Busbeschleunigung in Hamburg - Eine Farce!
Im Jahre 2011 konnte sich Hamburg als Umwelthauptstadt noch feiern. Als größte verkehrspolitische Maßnahme war die Einstellung der Pläne zur Wiedereröffnung einer Straßenbahn. An dessen Stelle wolle man halt irgendwas mit Bussen machen. Busspuren, Spurbusse, halt irgendwas. Dazu wurde ein Projekt Busbeschleunigung gegründet. Mit den Ausbauzielen A bis 2016 möchte man 157 Mio Euro investieren, weitere 102 Mio Euro in den vier darauffolgenden Jahren.
Auf der Startseite präsentierte man stolz eine Zahl: ca. 250 Einzelmaßnahmen. In Worten: zweihunderfünfzig. Ich wollte es wissen. Ich wollte die 250 sehen. Ob 240 oder 260, da will ich jetzt nicht kleinlich sein. Ich fand exakt 5 Maßnahmen. In Worten: fünf. (In der Liste der Baumaßnahmen gibt es nur vier. Wenn man über Linien die Linie 5 auswählt, so bekommt man noch eine fünfte Maßnahme.)
Bei den Maßnahmen handelt es sich nicht etwa um Ideen, die 1.-Klasse-Schnellbusse abzuschaffen. Oder das Berliner Tarifsystem auf Hamburg anzuwenden (auch Studierzeit am Automaten ist Fahrtzeit, die optimiert werden kann). Oder gar die Einführung von Entwertern.
Alle fünf Maßnahmen beschränken sich ausschließlich auf die Linie 5. Die Linie hat bereits Bekanntheit über die Stadtgrenzen hinaus geschafft: da fahren Doppelgelenkbusse. Sehen ganz witzig aus, wenn man drinnen sitzt – und der Bus eine 90°-Kurve nimmt. Aus Sicht der Verkehrsplanung sollte man dann doch lieber zu Gleisen und Oberleitung greifen, wenn man merkt, dass es normale Busse nicht mehr tun (In Dresden hatte man diese Busse auch einmal getestet – nun reifen die Pläne, auf dem Zelleschen Weg die Straßenbahn zu errichten.)
Grindelallee/Hallerstraße/Beim Schlump
Nehme ich das Beispiel Grindelallee/Hallerstraße/Beim Schlump. Die direkte Straßenverbindung zwischen den Haltestellen Universität/Staatsbibliothek und Schlankreye beträgt 1,3 Kilometer. Die Linie 4 fährt mit kleinen Umwegen heute bereits 2,3 Kilometer. Mit der Umsetzung dieser Maßnahme wird es eine weitere gemeinsame Haltestelle am Bezirksamt Eimsbüttel geben, fährt der Bus künftig eine Spitzkehre von knapp 150° und verlängert den Fahrtweg auf 2,5 Kilometer. Geht man von einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 20km/h (inklusive Haltestellen, Rotphasen etc.) aus, so beträgt dieser Umweg dreieinhalb Minuten.
Wenn man wirklich ernsthaft vor hätte, den Busverkehr zu beschleunigen, dann wäre als oberste Maßnahme die Verlegung der Linie 4 in die Bundesstraße. Die Umsteigerelation am Knotenpunkt Grindelallee/Hallerstraße/Beim Schlump ist verzichtbar, ärgerlich wäre allenhalls der Wegfall am Schlump zur U3 – aber das sind Abwägungen, die im Rahmen einer Beschleunigung gemacht werden müssen.
Siemersplatz
Nächstes Beispiel: Siemersplatz
Ich kenne zugegebenermaßen diese Kreuzung noch nicht. Von daher kann ich nur Luftbildaufnahmen mit den Plänen vergleichen. Die Handschrift wird aber deutlich: man möchte gerne zwei Abbiegespuren für die Relation Nord>Ost und Süd>West schaffen. Da das direkt schwer möglich ist, wird dies mit einer durchaus kreativen Querspange gelöst. Das dabei eine der fünf Haltestellen zur Kreuzungsmitte hin verschoben wird, ist dabei eher Folge als Ziel. Sonst wären noch mehr gewandert. Des weiteren entsteht noch eine Buslänge Busspur vor einer Ampel.
Das nennt sich Verbesserung des Bussystems? Das ist ein Witz sondergleichen!
Hoheluftchaussee / Gärtnerstraße
Es ist noch keine 5 Jahre her, da wurde genau dieser Verkehrsknotenpunkt schon einmal verändert. Damals wurden die Haltestellen auf jeweils nach der Kreuzung verlegt. In Googles Straßenansichten ist das Baugeschehen noch zu bewundern., in GoogleMaps die Situation davor. Nun werden die zwei Haltestellen zusammengefasst. Klingt vernünftig – nur warum nicht gleich so?
Kollaustraße
In der Kollaustraße treffen drei Linien aus drei Richtungen aufeinander – und jede hat ihr eigenes Haltestellenpaar – weit verstreut. Aber nicht, dass man da wenigstens zwei Linien vereint – und den linksabbiegenden Bus aus der Haltestelle heraus einen Vorrang gewährt, wird eine Haltestelle aus dem Kreuzungsbreich herausverlegt. Achja, und ganz wichtig: eine Rechtsabbiegespur für den PKW-Verkehr kommt noch hinzu.
Fazit
Wenn das jetzt das Halbzeitergebnis der Spurbusspur-Regierung ist, dann ist die Busoptimierung in Hamburg eine reine Farce.
Und die Ironie von Hamburg: sucht man auf dieser Webseite nach „Straßenbahn”, so findet man in der Treffermenge einen Artikel über die französische Stadt Nantes, in der angepriesen wurde, wie erfolgreich die Einführung 1985 war.