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Plastiktütenverbot

In diesen Moment wird wieder die Debatte für ein Platiktütenverbot angestoßen. Dieses Mal von Umweltministerin Schulze. Und falls ihr das Umweltministerium genauso wie ich vermisst habt: Ja, es scheint es doch noch zu geben. Hier geht es jedenfalls auf die Webseite des BMI – und zum Gesetzentwurf

Die Debatte an sich finde ich notwendig, aber müßig. Ich selbst habe noch Zweifel, ob das Instrument des Verbotes richtig ist. Ehe ich etwas verbiete, bevorzuge ich immer das Instrument einer Steuer: das Unerwünschte teuer machen. Nicht zuletzt weil es vielleicht doch den einen oder anderen sinnvollen Zweck geben könnte. Und sich dafür auch noch die eine oder andere sinnvolle Alternative entwickeln muss.

Wenn ich mein eigenes Konsumverhalten kritisch reflektiere, sehe ich da durchaus noch Verbesserungsbedarf. Allerdings nicht in den großen Einkaufstüten, in denen ich den gesamten Einkauf verstauen kann. Da bin ich seit meiner Jugend schon auf Rucksack geeicht. Oder Fahrradtasche. Und mittels meines Getränkekastenhalters auch die Obstkiste . Es sind vor allem die kleinen Obsttüten („Hemdchentüten”), mit denen ich feuchtes Gemüse oder Dinge befördere, bei denen das Risiko besteht, dass sie auslaufen könnten. Und natürlich die ganze Einweg-Verpackung an nahezu allen Lebensmittel und Nicht-Lebensmitteln in unseren Einkaufstempeln. Ich habe großen Respekt vor den wenigen Märkten, die das Experiment machen, auf Einwegverpackungen zu verzichten. Denn das betrifft ja nicht nur die Verpackungseinheit, die ich als Konsument mitnehme, sondern auch die großen Umverpackungen. Witzigerweise sollen aber genau jene Hemdchentüten nicht verboten werden.

Wie viele andere Debatten dieser Tage auch werden auch hier viele Nebelkerzen gezündet – mit Argumenten, die entweder absolut nicht stichhaltig sind – oder zu ganz anderen Debatten passen. Ein Beispiel: Plastiktüten können in Gewässern landen und sind in den Innereien von Meerestieren schon nachgewiesen worden. Ich will diesen Fakt nicht in Frage stellen, aber ich würde die Debatte schon gerne getrennt sehen: das eine ist der Müllkreislauf – das andere vor allem eine Folge von bewusster Umweltverschmutzung, wenn Müll in die unsere Meere gekippt wird.

Für mich stichhaltig ist die Argumentation, dass diese Kunstsoffverpackung aus Öl hergestellt wird, sich selbst kaum zersetzen und am Ende die Ressource nur für eine einmalige Aktion genutzt wird. Zudem besteht das Problem der Mikropartikel, also kleine Bestandteile, auf deren Verteilung kaum Einfluss genommen werden kann. Gerade die Partikelfrage wurde mir bewusst, als ich alte Hefter als Schulzeiten wieder ausgegraben habe. Ein Teil davon war in einer Plastiktüte. Über die Jahre verflüchtigten sich die Weichmacher, der Rest zerbröselte schneller als ich schauen konnte.

Die Frage ist dann immer wieder nach den Alternativen. Kompostierbare Tüten? Diese gibt es schon seit zehn Jahren. Binnen dieser Zeit sollten diese sich zersetzt haben. Nun haben wir eine solche Tüte seit zehn Jahren und die hat sich noch nicht einmal ansatzweise zersetzt. Papiertüten – ist das in der Umweltbilanz wirklich besser? Es gibt da so Zweifel, gerade wenn diese noch Beschichtungen haben. Natürlich wäre es gut, wenn man ständig Dosen und andere Vorratsbehältnisse dabei hätte.

Über den Sinn und Zweck dieses Verbotes kann man gerne lang und heftig diskutieren. Ich höre mir auch gerne Argumente an, warum eine Steuer nicht ausreichend sein wird und ich meine Haltung überdenken sollte. Was ich jedoch nicht mag ist die Diskussionskultur, wie sie jüngst in den sozialen Medien geführt wird.

Ein Redakteur der FAZ streute folgende Aussage in die Welt:

Gestern Abend ist mir eine Wassermelone heruntergefallen. Im Supermarkt gab es eine Tüte, mit der ich sie nach Hause transportieren konnte. Nach dem #Plastiktütenverbot von @SvenjaSchulze68 ginge das nicht mehr. Ich bin dagegen. Warum, steht auf @faznet

Leider ist der Artikel hinter einer Bezahlschranke, daher verzichte ich auf einen Link. Ich kenne auch den Inhalt des Artikels nicht. Das Statement steht für sich – und trifft zugegebenermaßen den Nerv meiner Gedanken: wie sollte eine zerschellte Melone befördert werden? Oder allgemein: Wie befördere ich matschendes Obst und Gemüse, wenn ich meinen Rucksack oder die Fahrradtasche hinterher nicht reinigen möchte?

Dieses Statement löste einen Sturm der Empörung aus – und die meisten schießen am Thema völlig vorbei. Utopia fasste es zusammen:

Aber wer transportiert Wassermelonen überhaupt in einer Tüte? Und wenn überhaupt, muss es unbedingt eine aus Plastik sein? Wohl eher nicht.

Nein, eine Wassermelone würde ich auch nicht in einer Tüte befördern. Eine zerschellte dagegen schon. Alternative? Ja, dieses Gegenstatement hier:

Wenn Sie im laden heruntergefallen ist, wäre der Umtausch problemlos möglich gewesen da der SM die Ware abschreiben kann wenn sie beschädigt ist.

Es ist eine Abwägung zwischen zwei Stühlen: auf der einen Seite die Einwegverpackung – und auf der anderen Seite das Wegwerfen von an sich noch verzehrbaren, aber nicht mehr transportierbaren Lebensmitteln. Das Verwerfliche dieser Haltung ist jedoch, dass diese Abwägung auf finanziellen Aspekten beruht (Juhu, der Händler darf abschreiben), da habe ich Bauchschmerzen.

Viele haben aber das Thema auch gar nicht verstanden. Zum Beispiel dieser – Auch wenn es sicherlich witzig sein sollte…

Der Trick ist, die Melone direkt auf den Boden zu legen und zu rollen. Wie einen Pandabär.

Noch einer

Ich weiß nicht ob ich Geld für einen Artikel bezahlen möchte um die Expertise von jemandem zu lesen, der keine Ahnung hat, wie man Obst ohne Plastiktüten transportiert. Ach doch, ich weiß es: nein.

Eine SPD-Politikerin (eine der wenigen aus der Partei, die ich sonst schätze) erkennt ihre eigene Polemik nicht einmal:

Gestern Abend ist mir eine Milchtüte runtergefallen. Die Schweinerei könnt Ihr Euch sicher vorstellen. WARUM TUT DIE POLITIK NICHTS??!?

Ok, ich schweife ab.

Lasst es uns mit Steuern probieren. Gerne in einer Höhe, die spürbar ist. Und nach ein paar Monaten sehen wir dann, ob weitere Maßnahmen nötig sind.

Und dann besuchst du wieder einen Bio-Markt in Hamburg, gehst zur Käsetheke. Es gibt schon ein in Folie abgepacktes Stück. Das hatte ungefähr das gewünschte Gewicht. Was macht die Verkäuferin? Sie packt den Käse aus – und ich bekomme eine neue Verpackung. Die alte wird weggeworfen.

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