Anträge zum Bundesparteitag für "Umwelt und Verbraucherschutz"
Teil 8 der Reihe „Jeden Tag eine Rubrik”. Ich fühle mich langsam gestärkt, auf das, was auf mich zukommt. Heute geht es um „Umwelt und Verbraucherschutz” (ohne Bindestrich). Und ich frage mich, wie beide Themen so richtig zueinanderpassen, zumindest gab es keine Querschnittsthemen. Der Leitantrag ist in diesem Bereich sehr deutlich: PA188!
PA014 – Schutz vor Verkehrs- und Industrielärmemissionen
Auf Lärm als Umweltbelastung hinzuweisen ist wichtig – und mindestens genauso notwendig wie einst auf Lichtverschmutzung. Aber ist sie eine der größten Umweltbelastungen? Ich möchte keine Abwägung mit radioaktiven Strahlenbelastungen, Chemniekatastrophen und Grundwasserverseuchung treffen wollen!
Die Antragsteller im PA014 möchten in den Genehmigungsverfahren von Verkehrsinfrastruktur- und Industrieprojekten verpflichtende Lärmprognosen erstellt sehen – und ich frage mich, was ihnen fehlt (Ich habe bei der A100 die Lärmprognosen in der Hand gehalten und studiert: es war jede einzelne Wohnung, jedes einzelne Stockwerk aufgelistet. Ob die Zahlen dann stimmen, sei dahingestellt…).
Ferner fordern sie eine Kartierung auf OpenData-Basis. Sehr wichtig. Bei der A100 gab es nur eine proprietäre CD, aus der sich mit viel Glück eine PDF erstellen ließ.
Weitere Maßnahmen:
- Fluglärmverkeht soll minimiert werden.
- Güterverkehr auf der nicht sanierten Schiene soll nachts nicht stattfinden (Es ist traurig, aber derzeit sollten wir über jeden rollenden Güterzug froh sein, den die Deutsche Bahn noch nicht auf die Straße geholt hat)
- Lärm auf der Straße vermeiden (Anwohneranspruch auf Lärmschutzmaßnahmen, wenn im Rahmen eines Umbaus 3db lauter wird). Zudem Absenken der Geschwindigkeit für LKWs in bewohnten Gebieten während der Nacht.
- Als Option gilt ein Nachtflugverbot in stark besiedelten Gebieten in verschiedenen Ausprägungen.
PA072 – Elektrokraftstoff statt Biokraftstoff fördern – Umsetzung der EU ichtlinie
Ich frage mich im PA072, ob man überhaupt Kraftstoff fördern muss. Wäre es nicht sinnvoller, Maßnahmen zu fördern, die weniger Kraftstoff benötigen. Also zu gut Deutsch: Maßnahmen, wonach weniger Blech tagtäglich durch die Stadt manövriert wird?
PA120 – Bestellerprinzip in die Mietwohnungsvermittlung integrieren Maklerprovisionen)
Das Thema im PA120 hat die SPD mittlerweile besetzt – und möglicherweise ist es bis zur Bundestagswahl schon umgesetzt. Nichts desto trotz ist ein klares Bekenntnis dazu wichtig!
Ein kleiner Faux-Pas: das Bestellerprinzip sagt nicht aus, dass nun immer der Vermieter bezahlen muss. Denn auch als Mieter hat man das Recht und die Möglichkeit, einen Makler zu ordern. Und in dem Falle, ganz klar, sollte der Mieter ihn bezahlen.
PA188 – umweltpolitische Ziele (Wahlprogramm 2013)
Der PA188 ist der Leitantrag für Umweltschutz und beinhaltet ein Sammelsorium an Punkten, die gut aufeinander abgestimmt sind. Es ist erkennbar, dass viele Leute zusammengearbeitet und abgestimmt haben.
Nachfolgend liste ich nur die Punkte auf, die mich stören:
- Atomausstieg in drei Jahren. Ich bin Realist: das ist sportlich. Ich befürworte das allererste Atomausstiegsgesetz. Es gab und gibt der Wirtschaft einen hinreichend langen Zeitraum (fast zwei Jahrzehnte), sich auf diese politische Forderung einzustellen. Nachdem Ausstieg des Ausstieges des Ausstieges nun noch einmal eine neue Debatte über die verbleibende Restlaufzeit zu beginnen, ist das falsche Signal. Bitte streicht die Jahre…
- „flächendeckende qualifizierte Mietspiegel” haben nichts mit Umwelt zu tun!
PA198 – Die Piratenpartei fordert die Bestimmungen zur Kanaldichtigkeitsprüfung auf Bundesebene zu regeln
Eine Sorge, die mir so noch nicht bekannt war. Ein Nieschenthema im PA198. Ich passe.
PA201 – Secure Boot
Für die Problematik des PA201 sollte der verlinkte heise-Artikel gelesen werden. Verständliches Problem. Nur können wir als einzelnes Land so eine Restriktion ins Gesetz kippen? Wobei: die Browserbündelung ans Betriebssystem wurde auch einst gekippt. Ich bin unschlüssig (siehe PA553)
PA208 – Verantwortungsvoller Umgang mit radioaktivem Material und Atommüll
Der Antrag P208 lehnt Gorleben, Asse und Morsleben ab. Ebenso die klassische Wiederaufbereitung. Dafür soll ein Entsorgungsnachweis erbracht werden. Verursacherprinzip ist wichtig. Nur klärt mich auf, wie soll der Kreislauf der alten Brennstäbe aussehen? Wo soll der Müll hin? In die Erde? Ins Wasser? Ins Weltall? Im PA188 wird wenigstens die Suche nach Lagerstätten gefordert.
Von daher: Ablehnen!
PA209 – Atompolitik
Der Antrag PA209 ist eine Kombination aus P208 und den Kernkraft-Themen des PA188. Folglich Ablehnen (wenn PA188 angenommen wird)
PA241 – Klimaschutz
Um Sorgen vor Erderwärmung und Klimawandel zu haben, bedarf es keiner unzähligen Belege und Zahlen. Ob und wieviel nun die Erde wärmer wird – es wird Spekulation bleiben. So hat die Einleitung einen sanften (aber nur sanften) Hang zu Verschwörungstheorien. Die Forderungen im PA241 dahinter sind aber vernünftig, wenngleich diese auch in abgeschwächter Form bereits im PA188 enthalten sind.
PA263 – Sondermülldeponien
Im PA263 möchte der Antragsteller sämtliche oberirdischen Sondermülldeponien durch Rückbau sanieren. Die Absichtung oder Abkapselung wird abgelehnt. Nebenbei wird auch gleich Transparenz gefordert: die Veröffentlichung aller Meßergebnisse (und sofern nicht existent: Anstoßen der Untersuchungen). Anschließend Sanierungsprojekte. Und verursachungsgerichte Kostenverteilung.
Zunächst hat der Antrag einen Logikfehler: die neuen Gutachten müssen unabhängig sein. Implizit zweifelt man also an, dass es die Behörde nicht richtig machen kann oder will. Hat sie aber schon Gutachten angefertigt, dann ist es ok.
Wenn der Antragsteller die oberirdischen Deponien geschlossen sehen will, so, meine Interpretation, will er sie in den Untergrund verlagern.
Nun habe ich mich ja erst kürzlich mit Altlasten am Spreeufer befasst und bin noch nicht zu einer endtgültigen Meinung durchgedrungen, ob eine Totalsanierung das Ziel jeglicher Forderung ist oder ein angemessener Kompromiss aus Risiko und Aufwand.
In tendiere zur Ablehnung. Und hoffe, dass zum nächsten Parteitag eine der AGs, die den PA188 auf die Strecke gebracht haben, sich ebenso diesem Thema widmen.
PA321 – Verbandsklagerecht für Verbraucherschutz- und Datenschutzorganisationen
Der Antrag PA321 möchte für Verbraucher- und Datenschutzorganisationen eine Verbandsklagemöglichkeit schaffen, in der sie Musterfeststellungsklagen einreichen können.
Über den Faux-Pas, dass dies Piratenpartei Niedersachsen fordert, reden wir nicht groß drüber. Passiert, darf so nicht beschlossen werden.
In der Sache würde ich hier viel weiter gehen: eine vollständige Verbandsklagemöglichkeit! Die Umweltschutzorganisationen haben sich die Möglichkeiten so allmählich erkämpft, nun Verbraucher und Datenschutz, an anderer Stelle des Parteibuches soll es auch für Tierschutz gelten. Ich bin ehrlich gesagt zu faul zu recherchieren, welche anderne Formationen es gibt (oder in Zukunft geben könnte). Zudem würde ich es auch nicht auf Musterfeststellungsklagen beschränken…
Einfach eine Verbandsklagemöglichkeit und gut:
Die Piraten fordern eine generelles Sammel- und Verbandsklagerecht, in der sie stellvertretend für mehrere Personen eine Klage einreichen können.
PA323 – Käfigeierkennzeichnung erweitern
Auch wenn es der Titel suggeriert, möchte der Antrag PA323 die Lebensmittel kennzeichnen, in denen Eier verarbeitet worden sind (und nicht die Eier selber. Es geht also nicht um den Eierstempel )
Der erste Satz des Antrages ist der eigentliche Antrag, der zweite völlig überflüssig – und alles danach Begründung.
Die Begründung passt nicht zum Antrag, sondern eigentlich will der Antragsteller Eier (bzw. darauf aufbauende Lebensmittel) aus dem Verkehr gezogen sehen, die aus Mitgliederstaaten stammen, in denen die EU-Käfighaltungspflicht noch nicht umgesetzt ist.
In Summe eine Niesche, die ich gerne zwei oder drei Ebenen höher ansehen möchte: Dokumentation von Lebensmitteln.
PA324 – Konsequente Offenlegung von Verstößen gegen Verbraucherschutz- und Lebensmittelrecht
Im Antrag PA324 wird eine „konsequente herstellerbezogene Veröffentlichung von Verstößen gegen Lebensmittelrecht” gefordert.
Der Antrag vermischt Begründung und Forderung, was sich witzigerweise auch in der eigentlichen Begründung wiederfindet: sie verweist nur auf den Antragstext. Der erste Absatz ist reisserich und geht so überhaupt nicht.
Auch inhaltlich habe ich Schmerzen. Natürlich hat die Öffentlichkeit ein Recht darauf, über Missstände aufgeklärt zu werden. Nun ist es so, dass mit der Veröffentlichung ein Rufmord einhergeht – und das teilweise zu einem Zeitpunkt an dem der Nachweis der Schuldigkeit noch nicht einmal vollbracht ist. Das Beispiel Sodexo ist gar nicht so lange her, der Fall wird in zwei Jahren dem Unternehmen anlasten.
PA389 – Möglichkeiten zur Reduzierung der Radiotoxizität von hochradioaktivem Abfall
Der Antrag PA389 baut auf dem Antrag PA118 auf – und fordert die Forschung für Transmutation (damit soll wohl die Radiotoxität von radioaktiven Müll reduziert werden).
Auch bei dem Antrag wäre es sinnvoller, einen Gang zurück zu schalten. Generelle Forschung zur Verringerung besagter Radiotoxität reicht völlig – und könnte den PA188 noch sinnvoll ergänzen. Aber wer weiß, welche Erkenntnisse uns bis zur Bundestagswahl noch vorliegen werden?
PA441 – Ablehnung von Hydraulic Fracturing (Fracking)
Der PA441 möchte das sogenannte Fracking als Gäsfördermethode komplett verboten sehen. Ich kann die Gefahren verstehen. Das mag unter den derzeitigen Gefahren verständlich sein.
Aber auch hier möchte ich appellieren: Forschung! Und Benennung von Alternativen, also in dem Fall konventionelle Bohrung (Ich mag positive Anträge).
PA471 – Klimapolitik
Der PA471 ist ein weiteres Bekenntnis zur Klimaproblematik.
Dieses Bekenntnis verlangt von uns als Partei, die Politik mitgestalten will, Konzepte vorzulegen, wie das Ziel erreicht werden kann.
Sorry. Entweder wir haben Konzepte, dann fordern wir deren Umsetzung und schreiben sie ins Programm. Oder wir haben keine. Wollen wir dem Wähler wirklich erklären, dass wir uns verpflichtet fühlen, Konzepte vorzulegen?
PA551 – Freie Softwareinstallation statt App-Store-Zwang
Der Antrag PA551 fordert, dass auf der heutigen Technik keine Barrieren existieren dürfen, die mich vor der Installation von Software hindert.
Und nun versuchen die Antragsteller jegliche Bedenken von vorn herein auszuräumen – und ruinieren damit diesen Antrag völlig.
Die Geräteindustrie schickt den Dummy-Nutzer vor – und dramatisiert die Debatte, in dem er ja Schadsoftware installieren könnte. Also, so die Antragsteller, darf die Bevormundung Werkeinstellung sein, aber auf Wunsch abschaltbar.
Nun folgt eine Definition, die – würde sie aus einem Ministerium kommen – sicher für Schmunzler sorgt:
Als “computerähnliche Geräte“ sollen dabei alle digitalen informationsverarbeitenden Systeme aufgefasst werden, deren Betriebssystem grundsätzlich die Möglichkeit bietet, zusätzliche Software zu installieren.
Im Folgenden bemüht man sich um Ausnahmen. Man zeige mir das Auto, auf dem ich eben Software installieren darf (Vielleicht gibt es das schon?)! Und für die Industrie brauchte es keine Einschränkungen. Da fummelt niemand herum und schickt ungetesteten Code in Produktion. Von daher würden gerade da die offenen Schnittstellen dazu führen, nicht mehr vom Hersteller einer Anlage dominiert zu werden. Das Kapitel der Frequenzen spare ich aus.
Die Kernaussage des Antrages ist die selbe wie im „Secure-Boot”-Antrag (PA201). Der Unterschied ist nur, dass sich das eine auf die Wahl des Betriebssystemes, das andere auf die Wahl von Software abzielt. Ich hätte gerne einen generischen Antrag, der sich gegen jegliche Form von Produktkopplungen ausspricht…
PA553 – Energiewende solidarisch finanzieren
Der Antrag PA553 fordert die Beseitigung der Befreiung von Großgewerben bei der EEG-Umlage. Er sollte unbedingt angenommen werden!
Es ist leider ein trauriges Beispiel von Clientel-Politik. Und in diesem Fall sind sowohl SPD und Grüne, die einst die Vorlage lieferten, als auch CDU und FDP, die die Hürde senkten, beteiligt. Sozusagen ein Wahlgeschenk, wenn es bis dahin nicht gekippt wird.
PA651 – Für sauberes und unversehrtes Grundwasser/Trinkwasser
Der Antrag PA651 will das Grundwasser vor Schäden bewahren. Damit das so ist, sollen ABC-Abfälle nicht unterirdisch eingelagert werden. Ich bin unentschlossen.
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