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Parkraumbewirtschaftung in Nord-Neukölln

Heute rutschte eine Petition für Parkraumbewirtschaftung in Nord-Neukölln in meinen Radar. Mit Nord-Neukölln ist der Bereich innerhalb des S-Bahn-Ringes gemeint. Aus der Darstellung der gegenwärtigen Situation sind Münzschlucker allerdings das falsche Mittel. Ich zitiere aus der Petition:

Rücksichtslos abgestellte PKW behindern Sichtbeziehungen, blockieren Überwege und machen Radfahren und zu Fuß-Gehen im Kiez unsicher und unattraktiv

Es verhindert keine Parkraumbewirtschaftung der Welt, dass einige Zeitgenossen ihre Kisten ordnungswidrig und gefährdend abstellen. Einerseits benötigt es Kontrolle, aber viel mehr präferiere ich bauliche Maßnahmen, um Fehlparken von vornherein zu minimieren. Ein beliebtes Beispiel sind Gehwegvorstreckungen im Kreuzungsbereich.

(Gerne wird argumentiert, dass mit Parkraumbewirtschaftung häufiger kontrolliert wird. Das kann passieren. Nur wenn in Folge von Personalengpässen die Ordnungsämter nicht hinterherkommen, wo ist der Garant, dass sie es dann tun?)

Es fehlt Platz u.a. für sichere Radwege, Fahrradbügel oder Lieferzonen

Auch hier hilft keine Parkraumbewirtschaftung, sondern nur die Umgestaltung der Straßen und entsprechende Anordnung.

Oder anders ausgedruckt: Kein Radweg wird sicherer und kein Fahrradbügel entsteht, weil die Anwohner plötzlich alle Anwohnerparkausweise hinter ihre Windschutzscheiben legen.

Parksuchverkehr führt zu Mehrbelastungen in Form von Lärm und Abgasen

Hier kann eine Parkraumbewirtschaftung helfen, aber nur wenn gebietsfremde Parker die Parkplätze benutzen (Anwohner haben ja in der Regel Anwohnerparkausweise). Davon lese ich in der Petition nichts, aber ich könnte mir durchaus vorstellen, dass dies um das Rathaus Neukölln oder dem Hermannplatz der Fall ist – und genau da auch Wirkung erzielt.

Anwohner*innen die auf das eigene Auto angewiesen sind, haben Probleme einen Parkplatz zu finden

Es setzt voraus, dass gebietsfremde Parker unterwegs sind, die überhaupt damit vertrieben werden können. Wenn alle, die heute einen PKW herumstehen haben, künftig alle zwei Jahre 20,40 Euro abdrücken dürfen (was in etwa die Verwaltungskosten der Ausstellung deckt), dann stehen hinterher genauso viele Fahrzeuge wie vorher. Ich bezweifel, dass Anwohner in signifikanten Größenordnungen sagen: „Ach, ich wollte doch schon längst mein Auto stilllegen!”, nachdem sie schon jährlich ca. 100 Euro Steuern und mehrere Hunderte für die Versicherung löhnen.

Vertrieben werden allenfalls Gäste der Anwohner (Wenn beispielsweise die Verwandtschaft eines Pankowers sich am 10.01. ankündigt, werden sie frühestens am 17.02. einen Termin beim Bürgeramt für die Beantragung der Gästevignette erhalten).

Wertvolle Orte wie der Richardplatz verkommen zu PKW-Abstellplätzen und verlieren ihren historischen Charme

Auch hier ändert sich nichts. Wenn ich aber mal ehrlich fragen darf: Sollte der Richardplatz nicht lieber eine Fußgängerzone werden, als dass der Parkplatz künftig Münzschlucker bekommt?

Kein Zweifel, wir brauchen eine Reform im Bundesrecht, damit Parkraumbewirtschaftung einfacher realisiert werden kann. Konkret betrifft es die Verwaltungsvorschriften zu §45 der Straßenverkehrsordnung.

Die Anordnung von Bewohnerparkvorrechten ist nur dort zulässig, wo mangels privater Stellflächen und auf Grund eines erheblichen allgemeinen Parkdrucks die Bewohner des städtischen Quartiers regelmäßig keine ausreichende Möglichkeit haben, in ortsüblich fußläufig zumutbarer Entfernung von ihrer Wohnung einen Stellplatz für ihr Kraftfahrzeug zu finden.

Die Parkraumbewirtschaftung – so wie sie heute rechtlich möglich ist – ist ein Instrument, damit Anwohner Parkplätze finden. Nicht, damit Straßen leerer, übersichtlicher und sicherer werden und Städte lebenswerter werden.

Fazit: Ich unterstütze jede Maßnahme, die dazu führt, Städte lebenswerter zu machen und dabei auch motorisierten Individualverkehr zurückdrängt. Parkraumbewirtschaftung kann vor allem da etwas bringen, wo viele Fremdparker stehen. Gefährlich halte ich aber solche Petitionen, weil sie falsche Erwartungen wecken. Weil sie Dinge versprechen, die das Instrument nicht erfüllen kann und wird. Eine Petition zur Umgestaltung des Verkehrsraumes ist zielführender – und notwendiger für Nord-Neukölln!

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