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Verfassungswidrige Wahlcomputer

Das Bundesverfassungsgericht hat heute geurteilt, daß der Einsatz von Wahlcomputern bei der Bundestagswahl verfassungswidrig waren. Zudem kassiert das Gericht auch gleich die ganze Bundeswahlgeräteverordnung, da sie den Grundsatz der Öffentlichkeit (Transparenz) nicht trägt. Lediglich die Legitimation des aktuellen Bundestages stellt das Gericht nicht in Frage — aber dieses Jahr ist ohnehin Wahljahr. Aus der Urteilsbegründung:

Die Stimmen wurden nach der Stimmabgabe ausschließlich auf einem elektronischen Speicher erfasst. Weder die Wähler noch die Wahlvorstände oder die im Wahllokal anwesenden Bürger konnten überprüfen, ob die abgegebenen Stimmen unverfälscht von den Wahlgeräten erfasst wurden. Anhand der Anzeige auf der Bedieneinheit konnten die Wahlvorstände lediglich erkennen, ob die Wahlgeräte eine Stimmabgabe registrierten, nicht aber, ob die Stimmen von den Wahlgeräten ohne inhaltliche Veränderung erfasst wurden. Die Wahlgeräte sahen keine Möglichkeit einer von der elektronischen Ablage auf dem Stimmspeichermodul unabhängigen Erfassung der Stimmen vor, die dem jeweiligen Wähler eine Überprüfung seiner Stimmabgabe ermöglichte.

Das BVerfG verbietet nicht grundsätzlich Wahlcomputer — und das ist eigentlich auch gut so. Es hat schließlich nicht über die Wahl der Mittel zu entscheiden, sondern nur sicherzustellen, daß es den verfassungsmäßigen Anforderungen gerecht wird. Und diese Hürden kommen allerdings praktisch einem Verbot gleich. Entweder man hat eine Zuordnung zum Bürger (dann ist die Geheimheit verletzt) oder es landet wie bei Nedap in einer BlackBox (dann ist mindestens die Transparanz verletzt). Die Frage lautet dabei: Wie kann man beiden Prinzipien gerecht werden?

Ich versuche mal ein denkbares Szenarion zu konstruieren: Am Wahleingang legitimiert sich der Wähler wie bisher mit einem amtlichen Lichtbildausweis. Anschließend greift er in eine große Lostrommel und zieht eine Nummer (lustig verpackt in einem Überraschungsei). Die Nummer ist hinreichend lang genug und beinhaltet genug Redundanz (zehnstellige Nummern bei 10.000 Wahlberechtigten). Am Wahlcomputer gibt der Wähler zunächst seine Nummer und anschließend seinen Parteiwunsch ein. Dabei erhält er einen Beleg aus dem Drucker — mit irgendeinem Hologramm als Echtheitsnachweis. Da die Zuordnung Person — Nummer geheim ist, könnte am Tag nach der Wahl die komplette Wahlnummern auf der Wahlseite / Tageszeitung / Amtsanzeiger veröffentlicht werden (im Gegensatz zu den Lottozahlen MIT Gewähr). Jeder Bürger kann nun in Ruhe nachprüfen, ob seine Stimme korrekt eingegangen ist. Problem wäre die Geheimheit bei Entdecken eines Wahlfehlers. Dann müßte der Bürger irgendwie anonym der Wahlbehörde den Originalbeleg zukommen lassen. Soweit ein konstruktiver Gedanken, kann gerne in den Kommentaren zerdiskutiert werden.

Zusammenfassend ein gutes und nachvollziehbares Urteil.

(vgl. auch Pressemeldung, CCC, kangaxx)