Radtour: Garzweiler
Anfang Oktober fand ich einen sehr guten Artikel über den Braunkohletagebau Garzweiler, bzw. genauer gesagt über die Umsiedlung ganzer Dörfer (immerhin 7600 Bürger durch Garzweiler II): Teil 1, Teil 2,Teil 3 und Teil 4. Spontan entschloß ich mich, eine Radtour um dieses Baggerloch zu machen, das immerhin eine gesamte Abbaufläche von über 100km² hat!
Mit dem Zug ging es nach Mönchengladbach, Deutschlands größter Stadt in der kein einziger Fernzug (IC, ICE, EC) hält. Von da sind es ca. 20 km bis nach Jüchen. Schon da sieht man auf einem Wegweiser den Ort »Otzenrath« durchgestrichen. Am Bahnhof vorbei und dann steht man da — vor einem großen, tiefen Loch:
Weit melancholicher wird man bei der Durchfahrt durch den Ort Holz. Nach einer Schotterpiste über einen nicht mehr existierenden Teilabschnitt der A44 sieht man in der Ferne wieder ein kleines nettes Dorf. Doch irgendwas stimmt nicht. Es gibt keine Menschen mehr. Und die Fenster sind alle zugemauert. In den Gullideckeln wächst schon Gras. Und an jedem Haus liest man »Grundstück betreten verboten«. Nur ein paar Touristen durchstreifen den Ort.
Zwei Kilometer weiter uns ich stehe in Otzenrath. Hier sind die Räumungsarbeiten schon weiter fortgeschritten. Von den ersten Gebäuden sind nur noch die Grundrisse zu sehen. Und bei den noch stehenden sieht man Leute, die noch nach brauchbaren Baumaterialien Ausschau halten. Die Ortsnamen an den Ortseingangszeichen wurden bereits abmontiert (StVO-Frage: Darf ich da nun 100 durch den Ort fahren — mal von der 30er Zone für Kinder abgesehen?). Gigantisch sind auch die Schaufelradbagger, die man vom Ort aus sieht (ein sehr geniales Bild dazu in der Wikipedia
Der nächste Anlaufpunkt auf der Strecke war der zweite Aussichtspunkt mit Blick auf die Beförderungsanlagen. Von da aus ging es dann am Südende des Baggerlochs vorbei bishin zu bereits wieder aufgeforsteten Flächen mit durchaus sehr guten Radwegen. Nur hin und wieder stößt man auf eine Sackgasse. Ein altes Schloß wurde in den 70er Jahren für die Kohle abgerissen, von denen nur noch ein paar Steine erinnern.
Als es dann allmählich dunkel wurde, erreichte ich im Nordosten einen Bahnhof und da ging auch die Radtour zu Ende. Unterm Strich waren es gut 80km — und das eigentliche Ziel, eine ganze Umrundung, habe ich nur zu 7/8 geschafft. Aber dennoch eine interessante Radtour ...
Zur den Bildern der Radtour
Bisherige Kommentare (3)
Kommentar von Pablo
Hättest du mich glatt besuchen kommen können :)
Aber das Loch und die Dörfer sind in der Tat beeindruckend, insbesondere für Menschen die das nicht jedes Jahr sehen weil Gäste kommen die auch mal Garzweiler sehen möchten. :P
Eher für Ortsansässige ist jedoch interessant zu sehen wie sich das Loch immer weiter in die Dörfer reinfrisst und wie immer mehr Dörfer abgerissen werden.
Gruß,
Pablo
Kommentar von Christian
Ich bin soeben mal die Strecken überflogen — mit Google Earth. Das ist schon recht interessant. Man kann da auch sehr gut erkennen, nach welchem System die dort abbauen und welche Dörfer als nächstes dem Erdboden gleich gemacht werden — oder besser gesagt versenkt werden.
Kommentar von Christopher
Schade,dass das schöne Schloss dem Erdboden gleichgemacht werden musste...eigentlich ist das ja eine Schweinerei!Ein jahrhunderte altes Bauwerk umzubaggern.
In Gedenken an das Schloss Harff
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