimmig:

Ich bin dazu geneigt, die Mitbestimmung der Bürger bei so einem wichtigen Projekt außer Kraft zu setzen.

Wir schreiben das Jahr 11 anno fluctus (im Jahre der Flut): die neue Flut bricht herein. 5 anno fluctus begann der zehnjährige Bau der Hochwasserschutzwand. Deren Fertigstellung wird also 15 anno fluctus erwartet.

Nun will der Herr Ministerpräsident nicht wirklich erklären, daß die Planer und die Behörden – bei vollkommen ausgeschalteter Bürgerbeteiligung – noch vor Ende des ersten Jahres schon baubereit gewesen wären. So gesehen kommt für diesen Griff ins Klo die Flut zwei Jahre zu früh.

Oder will er bei solchen wichtigen Bauprojekten auch die Spielregeln der öffentlichen Auftragsvergabe gleich ebenso über Bord werfen. Irgendein gut befreundeter Bauherr wird sich im schwarzen sächsischen Sumpf schon finden lassen (Danke, Nini).

Die Rabattierung der Parkgebühren in Pillnitz

Wahnsinn: die sächsische Regierung hat vor einigen Monaten die wahnsinnig originelle Idee gehabt, Eintrittsgebühren für den Besuch der Parkanlage des Pillnitzer Schlosses zu verlangen (In Berlin ist so ein Szenario dank der Stiftung Preussischer Schlösser und Gärten nicht möglich). Die Einwohner liefen Sturm, einige kritisierten es völlig. Andere verstanden die Finanzlage, kritisierten aber, daß die Zahl der Ein- und Ausgänge auf zwei reduziert wird — und viele Wegeverbindungen durch den Park nicht mehr sinnvoll sind (Ausgangsschleusen sind nun wahrlich kein Problem. Eingangsschleusen für Jahreskartenbesitzer auch nicht).

Der Aufschrei ist natürlich groß. Die Oberbürgermeisterin darf es richten — und bekommt die Gemüter nicht zufrieden gestellt. Vier Wochen nachdem der Eintritt eingeführt worden ist, kommt plötzlich — wie aus heiterem Himmel — die Botschaft, daß Stromabnehmer der Drewag und Zeitkarteninhaber der DVB die Jahreskarte zum halben Preis bekommen.

In der Lokalzeitung kann man so schöne Sätze lesen wie:

  • »Bei der Zusammenarbeit handelt es sich nicht um Sponsoring sondern um eine Kooperation zum gegenseitigen Nutzen«, Stadtsprecher Kai Schulz
  • Es handelt sich um eine gegenseitige Kooperation, die wir mit 200 anderen Partnern auch haben. Dabei fließt kein Geld", Drewag-Sprecherin Gerlind Ostmann

Der berühmt berüchtigte sächsische Sumpf hat wieder zugeschlagen. Dieser Rabatt konterkariert das eigentliche Ansinnen des Eintritts enorm — denn es schmälert dem Punkt, ab dem der Eintritt überhaupt wirtschaftlich ist. Ob es überhaupt sinnvoll ist, steht dann auf einem anderen Blatt. Der Slogan der Bürgerinitiative ist zumindest recht witzig: Freiee Park für freie Bürger.

(Quelle: Dresner Neueste Nachrichten vom 25.04. sowie alte Pressemeldungen zu Dresden)

Gratis pinkeln beim Kneiper

Aus den Dresdner Neueste Nachrichten vom 7.03.2012

Weil immer mehr Männer in die Ecken, Büsche, Hinterhöfe und Hauseingänge der Äußeren Neustadt urinieren, soll die Stadt den Gastwirten einen Obolus zwischen 40 und 80 Euro monatlich zahlen, damit Kneiper auch den Nicht-Gästen den Zugang zu ihren Toiletten gewähren. Kein Scherz. Der Antrag der Grünen unter dem Titel »Einrichtung von Netten Toiletten« fand im Finanzausschuss eine breite Mehrheit mit nur einer Enthaltung von der FDP.

Ob ich mal zum Spaß so einen Antrag auch bei uns stellen sollte... ;-)

Bürgerfragestrunde im Dresdner Stadtrat

Ein Novum in Dresden: Dresdner können im Stadtrat Fragen stellen.

Auf Antrag der Dresdner SPD-Fraktion ist ein Antrag durchgegangen, nach der zweimal im Jahr Büger ihre Fragen direkt in die Stadtratssitzung einbringen dürfen. Das ganze ist begrenzt auf 60 Minuten. Im oben erwähnten Zeitungsartikel werden schon weitere Aspekte deutlich: 15 Tage vorher sollen die Anfragen eingereicht werden, maximal drei Unterfragen sowie zwei Nachfragen. Und man grenzt bestimmte Dinge aus: so sollen keine Fragen gestellt werden dürfen, die schon einmal beantwortet worden sind.

Mal Hand auf Herz: welcher Bürger, der mal die Gunst der Stunde nutzen möchte und eine Frage an den Stadtrat stellen will, wird erst vorher recherchieren, ob diese Frage nicht schon einmal gestellt worden ist. Mal davon abgesehen können Fragen zu unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedliche Antworten erzeugen.

Zum Vergleich mit unseren Bezirk: die Bürger haben zu jeder (!) ordentlichen Sitzung die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Diese müssen ca. 3 Tage vorher eingereicht werden. Jede Frage kann bis zu zwei Nachfragen enthalten. Das ganze Prozedere ist auf 45 Minuten begrenzt (der Rest wird schriftlich beantwortet). Und im Moment läuft noch die Debatte, ob nicht auch Bezirksverordnete zu den Bürgeranfragen nachfragen dürfen.

Bürgerentscheid zu den Dresdner Krankenhäusern

Es hat nahezu 7 Jahren gedauert, bis es nach der umstrittenen Waldschlößchenbrücke einen erneuten Bürgerentscheid gibt: am 29.01. ist es wieder so weit. Die Dresdner dürfen über die Zukunft ihrer Krankenhäuser entscheiden.

Die zentrale Frage lautet:

Sind Sie dafür, dass die Krankenhäuser Dresden-Friedrichstadt und Dresden-Neustadt Eigenbetriebe der Stadt Dresden bleiben?

Verkehrsprojekte in Ostsachsen

Der Spiegel befaßte sich in der Ausgabe 48/2011 mit der Frage: Werden Steuergelder in Milliardenhöhe für unsinnige Schnellstraßen verschwendet? — und belächelt einige Straßenbaumaßnahmen vor allem in Ostsachsen.

Es ist Montag, 16.14 Uhr, als bei Niedercunnersdorf in Sachsen der Verkehr stockt. Ein Traktor aus altem DDR-Bestand knattert mit Tempo 15 über die Bundesstraße 178; wegen des Gegenverkehrs kann er eine knappe Minute lang nicht überholt werden. Dann biegt das Gefährt rechts ab, und es geht wieder flüssig voran in der südlichen Oberlausitz, nahe der polnischen Grenze.

Aber es ist leider nicht ganz so einfach, wie es der Autor in dem Artikel da beschreibt, um nicht zu sagen: er differenziert viel zu wenig.

Speziell der östliche Teil Sachsen hat keine Verkehrsprobleme, um diese nun mit besseren und schnelleren Straßen lösen zu können. Der einzige Engpaß ist höchstens der hohe LKW-Verkehr auf der A4 Richtung Polen. Das Gebiet droht auszusterben. Löbau hat bspw. seit der Wende gut ein Drittel seiner Einwohner verloren. Wer irgendwie nicht völlig immobil ist, orientiert sich nach Dresden. Zieht weg. Und diese Verkehrsprojekte haben das Ziel, die Erreichbarkeit zu verbessern — mit der Hoffnung, Leute halten zu können.

Man kann nun diskutieren, ob Verkehrsmaßnahmen Strukturprobleme lösen können — und ob das das richtige politische Ziel ist. Aber ein Bauvorhaben mit den romantischen, tuckernden Traktoren zu belächeln, ohne auf den eigentlichen Grund einzugehen, hilft in der Debatte nur wenig weiter.

Im übrigen waren in dem Gebiet in früheren Planungen noch viel mehr Autobahnen vorgesehen. Die im Text thematisierte B178 war ursprünglich als einstige A17 geplant (Bautzen-Zittau) geplant worden. Zusätzlich zur A18 (Zittau — Görlitz — Cottbus) und einer parallel zur A4 führenden A16 zwischen Weißwasser und Leipzig.

Die Königsbrücker Straße - Wenn der Pflug durchs Gehirn fährt!

Ich wohne ja nun schon einige Jahre in Berlin, dennoch verfolge ich gerne noch aus der Ferne, was in der sächsischen Landeshauptstadt passiert. Und ein Thema, was schon seit mehr als 15 Jahren die Stadt beschäftig ist — nein, ausnahmsweise nicht die Waldschlößchenbrücke — die Sanierung der Königsbrücker Straße.

Das Rentner-Picknick in Dresden

Vor einigen Tagen wurde nun der symbolische Akt der Waldschlößchenbrücke vollzogen und der Brückenbogen eingehangen. Damit schafft es Dresden wieder einmal in die nationale Presse:

Regelmäßig trifft sich Michalzik in einer Gaststätte neben der Baustelle mit anderen Brücken-Befürwortern. Sie nennen das »Brückenpicknick«. Es gibt Glühwein und Baupläne. »Nur der Altersdurchschnitt ist eben nicht mehr so jung hier«, sagt Christiana Schädlich, 68, und schaut sich um. Keine Frage: Es ist ein Treffen der alten Generation. »Ich verstehe das nicht. Schließlich profitieren doch die jungen Leute am meisten von der neuen Verkehrsanbindung«, sagt Schädlich und marschiert davon.