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Erster Arbeitsentwurf für HTML 5 - ein Überblick

Gestern ist der erste Entwurfsstand für HTML5 veröffentlicht worden. Eine kleine Übersicht mit Kommentaren über die Änderungen:

  • Irrsinnig ist der Versuch, klassisches HTML wieder zu erlauben.
  • Löblich ist dagegen der Versuch, daß an der für XHTML2.0 geplanten Überschriftenstruktur festgehalten wird. Anstelle von h1 bis h6 gibt es nun header für Überschriften, deren Level durch die Verschachtelung von section-Elementen festgelegt wird. Unkonsequent ist dagegen, die bisherige Überschriftenstruktur nicht abzuschaffen (oder wenigstens aus Kompatiblitätsgründen als mißbilligt einzustufen). [Siehe Anmerkung]
  • Nachdem die gesamten Frames und konsequenterweise auch das target-Attribut schon rausgeflogen sind, kommt zumindest iframe und target wieder. Was soll das?
  • In wie weit man die neuen Elemente article (Auszeichnung eines Textabschnitt als Artikel), time, meter (Einheiten) und einige andere nützlich sind, wird man sehen.
  • Mit dialog schafft man die Möglichkeit, Gesprächsdialoge abzubilden. Aber wirklich nur Dialoge! Keine Dreiergespräche — und wirklich nur mit abwechselnden Passagen (Technisch identisch mit Defintionslisten). Also praktisch unbrauchbar.
  • Genial ist das figure-Element, mit dem man verschiedene Elemente (vor allen Bilder und Medien) mit einer Bildbeschreibung kombinieren kann. Interessant dürfte die Darstellung im Browser sowie die Positionierung im CSS werden. Dieses Element liefert dann die optimale Lösung für die Prolematik der semantischen Bildunterschriften.
  • audio und video ist eine sinnvolle Erweiterung (ob nun mit oder ohne OGG-Format)
  • detail könnte eine brauchbare Erweiterung sein, um ggf. Nebensächlichkeiten gut zu verstecken.
  • Das Attribut type für Eingabefelder in Formularen soll um verschiedene Typen erweitert werden, so beispielsweise »email«, »url« oder Zeitangaben. Diese Typen werden im Browser hinsichtlich ihrer Korrektheit geprüft. Eine nette Idee, nur verleitet das zur Nachlässigkeit, diese Prüfung auf dem Server statt finden zu lassen (Sicherheit). Zudem dürfte es mit den Zeitformaten der verschiedenen Kulturkreise problematisch werden. Ausweg: Internationales Datumsformat (YYYY-mm-dd. Ehrlich: wer schreibt das schon freiwillig so?) oder ein zusätzliches Attribut für erwarteter Kulturkreis (Wie stellt man das dar?). Aber wozu das ganze eigentlich?
  • Die Elemente b, i und small verschwinden doch nicht, sondern werden umdefiniert. »i« soll nun für Wörter stehen, die man im Kontext anders ausspricht (z.B. Fremdwörter) und »b« soll für Schlüsselwörter stehen. Das läßt sich in fünf Jahren HTML-Einsteigern auch besonders gut vermitteln ... b wie keyword. Und »small« soll für das sogenannte Kleingedruckte stehen. Diese Lösung wird für Verwirrung sorgen — und letztendlich dazu, daß sie kaum korrekt angewendet werden wird. Ich kann ja den Wiederstand gegen die Entfernung der Elemente »b« und »i« verstehen, aber dann laßt sie als mißbilligte Kinderkrankheiten am Leben!
  • Die Mehrheit an phyischen Elementen (»strike«, »center«, »font«, ...) und Attribute (»align«, »bgcolor«, ...) verschwindet. Dafür gibt es schließlich CSS.
  • Schwachsinn ist, daß font-Element zu erlauben, wenn der Code zuvor gekennzeichnet wurde, mit einem grafischen Programm (WYSIWYG) erstellt wurde.
  • acronym für Abkürzung wird verschwinden, statt dessen wird auf abbr verwiesen. Warum nicht?
  • Das Attribut accesskey (mit einer Tastenkombination springt man in ein bestimmtes Eingabefeld) für Formulare verschwindet. Das nutzt vermutlich eh keiner — oder hast du es auf dieser Seite bei einem Kommentar schon je einmal angewendet? (Probier es aus: im Code habe ich es verwendet)

Weitere Informationen: die aktuelle Entwurfsfassung und das aktuellen Änderungsdokument.

Fazit: Es sind durchaus einige nette und schöne Ideen dabei. Im Großen und Ganzen sollte man aber HTML 5 begraben — und stattdessen weiter am radikalerem XHTML 2.0 weiter arbeiten.

Was denkst du zu den Veränderungen für HTML?

Anmerkung: richtig sauber ist die Definition des header-Elementes noch nicht, zumindest klingt es nach einem kleinen Widerspruch:

The header element represents the header of a section. Headers may contain more than just the section´s heading

Im ersten Satz ist zu lesen, daß der header-Element die Überschrift eines Abschnittes repräsentiert (synchron XHTML 2.0-Ansatz). Der zweite Teil besagt, daß der header mehr enthält als nur die Überschrift beinhalten kann. Also repräsentiert er nicht, sondern ist nur ein Sammelbehälter.

Bisherige Kommentare (2)

Kommentar von Thiemo

Dieser Vorstoß am W3C vorbei wird noch viele, viele Diskussionen auslösen. Was ich an der aktuellen Fassung des Entwurfs ganz spannend finde, ist die Art und Weise, wie die Elemente b, i und small beschrieben werden: Das entspricht ganz genau der in der Wikipedia gelebten Praxis. Überhaupt ist HTML 5 ja in erster Linie so zu verstehen, dass es ganz pragmatisch lediglich die Dinge in einem Standard nachlesbar festhält, die in der Praxis sowieso schon so gemacht werden. Dass man vieles davon anders machen müsste, ist richtig (das ist XHTML 2), aber das würde niemand annehmen, weil es zu weit an der aktuellen Praxis vorbei geht.

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