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Studiengebühren in Niedersachsen

Am 09.12. wurde in Niedersachsen die Einführung von Studiengebühren ab dem kommenden Wintersemester beschlossen. Demzufolge bezahlen dann die Erstsemester 500 Euro pro Semester, ab dem darauffolgenden Sommersemester alle. Die Lage in Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Hamburg und dem Saarland sieht nicht wesentlich besser aus.

In Sachsen dürfte die Lage dank des Koalitionspartners SPD bis zur den Landtagswahlen 2009 gut aussehen. Im Koalitionsvertrag (deren Adresse leider nicht mehr gültig ist) sind sie nicht enthalten (aber auch nicht explizit ausgeschlossen). Allerdings hat Milbradt auch wieder große Träume: »Der Verzicht auf Studiengebühren sei aus seiner Sicht unsozial, denn die Allgemeinheit finanziere das Studium von Wenigen, die nach erfolgreichem Abschluss ihres Studiums regelmäßig bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätten und über ein höheres Einkommen verfügen würden.«.

Mit diesem Ausspruch steigt er in die Diskussionsreihe »Die ALDI-Kassierin finanziert mit ihren Steuern das Studium des Arztsohnes« ein. Mal jenseits der Tatsache, daß man Steuern nicht direkt zuordnen kann, kann man den Satz auch beliebig Drehen und Wenden, ohne daß er derzeit an Gültigkeit verliert, z.B. »Der Arzt finanziert mit seinen Steuern das Studium der Tochter der ALDI-Verkäuferin«. Diese Wortfolge macht im Grunde genommen mehr Sinn, da ein Arzt mehr Steuern als eine Kassierin zahlt. Das hierzulande allerdings verhältnismäßig mehr Arztsöhne als ALDI-Töchter studieren, ist zwar ärgerlich (und eigentlich das Problem, das man lösen sollte) — aber die Einführung der Studiengebühren wird dieses Verhältnis nicht verbessern. A Priori hat die Tochter der Kassierin nicht mehr Geld als der Arztsohn zur Verfügung. Wird nun das Vermögen der Eltern berücksichtigt, dürft ihr nun Raten, ob in Zukunft verhältnismäßig mehr Arztsöhne oder ALDI-Töchter an die Unis gehen.

Im sturkturschwachen Mecklenburg-Vorpommern überlegt man, in eine Abwehrhaltung zu gehen: es sollen diejenigen Studiengebühren zahlen, die  nicht ihren Hauptwohnsitz in MeckPomm haben. In Rheinland-Pfalz will man Studenten, die außerhalb des Landes Abitur gemacht haben, mit der Gebühr belasten.

Der Geschäftsführer Dr. Pörtner des Dresdner Studentenwerks hat dazu ebenso eine Positionierung verfaßt — und sich damit sehr stark für die Studenten ausgesprochen — und dabei auch den Blick nach Österreich geworfen, wie dort die Sozialverträglichkeit gelöst ist. Auch eine Anpassung des BAföGs (»Deckelbtrag«) könnte das Problem Sozialverträglichkeit lösen.

Auch wenn es derzeit noch wesentlich mehr Gründe gegen (4 Bildschirmseiten) als für (2 Bildschirmseiten) Studiengebühren gibt, sollte auch der Gang in die Selbständigkeit berücksichtigt werden.

Es ist ein generelles Problem, daß ein Großteil der Absolventen ihr Glück auf dem Arbeitsmarkt in den alten Bundesländern suchen. Um diesen Trend entgegen zu wirken, gibt es einige Organisationen, die Studenten Mut zur Gründung machen (z.B. allein aus Dresden Gründungsimpulse und Dresden exists). Allerdings wirken insbesondere die nachgelagerten Schulden bei Studiengebühren sehr kontraproduktiv, zumal bisher häufig auch die Rede von »Bankdarlehen« ist (zum Vergleich: die bisherigen BAföG-Schulden werden nicht bei der Schufa erfaßt).

Und schaut man beispielsweise nach England, findet weitere Beispiele, keine Studiengebühren einzuführen:

  • Es gibt viele Studenten, die nur Halbzeit studieren. Sie benötigen dann fünf oder sechs Jahre, ehe die den niedrigsten Abschluß (Bachelor) erhalten, da sie ihr Studium nebenbei finanzieren. In Deutschland käme erschwerend hinzu, daß solche Studenten als Langzeitstudenten eingestuft werden.
  • Wenn Studenten ambitioniert sind und mehr machen wollen, als die für den Abschluß erforderlichen Kurse, müssen sie extra bezahlen. So wie bei Subway, wenn man zwei Scheiben mehr Käse haben möchte.
  • Es gibt verhältnismäßig viel Gruppenarbeit. Diese sind allerdings weniger akademisch, als vielmehr finanziell begründet. Eine Lehrkraft erklärte mir, daß für die einzelnen Module eine Mischkalkulation zu Grunde gelegt wird — und jede Arbeit einen bestimmten Zeitaufwand mit sich zieht, eine Gruppenarbeit bedeutet weniger Zeit als fünf einzelne. Dabei verfolgen leider nicht wenige Studenten die Strategie »Irgendeiner wird´s schon reißen«.

Also lange Rede, kurzer Sinn: Nein zu Studiengebühren!

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