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Volksentscheid Zukunft

In Hamburg läuft ein weiterer Volksentscheid, der demnächst in die zweite Sammelphase geht: der Hamburger Zukunftsentscheid.

Hand aufs Herz: Wer ist nicht auch für Zukunft? Da kann man doch gar nicht dagegen sein, oder? Ich muss gestehen: ich finde solche nichts aussagenden Namen absolut nicht toll. Aber soviel zu B-Note.

Worum geht es? In Hamburg gibt es ein Klimaschutzgesetz. Und das geht den Initiatoren nicht weit genug. Also wollen sie es verschärfen.

Kurzzusammenfassung: Meine aktuelle Tendenz ist, diesem Ansinnen nicht zuzustimmen. Das Originalgesetz legt die Messlatte für die Zielerreichung sehr hoch, hat aber keine Konsequenzen beim Verfehlen. Würde man das in dieser vorgeschlagenen Form zum Gesetz werden lassen, sehe ich völlig unkalkulierbare Risiken für die Stadt.

Bestehendes Klimaschutzgesetz

Ausgangsgrundlage ist das Hamburger Klimaschutzgesetz. Zentrales Ziel ist in §4 definiert:

(1) Ausgehend vom Basisjahr 1990 und unter Bezugnahme auf die Gesamtsumme der Kohlendioxidemissionen in Anlehnung an die Verursacherbilanz der Freien und Hansestadt Hamburg soll das Erreichen eines möglichst stetigen Reduktionspfads wie folgt angestrebt werden:
1. bis zum Jahr 2030 eine Reduktion der Kohlendioxidemissionen um 70 vom Hundert (v. H.),
2. bis zum Jahr 2045 eine Reduktion der Kohlendioxidemissionen um 98 v. H.

Kurz gesagt: die Kohlendioxidemissionen in Hamburg soll bis 2045 um 98% gegenüber 1990 reduziert werden. Und ich habe keine Ahnung, was das in der Praxis bedeutet. Und ich wette, die meisten haben ebenso keine Ahnung. Ich traf sogar schon Leute mit Klemmbrett, die mir das auch nicht beantworten konnten.

Immer wieder schön in solchen Gesetzen ist ein Referenzzeitpunkt festzulegen – und nicht gleich die Zahlen ins Gesetz zu schreiben. Wenn ich dieser Zahl Glauben schenken darf, wurde also im Jahre 1990 20.549.000 Tonnen CO₂ in die Luft geblasen (ich fand aber auch schon andere Zahlen). Demzufolge dürfen es im Jahre 2045 nur noch 410.980 Tonnen sein. Nun gibt es dazu bereits Statistiken von Statistik Nord, hier sind die neusten Zahlen von 2022: es wurden noch 12.993.000 Tonnen erzeugt, also gibt es bereits eine Reduktion um 36,6%. Aus dem Bauchgefühl heraus: gar nicht so schlecht (wenn man betrachtet, dass der Luftverkehr noch zunahm und es 1990 noch keine SUVs gab).

Nun gehen wir in die Definitionen in §3:

Kohlendioxidemissionen, die durch den Verbrauch von Endenergie in der Freien und Hansestadt Hamburg verursachten Emissionen von Kohlendioxid nach der amtlichen Methodik zur Verursacherbilanz des Statistischen Amtes für Hamburg und Schleswig-Holstein für die Freie und Hansestadt Hamburg

Wir reden also nicht um CO₂ allgemein, sondern nur um den CO₂, der durch den Verbrauch von Endenergie in der Hansestadt Hamburg erzeugt wird. Dafür gibt es eine “amtliche Methodik”. Lese ich die Erklärungen, dann raucht mir der Kopf. Eigentlich geht es um verbrauchte Energieträger unter Berücksichtigung verschiedener Veredelungsverfahren. Wenn ich das mal ganz salopp formuliere: Wir wissen, wieviel Kohle verkauft wurde, nehmen implizit an, dass das alles verpulvert wurde. Und rechnen die Menge mit einen Faktor um, der dann das CO₂ dieser Kohle repräsentiert. Wir wissen auch wieviel Strom gezogen worden ist – und treffen Annahmen, wieviel CO₂ bei der Herstellung aufgebracht wurde. Aber schon in den Statistiken gibt es Hinweise auf unzureichende Datenlagen:

Eine Aussage über den Nutzenergieverbrauch (z. B. Nutzung für Heizzwecke, Licht, Antrieb von Maschinen etc.) ist nicht möglich, da hierfür gegenwärtig weder ausreichende statistische Erhebungen noch anderweitige Quantifizierungsmöglichkeiten vorliegen.

Und wir reden nur über Hamburg. Nehmen wir Benzin, so wissen wir bestenfalls noch, wo er gekauft wurde. Aber nicht, wo er verfahren wurde.

Das Ziel ist also Reduktion auf Basis dieser Methode. Und Konsequenzen bei Nichterreichung? Keine. Denn diese 410.980 Tonnen werden ja nur “angestrebt”. Es ist eine Zielmarke. Böse Zungen könnten nun sagen: ein zahnloser Tiger. Das schlimmste, was also der Regierung passieren kann: ein wenig Haue von der Opposition bei parlamentarischen Anfragen.

Wesentlich spannender sind die anderen Abschnitte des Gesetzes. Also da, wo es nun konkret wird, was gemacht werden soll. Drei Beispiele aus dem bestehenden Gesetz:

  • keine Stein- und Braunkohle mehr für Fernwärme
  • Pflicht für Grünsolardächer
  • Photovoltaik auf Parkplatzanlagen

Das sind Forderungen, die ich greifen kann. Das sind Forderungen, die ich im einzelnen gut oder schlecht finden kann. Das sind auch Forderungen, bei denen jeder erkennen kann, dass sie für ein Gesamtziel in die richtige Richtung gehen. Und die vor allem jeder auch prüfen kann. Nur ein Beispiel: In §29 Abs. 2 steht:

Beim Bau oder Umbau von öffentlichen Straßen sind die Ziele dieses Gesetzes zu beachten und zu fördern. Es wird darauf hingewirkt, dass diese den Erfordernissen eines attraktiven und sicheren Fahrrad- und Fußgängerverkehrs entsprechen.

Schaue ich mir einige der letzten Sanierungen in Hamburg an, so scheint das Gesetz noch nicht in jedem Planungsbüro bekannt zu sein.

Und ehe ich es vergesse: Bekanntermaßen ist Natur ein wunderbares Mittel, CO₂ wieder in Sauerstoff umzuwandeln. Das Gesetz betrachtet aber nur die Emissionen. Und Begrünung kommt nur für die Dachgestaltung im Gesetz vor. Baumpflanzungen werden nach diesen Definitionen nicht gegengerechnet, es ist also keine Maßnahme gegen zu viel CO₂.

Die Initiative

Zentraler Aspekt ist nun, dass nicht mehr “angestrebt” wird, sondern dass künftig eine Verpflichtung gibt.

Ich zitiere den entsprechenden Paragrafen mit Ergänzungen und Streichungen:

(1) Ausgehend vom Basisjahr 1990 und unter Bezugnahme auf die Gesamtsumme der Kohlendioxidemissionen in Anlehnung an die Verursacherbilanz der Freien und Hansestadt Hamburg soll das Erreichen eines möglichst stetigen Reduktionspfads wie folgt angestrebt werden verpflichtet sich die Freie und Hansestadt Hamburg die CO₂ Emissionen wie folgt zu reduzieren:

1. bis zum Jahr 2030 eine Reduktion der Kohlendioxidemissionen um mindestens 70 vom Hundert (v.H.),
2. bis spätestens zum Jahr 2045 2040 eine Reduktion der Kohlendioxidemissionen um 98 v. H.

Mal salopp formuliert: aus der hohen Zielvorgabe mit der schwer nachvollziehbaren Metrik, die bisher aber konsequenzfrei war, wird nun eine Pflichtvorgabe in noch kürzerer Zeit. Und wenn die nicht erreicht wird, sollen Gremien tagen und neue, noch härtere Maßnahmenpläne geschmiedet werden.

Das erste Problem, was ich sehe: der Staat wird für den Erfolg seiner Maßnahmen verpflichtet. Aber der Staat kann diese eben nicht erzwingen. Der Staat kann dafür nur den Rahmen festlegen. Der Staat kann Maßnahmen einleiten, dass Autofahren unattraktiver wird. Ob die Menschen dann bspw. auf das Auto oder die Fahrt verzichten, liegt ja nicht im staatlichen Handlungsrahmen. Es sei denn, wir weiten unsere Bürokratie so auf, dass jede Fahrt oder Heizungsbenutzung vorab beantragt und genehmigt werden muss.

Das zweite Problem, was ich sehe: die örtliche Auswirkung. Die Zielvorgabe gilt ja nur für Hamburg. Und für Endenergie. Verlagere ich beispielsweise einen Produktionsbetrieb nach Norderstedt, ist das gut für Hamburgs Klimabilanz. Dann wird das CO₂ eben vor den Toren verballert. Allerdings dürfte das für den Arbeitsmarkt nicht so gut sein. Und das können wir auch eine Stufe größer denken: wahrscheinlich werden wir die Messlatten reißen – und ich stelle mir die Debatten vor, ob wir den Hafen nach Wilhelmshaven zum Europort verlegen. Das mag allgemein auch nicht die schlechteste Idee sein, fordern ja geradezu die Piraten auch eine gemeinschaftliche Lösung für den deutschen Nordseeraum. Aber es ist doch bescheuert, wenn so eine Maßnahme zur Verbesserung der Hamburger CO₂-Bilanz gemacht wird – und nicht, weil die großen, schweren Schiffe bereits den Tiefseehafen in Wilhelmshaven ansteuern und damit auch einiges an Fahrweg und CO₂ entlang der Elbe (inkl. Fahrrinnenvertiefung) einsparen.

Und das dritte Problem: es wird ja die Gesamtmenge an CO₂ eines Jahres ermittelt, dabei wird aber nicht unterschieden zwischen Konsum und Investition. Zugegebenermaßen macht es das noch komplizierter. Aber für die aus dem Gesetz resultierenden Debatten ist das nicht unerheblich. Wenn der CO₂-Wert zu hoch ist, ist es am einfachsten die Investitionen zu hinterfragen? Ähnlich wie beim Haushalt: die Kommune ist klamm, also wird die Schultoilette nicht saniert.

Der CO₂-Ausstoß ist zu hoch? Da können wir unmöglich diese Straßenbahn noch bauen. Auch wenn die Maßnahme das Ziel und das Potential hat, das in der Zukunft CO₂ einzusparen. Und gerade Bau-CO₂ und fragwürdige Rechenmethoden kenne ich schon beim U-Bahn-Bau. Für die Haushalte sollte Doppik Standard sein: dann habe ich Investitionen noch auf der Guthaben-Seite. So ähnlich sollte man auch das betrachten, wenn 2038 oder 2039 (also die letzten Jahre vor der Zielmarke) noch irgendein Neubau entstehen soll.

Eine weitere essentielle Änderung ist die Sozialverträglichkeit der Maßnahmen. Bisher war sie im Gleichklang zur Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Nun wird diese hervorgehoben. Das finde ich durchaus in Ordnung.

Was der Volksentscheid dagegen gar nicht anfasst: die konkreten Maßnahmen. Hier wird nichts verschärft, hier wird nichts gestrichen, hier werden keine ergänzt. Aber genau hier sehe ich das Potential. Und genau hier könnte mich diese Initiative bekommen. Selbst in den Begründungen oder der FAQ finde ich dazu keinerlei Futter, wie man diese Ziele besser und gesicherter erreichen kann. Es wird nur auf die Finanzierbarkeit dargestellt.

Fazit

Ich bin kein Freund von quantitativen Zielen in Gesetzen, die auf schwer fassbare Metriken basieren. Ich bin ein Freund von Maßnahmen.

Elterngeld - Reform

Im Bundestag wird derzeit das Haushaltsfinanzierungsgesetz 2004 beraten, in dem Zusammenhang soll es auch Änderungen bzgl. des Elterngeldes geben.

Bekanntermaßen muss der Bund den Rotstift ansetzen – und dies betrifft alle Ressorts, auch das Familienministerium. Und dort haben die Grünen sehr subtil die FDP getrollt: mit dem Elterngeld. Eine Leistung, die wie eine Sozialleistung klingt, aber keine ist.

Nun stehen zwei konkrete Änderungen auf der Agenda, die sehr wahrscheinlich in das Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) einfließen werden – und zum 01. April 2024 in Kraft treten sollen:

  1. Reduzierung der Einkommensgrenzen
  2. Gleichzeitiger Bezug beider Partner auf einem Monat begrenzt

Bei den Einkommensgrenzen gab es Protest (siehe Petition) – und über die Auswirkung und das Einsparvolumen kann man ja gerne diskutieren. Aus Blick des Haushalts ist eine Einsparung zumindest nachvollziehbar, wenn Paare künftig über den neuen Grenzen liegen und keinen Anspruch mehr haben.

Beim gleichzeitigen Bezug habe ich so meine Zweifel. Schauen wir aber mal in den kommenden Paragrafen einmal rein (hier aus der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses) – und deren Beschlussfassung nun als sehr wahrscheinlich gilt:

Ein gleichzeitiger Bezug von Basiselterngeld beider Elternteile ist nur in einem der ersten zwölf Lebensmonate des Kindes möglich.

Soweit sogut, nun kommen die Ausnahmen:

Bezieht einer der beiden Elternteile Elterngeld Plus, so kann dieser Elternteil das Elterngeld Plus gleichzeitig zum Bezug von Basiselterngeld oder von Elterngeld Plus des anderen Elternteils beziehen. § 4b bleibt unberührt. Abweichend von Satz 1 können bei Mehrlingsgeburten und Frühgeburten im Sinne des Absatzes 5 sowie bei Kindern, bei denen eine Behinderung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ärztlich festgestellt wird und bei Kindern, die einen Geschwisterbonus nach § 2a Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Satz 3 auslösen, beide Elternteile gleichzeitig Basiselterngeld beziehen.

Mir bahnt sich die Frage auf, was diese Regelung im Haushaltsfinanzierungsgesetz zu suchen hat. Die Idee ist eine erzieherische Maßnahme: die Herren sollen mindestens einen Monat solo mit dem Kind verbringen. Als Sparmaßnahme macht diese Regelung nur dann Sinn, wenn nun diese Herren abgeschreckt werden, überhaupt Partner-Monate in Anspruch zu nehmen. Ansonsten wird mit dieser Maßnahme kein Euro eingespart, die Anträge werden nur anders gestellt – sofern keiner der Ausnahmetatbestände greift.

Aber was bedeutet nun diese Regelung in der analogen Welt?

  • Zunächst werden sich die Juristen mit den §§ beschäftigen und entsprechende Richtlinien erlassen. Das bindet Personal im Bundesfamilienministerium, am Ende aber auch in jeder Elterngeldstelle: die Sachbearbeiter müssen die neue Regelung mit den exakten Ausnahmen kennen.
  • Es werden Eltern verunsichert sein – und Fragen stellen. Auch bei den Elterngeldstellen. Sie wollen ja keine Ansprüche verlieren. Bindet auch da Ressourcen.
  • Dann müssen die Elterngeld-Anträge angepasst werden. Neben redaktionellen Änderungen dürfte vor allem der Behindertenstatus des Kindes abgefragt werden. Bisher wurde dieser nur für Geschwister abgefragt, weil es dafür auch mit älteren Kindern den Geschwister-Bonus gibt.
  • Während sich die meisten Bundesländer auf den einheitlichen Antrag geeinigt haben, gibt es Bundesländer, die zwingend auf einen eigenen Landes-Antrag bestehen, so bspw. Bayern . Sieht zugegebenermaßen nicht schöner aus, erhöht aber auch hier den Aufwand.

Nun kommen wir in die digitale Welt, also auch der Digitaltauglichkeit von Gesetzesänderungen:

  • Wenn sich der Antrag ändert, so ändert sich auch der Online-Dienst ElterngeldDigital. Die Entwickler freuen sich für die Aufträge. Wenn also der Behinderten-Status des Kindes dazu kommt, dann braucht es auch die Möglichkeit für einen weiteren Nachweisupload.
  • Je nach dem, wie gut oder schlecht die UserExperience ausfallen soll, braucht es Prüflogik. Also Warnhinweise im Monatsplaner bei Überschneidungen von mehr als 1 Monat, sofern eben keiner der Ausnahmetatbestände greift.
  • Die Bundesländer, die wiederum einen eigenen Elterngeld-Onlinedienst betreiben, müssen also auch hier zusätzlich entwickeln.
  • Wenn ein neues Feld benötigt wird, so soll es auch übertragen werden. Dafür gibt es den Standard XFamilie. Der sieht regulär nur Releases für Mai und November vor. Wird also mit April schon einmal unmöglich werden, wenn im Mai frühestens diese Änderung im Standard aufgenommen wird. Und mit der Veröffentlichung beginnt eine Frist, ab der diese Änderung dann bindend wird.
    • Anmerkung: Sehr wahrscheinlich wird dafür eine Handlungsanweisung geschrieben, damit zwischenzeitlich so eine Änderung vollzogen werden kann – was die leichtgewichtigere Lösung gegenüber einem Zwischenrelease wäre.
  • XFamilie ist an den einheitlichen Elterngeldantrag gekoppelt. Losgelöst davon müssen sich die Länder mit eigenen Anträgen noch einmal eigenen Hirnschmalz in die dortige Übermittlung stecken.
  • Am anderen Ende stehen die Fachverfahren, also die Software, mit der die Sachbearbeiter das Elterngeld bewilligen. Diese benötigen ebenso Updates. Mindestens das neue Feld muss angezeigt werden plus das Auslesen aus XFamilie. Und auch hier: je nach UserExperience ein Regelwerk, was prüft.

Und maßgebend ist das Datum der Geburt (vgl. §1 Abs. 3 BEEG). Sprich: auch Monate später können noch Leute Anträge nach den alten Regeln stellen, wenn eben das Kind noch im März zur Welt kam. Das muss der Online-Dienst können, das muss XFamilie vorsehen, dass muss das Fachverfahren erkennen.

Mal losgelöst von der vermeidbaren Mehrfacharbeit wegen fehlender Bereitschaft zur Einheitlichkeit: ich frage mich schon, ob dieser gesamte Aufwand diese Gesetzänderung es wert ist, wenn sie unter der Prämisse der Einsparung entstanden ist.

Aiwanger und das Flugblatt

Zugegeben: wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich häufiger bloggen. So bleibt in der Regel nur die Spitze des Eisberges über. Und die ist dieser Tage die bayrische Ulknudel Aiwanger.

Als er vor zwei Jahren mit seiner Biergarten-Kumpel-Rede auf sich aufmerksam machte, wirkte er wie ein Shooting-Star am bayrischen Kabarett-Himmel in den Fußstapfen von Stoiber:

Auch das Duett mit Gerlach zu Faxen und Online-Zugangs-Gesetz wäre weniger lustig, wenn das nur ein Sketch der Heute-Show gewesen wäre:

Zuletzt fiel er allerdings nur noch durch verwirrte Sätze auf:

Jetzt ist der Punkt erreicht, wo endlich die schweigende große Mehrheit dieses Landes sich die Demokratie wieder zurückholen muss

Ein Minister leugnet die demokratischen Prozesse und nimmt sich heraus, für eine wie auch immer geartete schweigende Mehrheit zu sprechen (Sarah Bosetti stellte bei extra3 diesen Satz in Kontext zu Gaulands Auswüchsen.)

Nun ist es aber doch ein wenig ernster geworden: ein Flugblatt als Gewinnspiel für einen Freiflug nach Dachau ins KZ. Man mag sicherlich diskutieren, wie ernst oder überspitzt so ein Zettel sein soll, in jedem Fall überstieg es nicht nur die Grenzen des Geschmacks.

Beeindruckend ist allerdings, wie unsouverän er damit umgeht. Anstelle dieses Pamphlet als eine Jugendsünde hinzustellen, von der er sich heute aufs Schärfste distanziert (oder wenigstens die Autorenschaft glaubhaft leugnet), kommen tagtäglich Puzzlesteine dazu, die kein klares Bild abgeben. Erst scholzt er herum und kann sich nicht erinnern. Dann war es der Bruder und er hat die Dinger nur eingesammelt. Es soll ein einschneidendes Erlebnis für ihn gewesen sein – und trotzdem die Erinnerungslücken? Die Tagesschau fasste es sehr gut zusammen

Und auch mit der Entschuldigung macht er alles falsch, was man in diese Moment hätte falsch machen können:

Ich bereue zutiefst, wenn ich durch mein Verhalten in Bezug auf das in Rede stehende Pamphlet oder weitere Vorwürfe gegen mich aus der Jugendzeit Gefühle verletzt habe.

Er bereut verletzte Gefühle. Und nicht eine Jugendsünde. Und weist damit die Verantwortung von sich ab. Um im selben Atemzug noch eine Kampagne gegen ihn und seine Partei zu wittern. Es mag sein, dass die SPD in diesem Fall nicht unbeteiligt war und den Stein ins Rollen brachte – und dabei auch den Zeitpunkt nicht dem Zufall überlies. Aber macht es deshalb dieses Flugblatt weniger schlimm?

Ebenso wurde es in Frage gestellt, ob solche Dokumente aus der Schulzeit überhaupt bzw. nach so langer Zeit relevant sein dürfte. Nun, als Minister ist er Person öffentlichen Interesses. Da gelten andere Maßstäbe. Würde er seiner inneren Berufung als Blödelbarde für bayrische Provinzbierzelte nachgehen, wäre das Argument stichhaltig.

Nun musste Söder sich mit der Frage der Entlassung beschäftigten. Und hier gibt es in der bayrischen Verfassung einige Sonderlocken, allen voran dass der Landtag der Ernennung und Entlassung von Ministern zustimmen muss. Bei der Abwahl könnte er sich auf die Opposition verlasen, doch bei der anschließenden Neuwahl könnte es schwierig werden. Aber all das hätte man wenige Wochen vor der Wahl auch hinnehmen können.

Und ohne Pause oder Zeichen der Reue tritt die Ulknudel erneut auf. Ins Deutsche transkribiert sagte er:

In 3 Stunden garantiere ich ihnen, dass wir jedem Ukrainer und Syrer erklären können: Das ist der Wurstsalat und den trägst Du dort an den Tisch – und das Geld, das holt der Andere. Da brauch ich keinen Deutschgrammatikkurs

Mal jenseits der Frage, dass auch Ukrainer und Syrer mit qualifizierten Berufsabschlüssen hier um Asyl suchen, wäre es jedenfalls wünschenswert, wenn der bayrische Wirtschaftsminister wenigstens die aktuellen Regelungen zum Zugang zum Arbeitsmarkt für Geflüchtete kennen würde.

In den ersten drei Monaten nach der Asylantragstellung darf keine Beschäftigungserlaubnis erteilt werden, bei Personen die in einem ANKER-Zentrum wohnen, gilt dies für die ersten neun Monate.

Wie auch immer: es ist nicht so sehr entscheidend, was Aiwanger in seinen Jugendtagen getan hat, es ist viel entscheidender, wie er damit heute umgeht. Für die bevorstehenden Wahlen kann ich nur hoffen, dass die Wählerinnen und Wähler ihm die Chance geben, seiner Passion zum Beruf zu machen: als Blödelbarde in bayrischen Provinzbierzelten. In einem Ministerium hat er jedenfalls nichts verloren.

Die Standleitung zu Porsche

Da hat also Christian Lindner in den Koalitionsverhandlungen mit dem Porsche-Chef direkt geschnackt und das Mysterium eFuels in den Koalitionsvertrag schreiben lassen. Nun regen sich alle über die FDP auf. Ich nicht. Ich rege mich eher über die Leute auf, die die FDP wählten. Oder das vielleicht künftig wieder tun.

Wir erinnern uns vor ein paar Jahren, als die Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen in den ermäßigten Mehrwertsteuer-Tarif wechselte. In Fachkreisen auch die Mövenpick-Regelung genannt. Sorry: dieses Geklüngel steckt in der DNA dieser Partei. Das ist hinreichend bekannt. Wenn 12% die FDP wählen, dann wollen diese Menschen das Geklüngel – oder nehmen es wenigstens tolerierend in Kauf. Wer ein Transparenzgesetz und ein Lobbyregister lieber will, der würde die Stimme besser bei der Piratenpartei setzen.

Das wirklich spannende aber ist: wie ist es dazu gekommen? Wieso hat der Porsche-Chef ohne Not mehr köpfe als nötig eingeweiht? Wieso hat er das Risiko des Publikwerdens erhöht? In seiner Gehaltsklasse sind selten Amateure unterwegs. Gab es etwa Meinungsverschiedenheiten mit Christian Lindner oder anderen aus der FDP? Oder wollten sie gar weitere Forderungen?

Die wirklich spannende Frage ist: Welche Agenda verfolgte Porsche?

Tramophobie

Es gibt Zitate, die manchmal sehr ungünstig altern. Und es gibt Zitate, die bereits mit ihrem Aussprechen schon veraltet sind. Zu letzterem gehört eine Aussage von Hamburgs Bürgermeister Tschentscher, die er heute hinter eine Bezahlschranke im Hamburger Abendblatt von sich gibt:

Auf Nachfrage wies Bürgermeister Tschentscher erneut und energisch die Idee zurück, eine Stadtbahn könne den Verkehr in Hamburg entlasten. Solche Bahnen seien “altmodische Stahlungetüme”, die ganze Verkehrsräume zerschnitten, so der Bürgermeister. Sie seien nicht mehr zeitgemäß, keine Metropolen baue solche Bahnen in ihr Zentrum. In Hamburg habe aufgrund der “empörten Proteste” kein Kilometer einer neuen Stadtbahn gebaut werden können.

Die Angst der Hamburger SPD vor Straßenbahnen nenne ich liebevoll Tramophomie. Als die SPD im Jahre 2011 mit dem Cum-Ex-Spezialist Olaf Scholz Bürgermeister wurde, wurde als erste Amtshandlung die Straßenbahnpläne eingestellt. Damals wollte er den Spurbus einführen, eine wirklich gescheiterte Verkehrsidee. Seitdem hat sich Hamburg ein trauriges Alleinstellungsmerkmal erarbeitet: es ist die einzige Mio-Stadt der Europäischen Union ohne Straßenbahn… geworden! Alle anderen Metropolen haben diese wieder eingeführt. Oder gar erweitert.

Es gibt Metropolen, die diese nicht im Zentrum haben, richtig. Zum Beispiel Paris oder London. Das hängt aber nicht mit “altmodischen Stahlungetümen” zusammen, sondern weil die U-Bahn-Netze im Zentrum so dicht und engmaschig sind, dass eine Tram nur bedingt Mehrwert liefert. Andere Metropolen wie Wien, Prag oder Barcelona lassen diese sehr wohl im Zentrum fahren.

Wie die SPD und das Abendblatt mit dieser Aussage zum Titel kommt, es sei eine klare Absage an die autozentrierte Politik sei, ist wirklich unbegreiflich.

Lastenradförderung

Eine wunderbare Alibi-Maßnahme zur Verkehrswende ist die Lastenradförderung: Wer ein Lastenfahrrad kauft, bekommt (je nach Zeitpunkt, Ort und Förderprogramm) einen Zuschuss. Das Thema taucht immer wieder mal regional auf, derzeit in Bremen. Hier gibt es einen Zuschuss von bis zu 1.250 €. Am 20. April ging es los, binnen weniger Stunden sei der Top wohl schon erschöpft

Die Nachfrage nach Zuschüssen für Lastenräder und Fahrradanhänger war so hoch, dass in den ersten 15 Minuten die Internetseite zusammengebrochen war. Innerhalb der ersten zwei Stunden sind nach Angaben der zuständigen Behörde 1.300 Anträge eingegangen. Zu Beginn sollen es zehn Anfragen pro Sekunde gewesen sein. [..] Insgesamt investiert Bremen eine halbe Millionen Euro für das Projekt. Die Behörde geht davon aus, dass sie damit rund 600 bis 800 Anhänger und Lastenräder fördern kann.

Solche Maßnahmen gab es auch in anderen Städten. Sie sind sehr einfach: mit einer überschaubaren Menge Geld kann man so tun, als würde man die Verkehrswende voranbringen. Und das schöne ist: es tut ja keinem weh.

Denn überlicherweise tun Maßnahmen der Verkehrswende weh: entweder durch die Umwandlung von Fahrspuren, durch den Wegfall von PKW-Stellplätzen oder die Veränderung von Ampelschaltungen. Wenn ich Menschen raus aus den Autos locken will, braucht es vor allem eines: eine gute und komfortable Fahrradinfrastruktur.

Wen erreiche ich denn mit dem Zuschuss zum Fahrradkauf? Überwiegend diejenigen Menschen, die ohnehin schon Fahrrad fahren. Vor allem auch die Menschen, die sich ein Lastenfahrrad grundsätzlich leisten können – und das betrifft nicht nur den restlichen Kaufpreis, sondern auch den dafür benötigten Platz (vor allem wenn man das Rad ungern im Straßenraum zurücklassen möchte). Und die auch die Möglichkeit haben, pünktlich um 12 Uhr so einen Antrag stellen zu können (weil sie bspw. nicht im Schichtdienst gerade arbeiten müssen).

Es ist vor allem ein Geschenk für Besserverdienende.

Glaubt wirklich jemand, dass man mit der Aktion auch nur einen Autofahrer davon bekehrt? Und vor allem, dass diese Lastenfahrräder dann rege in Benutzung sein werden?

Wesentlich zielführender als so eine Personenförderung wäre es, wenn die Stadt diese Lastenfahrräder selbst anschafft und sie den Bewohnern der Stadt zur Verfügung stellt. Entweder direkt oder bspw. über Stadtteilvereine. Dann können sie auch alle nutzen, vor allem werden die Lastenräder dann intensiver genutzt.

(Ich halte auch Förderungen zum Kauf von PKWs für falsch. Egal, mit welchem Antrieb.)

BGE und Gewerkschaft

Ich habe vor einiger Zeit schon meine Gedanken zum Bedingungslosen Grundeinkommen nieder geschrieben. Es sprechen so viele Punkte für diese Idee, so dass es von konservativen, liberalen, linken und progressiven Strömungen gleichermaßen aufgegriffen werden müsste. Aber vor allem aus dem Linken Lager kommen Beißreflexe, die ich nicht nachvollziehen kann.

Einen großen Verlierer wird es allerdings geben: die Gewerkschaften. Zumindest dann, wenn sie nicht in der Lage sind, sich auch in einer BGE-Welt neu zu erfinden. Wenn mit einem BGE die Arbeit nicht mehr für die Erwirtschaftung des Existenzminimums notwendig ist, sondern nur noch ein Hinzuverdienst ist, haben Arbeitnehmer per se eine bessere Stellung gegenüber Arbeitgebern – und können auf Augenhöhe reden.

Ausgangspunkt dieses Beitrages ist das Statement der Linken Arbeitsgemeinschaft Betrieb&Gewerkschaft Grundeinkommen: Bedingungslos gerecht?. Sie beziehen sich hier zunächst auf einen Artikel der Zeitung Welt.

Nach einigen Sätzen zur Euphorie stellen sie die Gerechtigkeit in Frage:

Ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle ist nicht gerecht. Die große Ungerechtigkeit des BGE liegt in seiner Bedingungslosigkeit. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Familien Albrecht die gleiche Unterstützung erhalten soll, wie die vielen Kassier*innen in den ALDI-Filialen.

(Die Kassier*innen ist nicht von mir!)

Ja, auch die Familien Albrecht, die absolut auf keinerlei staatliche Stütze angewiesen sind, würden eben auch ein solches Bedingungslose Grundeinkommen erhalten. Es findet eben keinerlei Prüfung der Bedürftigkeit statt.

Ist das schlimm? Nur wenn die Linken wirklich keinerlei Ideen und Vorstellungen haben, wie die BGE-Ausgaben auch zu finanzieren sind. Die Schatulle des Staates ist bekanntlich endlich.

Nun wird die Bedingungslosigkeit damit begründet, dass dadurch die Repressionen einer Bedürftigkeitsprüfung umgangen wird und der Familie Albrecht das BGE mit der Einkommensteuer wieder abgezogen wird. Aber erstens ist die Forderung nach der Abschaffung des Repressionssystems ohnehin Konsens in der Linken – dafür braucht es kein BGE – und zweitens ist es auch widersprüchlich erst ein Ende der Überprüfung der Einkommensverhältnisse zu fordern und dann über die Einkommensteuer einer solchen doch zuzustimmen.

Ja, man kann ohne BGE auch das Repressionssystem (also der faktische Arbeitssuchzwang mit Sanktionen) abschaffen. Aber das ist kein Argument gegen BGE. Und dann wird das BGE ja nicht einfach wieder beim Einkommen abgezogen – das wäre dann in der Tat Quatsch. Viel mehr ändern sich Dinge wie der (Spitzen-)Steuersatz. Und dazu ist auch die Linke aufgefordert, BGE-Modelle hervorzuheben, bei denen die Familien Albrecht – trotz Auszahlung eines BGE – unterm Strich weniger Geld haben wird.

Anstatt mit einem Grundeinkommen alle gleich zu behandeln und so zu tun, als sei das sozial gerecht, sollte die Auseinandersetzung um den Ausbau des Sozialstaates im Bündnis mit Gewerkschaften, Sozialverbänden und Kirchen offensiv geführt werden.

Die Linken scheinen wohl die Aufgaben der Gewerkschaften nicht verstanden zu haben, aber sozialstaatliche Fragen gehören da jedenfalls nicht dazu. Ebenso ist es verwunderlich, dass die Linken (!) hier die Kirchen vorschicken.

Bislang müssen sich Unternehmen bei Lohnzahlungen nämlich an der Höhe der Reproduktionskosten orientieren.

Reproduktionskosten ist ein Begriff mit verschiedenen Bedeutungen. In diesem Falle soll es wohl bedeuten, dass Menschen durch den Lohn gerade so in der Lage seien, ihre Arbeitskraft am Leben zu halten. Aber in Zeiten, in denen wir von “Aufstockern” reden, scheint dieses Prinzip wohl ohnehin nicht mehr zu gelten.

Wenn der Staat aber sicherstellt, dass die Menschen durch ein BGE ausreichend Einkommen für Wohnraum, Essen und Kleidung haben, muss der Lohn nicht mehr existenzsichernd sein. Arbeit bekäme den Charakter eines Zuverdienstes.

Genau das sehe ich als Stärke: wir definieren die Arbeit um. Ja, Arbeit ist dann nicht mehr die Basis für das Existenzminimum, sondern genau so wie es beschrieben wird: es ist dann nur der Hinzuverdienst. Und das ist der kleine, aber feine Unterschied, den diese Arbeitsgruppe verkennt: Wenn Arbeitnehmer völlig repressionsfrei Arbeit ablehnen dürfen, so können sie auch auf Augenhöhe mit den Arbeitgebern verhandeln. Sie dürfen dann sagen: “Nee, für dieses lächerliche Geld muss ich keinen Finger krumm machen.” Sie dürfen aber auch sagen: “Egal, wieviel ich dafür bekomme – ich habe einfach Bock dazu.”

Neoliberale Befürworter des BGE sehen dieses als Rammbock, um den Sozialstaat zu zertrümmern.

Nochmal langsam: Ein Land, in dem sichergestellt ist, dass jeder Wohnraum, Essen und Kleidung (und vielleicht auch eine Krankenversicherung) hat, ist die Zertrümmerung des Sozialstaates? Hallo. Irgendjemand zu Hause?

Selbstverständlich wollen wir den unerhörten Reichtum der Millionäre und Milliardäre gerecht verteilen, aber gesellschaftliche Umverteilung tritt nicht einfach ein, nur weil man es finanziell durchrechnet und programmatisch beschließt.

Wie auch immer man zu unerhörtem Reichtum stehen mag: diese Debatte ist völlig unabhängig von der BGE-Frage.

Dazu zählen die Kämpfe um Arbeitszeitverkürzung, eine höhere Personalbemessung in Krankenhäusern, die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit oder die Abschaffung von Hartz IV

Wenn wir von der Personalbemessung in Krankenhäusern absehen (wo ich keinerlei Bezug zur BGE-Debatte sehe), werden die anderen Themen gerade durch das BGE obsolet. Wenn Arbeit nicht mehr als Grundlage des Existenzminimums gesehen wird und Hartz IV überwunden ist, so kann jeder die eigene Arbeitszeit reduzieren. Und die Massenarbeitslosigkeit würde zwar durch BGE nicht beseitigt werden, aber die heutigen Folgen und Stigmatisierungen wären ad acta.

DIE LINKE muss sich deshalb um betriebliche Verankerung bemühen und diese Kämpfe leidenschaftlich unterstützen und sich nicht an programmatische Forderungen klammern, die an den realen Kämpfen in den Betrieben vorbeigehen.

Der Abschluss fasst es in meinen Augen recht gut zusammen: diese Gruppierung ist irgendwo in der Mitte des letzten Jahrhunderts hängen geblieben und zementiert die zentrale Rolle der Arbeit. Fundierte Argumente kann ich dieser Schrift leider nicht entnehmen. Ich würde mir wünschen, wenn sich diese Partei mit BGE und den verschiedenen Ansätzen auseinander setzen würde – und dann solche Modelle und Stellschrauben in den Vordergrund rückt, welche sie für geeignet hält.

Essen-Retten-Gesetz

Das Bundesministerium für Ernährung
und Landwirtschaft (BMEL) hat im letzten Jahr eine Studie veröffentlicht – mit der Erkenntnis, dass jährlich 12 Mio Tonnen Lebensmittel im Müll landen. Das ist erst einmal eine recht hohe Hausnummer. Bei 80 Mio Menschen wären das je Nase und Jahr 150 Kilogramm. Dieser Tage mehren sich Protestaktionen, die auf dieses Thema aufmerksam machen, allen voran die Initiative “Aufstand der Letzten Generation” – mit der konkreten Forderung nach einem sogenannten “Essen-Retten-Gesetz”.