Bunte Republik Neustadt
Ich verlasse heute Deutschland und betrete die »Bunte Republik Neustadt«. Es ist ein sehr kleines Land von ca. 1 Quadratkilometer Größe mit schätzungsweise 12.000 Einwohnern. Es befindet sich bei ca. 13,7° östlicher Länge und 51,1° nördlicher Breite. Ich gehe an ein paar Grenzpolizisten vorbei, eine Ausweiskontrolle ist allerdings nicht notwendig. Ich blicke kurz in den Himmel — er ist wolkenlos — und die Sonne leuchtet die Straßen aus.
Ich höre in der Ferne etwas Musik, die mit jedem Schritt lauter wird. Es gibt hier keine Autos, denn alles ist per Fuß erreichbar. Auf den Straßen sind sehr viele Menschen unterwegs, auch auffällig viele Kinder toben fröhlich herum. Zwei Mädchen spielen in so einer Gasse ungestört Federball, ich laufe an ihnen vorbei. Eine Band steht vor einer Haustür und beschallt die enge Straße und ernten von den Zuschauern Applaus. Einige große und kleine Händler bessern ihr Taschengeld auf, in dem sie alte Sachen verkaufen. Dazwischen befinden sich jede Menge Cafés und einige Grillstände, vor einigen Häusern gibt es sogar bequeme Sofas. Ein älterer Herr erzeugt auf einigen Didgeridoos australische Klänge. In der Mitte einer anderen engen Gasse steht ein Zelt. Ein paar kleinere Kinder spielen hier mit Pappkartons (als Lego-Ersatz) oder experimentieren mit einem witzigen Wasserspritzgerät.
Am nördlichen Ende dieser Republik befindet sich ein Park. Auf den Wiesen liegen sehr viele Menschen. Danach betrete ich wieder die Gassen dieser Republik. Hier spielt eine Metalband ein paar verdammt rauhe Titel — und der Sänger schreit förmlich seine Seele in das Mikrophon. Aber diese Republik wäre nicht bunt, wenn ich nicht gleich ein paar Schritte weiter die Melodie von »Spiel mir das Lied vom Tod« hören würde. In einer Seitengasse werden sehr getragene Titel gespielt — hier sind überwiegend ältere Menschen zu finden und ich lasse mich an einer Stelle nieder, in der eine Band etwas Roots Rock spielt — und schaue mir die Menschen an, die vorbeilaufen.
Es sind überwiegend Bunte Republikaner — aber auch viele Ausländer, insbesondere kommen die Deutschen hier öfters vorbei. Einige Menschen haben lustige Gesichtsbemalungen, andere die wüsten und schrägsten Frisuren — aber das wird hier toleriert. Nun ist es langsam spät, und ich verlasse wieder diese Republik. Die Autos ziehen vorbei, die Straßenbahn quietscht, ein paar Leute streiten sich — ok, ich bin wieder in Deutschland.
Bisherige Kommentare (9)
Kommentar von Phil
Fast wie eine feine, reine Welt ohne Probleme...
Kommentar von (|*_*|)
schöner text!
und schön auch, dass es
dieses „land” nicht nur
drei tage lang gibt …
nur manchmal muss man lei-
der genauer hinsehen um
das zu erkennen.
Kommentar von Pablo
Erster Gedanke: René teilt uns seine Drogenerfahrungen mit. :P
Kommentar von Patrick
Genauer hinsehen muss man manchmal wirklich, wenn aus Politik und Idealismus langsam aber sicher Lifestyle wird … trotzdem eine Oase, wie ich sie in Deutschland noch nicht gesehen habe … schön hier zu leben!
Kommentar von csepi
gibt es irgentwo fotos?
Kommentar von René
Träumst Du von Multikulti — dann mußt Du in den Westen fahren! Im osten gibt es nur Rentner und Arbeitslose!
Kommentar von Johannes Heil
sehr schöne beschreibung der bunten »welt«. ich hatte das glück da aufzuwachsen. aber passkontrollen gab es schon mal ^^ leider fehlen die nächtlichen stimmungen die wirklich schwer in worte zu fassen sind. jeder der auf lustige leute, stimmung, drogen? steht kommt auf seinen geschmack. polizei hat da ausnahmsweiße die randposition die nur noch abschirmt ^^ leute jedes jahr wieder BRN
Kommentar von Rene F.
Toller Text, man erkennt den Sinn des Stadtteilfestes.
Ich mag es garnicht, das sowas durch irgendwelche Chaoten zerstört wird.
Kommentar von Seb
Bitte gebt Euren Senf (fotos etc.) dazu!
www.brn-museum.de
danke
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