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Kulturhauptstadt Essen vs. Görlitz

Am 11.04. fällt die Entscheidung, ob Essen oder Görlitz die Kulturhauptstadt 2010 werden wird.

Essen tritt stellvertretend für das Ruhrgebiet an, schließlich liegt es im Zentrum — und galt damals auch als inoffizielle Hauptstadt dieser Region. Die Industrie brach zusammen — und nun schaut man, wie man aus den Errungenschaften einer vergangenen Zeit wenigstens noch etwas Brauchbares herzaubern kann. Alte Fabriken gab es genügend: also dienen alte Hochöfen als Kletterwand, ein altes Kokereigelände wird zum Freibad, alte Hallen eignen sich für Discos, ein Museum hier, ein Atelier da. Fertig ist die neue Touristenattraktion. Das soll nicht bedeuten, daß das, was Essen getan hat, schlecht ist. Sie haben aus der Situation heraus das Beste getan, was sie konnten. Aber ob das nun unbedingt würdig für den Titel einer »Kulturhauptstadt« ist? Immerhin erhielten sie für die Zeche Zollverein schon eine Würdigung als Weltkulturerbe.

Doch man sollte auch einen Blick in die Stadt werfen: einen besonderen Charakter hat sie nicht, es ist eine Industriestadt. Das Zentrum besteht aus Hauptbahnhof, einer Autobahn A40, einigen Wolkenkratzern und einer größeren Füßgängerzone mit unzähligen Geschäften. Der Großteil ist Stadtbildes ist geprägt von Nachkriegsbauten (auch Essen wurde bombardiert). Im Süden gibt es einige grüne Gegenden (aufgestaute Ruhr als Baldeneysee, Stadtwald, Grugapark). Auch im Bereich von künstlerichen Darbietungen gibt es in Essen einige Möglichlichkeiten (größtes Kino Europas, Oper, Theater, ...) — nur man sollte die Möglichkeiten auch im Verhältnis zu den Einwohnern sehen: 590.000 Einwohner. Zehn Städte grenzen an Essen an, davon ist nur eine kleiner als Görlitz selber.

Das Stadtbild von Görlitz ist dagegen geprägt von zahlreichen, gut erhaltenen Baudenkmälern, die die einzelnen Epochen (Mittelalter, Renaissance, Jugendstil, ...) widerspiegeln. Viele von ihnen stehen heute unter Denkmalschutz. Im Zweiten Weltkrieg hatte der Ort keine großen Schäden davon getragen, dafür wurde die Stadt danach im Zuge des Oder-Neiße-Grenzverlaufes geteilt. Ähnlich wie Berlin, nur daß man diese Stadt nach der Wiedervereinigung nicht so einfach wieder zusammenbringen kann: es sind nun zwei verschiedene Nationalitäten, zwei Sprachen, zwei Kulturen (und noch zwei Währungen). Görlitz hat daher diesen Schritt nicht alleine getan — sondern hat den polnischen Nachbarn mit ins Boot geholt und hat eine interkulturelle Bewerbung als Gesamtstadt Görlitz eingereicht.

Am 11.04. wird gegen 11:30 die Entscheidung bekannt geben: ich drücke Görlitz, nicht nur wegen der Nähe zu Dresden, die Daumen!

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Update: Schlechte Neuigkeiten, Essen ist im Finale vorletzter geworden — Görlitz hat es nicht geschafft!

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Bisherige Kommentare (6)

Kommentar von Nini

Ich möchte nur anmerken — das Kriterium, welche Stadt Kulturhauptstadt wird, kann nicht alleine sein, ob sie hübsch (Görlitz) oder hässlich (Essen) ist. (Zumal ich Zgorzelec aus der Ferne auch mehr als hässlich fand..) Viel interessanter ist doch, was als »gelebte Kultur« stattfndet. Der europäische Gedanke, der in Görlitz verfolgt wird, ist interessant — man muss sehen, was sich daraus entwickelt. Vielleicht ist auch gerade der Gegensatz Görlitz — Zgorzelec ganz interessant.
Doch auch der Versuch, aus dem alten Industriezentrum Ruhrgebiet etwas neues zu schaffen, ist durchaus einen zweiten Blick wert. Welche der Städte nun den Status als Kulturhauptstadt verdient, kann ich nicht wirklich beurteilen, ich kenne beide Städte nur aus Kurzbesuchen..
Sicherlich gehen die Präferenzen mehr in Richtung Görlitz, aber das liegt eher daran, dass es in der Region ist ;-)

Kommentar von René

Naja das war dann wohl leider nichts. unverständlich für mich, aber wahrscheinlich haben dazu auch die stadt görlitz selbst geführt, da die stadt nicht viel unterstützung gegeben hat sonder nur das dafür eigens eingerichtete Büro geackert hat. Außerdem haben so kleinere »Skandale« wie eingepflastertes Hackenkreuz auf öffentlichem platz und noch solche sachen kurz vor der entscheidung nicht unwesentlich dazu beigetragen!

Kommentar von Steffen Kaufmann

Essen muß man einfach mal gesehen haben. Mehr möchte ich dazu nicht sagen, außer dass Görlitz schon mehr Wind hätte machen können. Von der Basis her, inklusive Bautzen und Zittau. Natürlich ist die Stadt klein und hat kein Riesenbudget, aber jeder investierte Euro kam trotz der Niederlage schon jetzt wieder rein und ansonsten wirkte die Bewerbung sehr von oben aufgedrückt; das gab wohl den Ausschlag, der Sponsor RWE machte Essen bei der Jury sicherlich nicht symphatischer, aber trotzdem ein so gesehen verdienter Sieg für Essen.

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