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Wie ein einzelnes Mitglied eine ganze Partei lähmt

In Parteien, egal ob groß oder klein, sind sich nie alle Menschen eins. Das ist auch ok so. Es ist nicht wichtig, ob alle beste Freunde werden: es ist nur wichtig, ob man den selben politischen Kompass hat und professionell genug arbeiten kann.

Heute also mein ein rein fiktives Beispiel, wie so etwas nicht gut funktioniert. Parallelen mit der Realität oder gar mit diesem Tweet sind reiner Zufall.

Es ist dreieinhalb Jahre her, da hat eine Person, nennen wir sie “Max” erstmals eine Nachricht auf der Mailingsliste einer entsprechenden kleinen Partei geschickt. Zu diesem Zeitpunkt herrschte schon ein wenig Resignation: es gab keine Wahlerfolge mehr zu feiern, in den Medien taucht diese kaum auf, noch nicht einmal die Themen werden verbreitet, es gibt Parteiaustritte. Im Vorstand war der, der noch da war und sich nicht gänzlich der Kandidatur verweigerte und jedes neue engagierte Gesicht gerne gesehen.

Kurzum: die Lage war nicht gut – und da trat ein Hoffnungsfunke hervor: ein Mensch, der die Ideale teilte, ein Mensch, der Zeit hatte, ein Mensch, der etwas reißen wollte: Max!

Sofort war der Vorstand Feuer und Flamme – und schenkte Max Vertrauensbonus, bspw. in Form von Beauftragungen. Es stand eine Wahl an – und es mussten Unterstützungsunterschriften gesammelt und der Wahlkampf koordiniert werden.

Die Euphorie war nach einigen Monaten schon vorbei. Es kam zu Konflikten mit anderen Mitgliedern aufgrund von Kleinigkeiten. Geäußerte Bedenken zu seinen Vorschlägen wurden schnell persönlich genommen. Max diffamierte Mitglieder öffentlich – was für eine Partei mit Digitalkompetenz ein NoGo ist. Die Mailingliste glühte förmlich.

Andere noch aktive Mitglieder beschwerten sich über das Verhalten von Max, bspw. durch üble Nachrede. Der Vorstand versuchte, dass die Konfliktparteien möglichst sich aus dem Weg gehen. Aber auch Versuche zu vermitteln, scheiterten. Das Vorhalten wurde auch schnell auf der Mailingliste allen anderen deutlich: der Unfehlbare – und all die Verfehlungen der anderen.

Der Vorstand wurde zeitweise geflutet mit unzähligen Anträgen. Aber nicht Anträge in einer Form, dass man sich das Commitment abholt, um bspw. bei Themen voranzuschreiten. Nein, es waren überwiegend Arbeitsaufträge an den Vorstand. Vorstand, mache mal dies. Vorstand, mache mal jenes. In einer Taktung, die Ehrenamtliche nicht leisten können, die in der Regel noch einer Erwerbsarbeit nachgehen und für die Politik nur ein Hobby ist. Und die Vorschläge waren ja auch gar nicht mal alle blöd.

Besonders häufig waren mit ChatGPT generierte Texte dabei, die die Partei als Pressemitteilung verschicken sollte. Aber die generierte Form war alles andere als veröffentlichungsfähig. Aber es gab nie eine zweite, korrigierte Fassung dieser Texte. Es war ein Fire & Forget.

Umgekehrt schmückte sich Max aber gerne mit den Federn der anderen.

Und die Eskalation nahm ihren Lauf. Mehrere Personen im Vorstand erklärten, wegen Max nicht mehr für den nächsten Vorstand zu kandidieren. Einzelne Mitglieder traten auch aus und nannten Max als Grund. An den Vorstand wurden Forderungen nach Parteiordnungsverfahren gestellt – und diese dominierten nun leider die Vorstandsarbeit.

Es fehlte Max an Reflexion des eigenen Verhaltens. Also dass man etwas an sich ändern müsste. Die einzige Reflexion, die wohl bestand: Max erkannte, dass in diesem Landesverband keinen Blumentopf mehr zu gewinnen ist. Also suchte er sich andere Arbeitsgruppen und Landesverbände. Auch da war das Phänomen zu beobachten: anfangs gab es eine Euphorie – und mit deutlich noch schnellerer Resignation.

Ein seit mehreren Jahren ausgetretenes Mitglied verfolgte noch die Kommunikation – und sah sich genötigt, zu attestieren, dass er bewundert, wie es Max schafft, einen ganzen Landesverband zu lähmen.

Dann wollte Max den Landesverband wechseln. Das Ziel war offensichtlich: wechsle in einen schwachen Ortsverband – und versuche hier in den Vorstand zu kommen. So kommt man zumindest schnell zu einem Vorstandsposten. Aber auch das brachte ihm nicht das gewünschte Ergebnis, einer möglichst guten Kandidatur: Trotz Ankündigung einer entsprechend größeren Spende im Falle seiner Aufstellung auf die Landesliste wurde er nicht wie gewünscht aufgestellt – mal losgelöst der Tatsache, dass für das eigene Fortkommen wohl die Ideale der Partei dann hinten anstehen (Es gab mal ein Plakat mit dem Spruch: “Nur wählbar, nicht käuflich!”)

Kurz danach verkündet Max seinen Austritt. Und seinen Eintritt bei einer größeren Partei. Und trotzdem tritt Max nach. Beispielsweise wird die Menge an Wahlplakaten bemängelt. Jedem im Vorstand bzw. der Partei war sich bewusst, dass es viel zu wenige für eine Wahl sind. Selbst andere Kleinparteien hatten das Zehnfache. Aber dem Vorstand war sich eben auch der Kapazität bewusst: nichts ist ärgerlicher als wenn bestellte Plakate nie gehangen worden sind (solche Fälle gab es auch) oder wenn alle bis zum Tag der Wahl nur noch mit Plakatieren beschäftigt sind und nichts anderes mehr können. Aber das ist Max egal: für ihn stellt das eine Arbeitsverweigerung dar.

Zurückgeblieben sind vor allem zwei Dinge: zum einen ein deutlich geschwächter Landesverband, weil einige Mitglieder dieser Tortur nicht stand halten konnten. Andererseits vereinte das auch eher die anderen.

Wer nun Max ist, spielt keine Rolle. Aber falls du dich angesprochen fühlst: Lerne dein Verhalten zu reflektieren!

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