Verkehr in Neuseeland
Neuseeland und Verkehrswende? Pustekuchen! Aber sowas von. Wer in Neuseeland unterwegs sein will, wird ohne Mietwagen kaum herum kommen. Die Entfernungen gerade im ländlichen Raum sind auch sehr extrem. 20 oder 30km Distanz zwischen Dörfen waren nicht selten. Und diese Dörfer sind auch noch mal extrem zersprengt. Ein Haus hier, das nächste hinter der nächsten Bergkuppe. Trotz der großen Fläche leben auf beiden Inseln zusammen keine 5 Mio Menschen. Und mehr als ein Drittel davon lebt in der Dunstglocke von Auckland. Das meiste sind Einfamilienhausgebiete und nur im verhältnismäßig kleinen Zentrum gibt es eine Ansammlung von Wolkenkratzern.
Straßenverkehr in Neuseeland – StVO
Kommen wir zurück zum Autoverkehr: Ohne Zweifel sollte man vor dem Einstieg in einen Auto sich mit den dortigen Regeln beschäftigen. Doch das ist gar nicht so einfach. Es gibt offensichtlich Bekanntes wie den Linksverkehr. Damit habe ich bisher auch keine Probleme gehabt (auch nicht in England), wenn man sich an eine einfach Regel hält: der Fahrer sitzt immer zur Fahrbahn-Mitte (Solange das Fahrzeug zum Verkehr passt, was bei Mietwagen aber der Fall sein sollte).
Daneben gibt es aber noch weitere Besonderheiten. Es gab vom Neuseeländisches Verkehrsministerium einen kleinen Test (leider nicht mehr online). Klar, das schafft man auf Anhieb (wenn man aufmerksam beobachtet), man darf am Ende auch ein Zertifikat für 10 Neuseeland-Dollar erwerben (und manche Mietwagenfirmen geben dafür auch die 10 Dollar Rabatt, Spaceship nicht).
Und doch ist man mit diesen Fragen noch lange nicht auf Neuseeland vorbereitet. Selbst das Video der Neuseeländischen Verkehrsbehörde (auch nicht mehr online) erklärte es nicht – vermutlich ist es ihr auch peinlich. Biegst du in eine Nebenstraße ein, so hast du zwar auf parallel fahrende Radfahrer zu achten, auf Fußgänger aber nicht. Ebenso wenn du ein Stop-Schild vor dir hast. Das führte auch am ersten Abend – noch vorm Mietwagen – dazu, dass ich als Fußgänger eine Straße querte – und ein Autofahrer wild herum gestikulierte. Und ich fühlte mich zwar im Recht, tatsächlich war es aber der Fahrer. Und diese Besonderheit erklärte bisher kein Reiseführer. Als ich den Mietwagen bei SpaceShips ausgeliegen habe, bekommt man auch noch einmal Neuseelands Besonderheiten erklärt. Doch genau diese nicht. Auf Nachfrage bestätigte mir aber das Personal: Fußgänger spielen nur bei Zebrastreifen eine Rolle.
Mit diesem Erkenntnisgewinn habe ich nun Suchmaschinen angeworfen – und fand weder auf offiziellen Seiten noch bei den Reiseportalen klare Aussagen. Sehr aussagekräftig war eine Petition, die diese Regelung an die internationelen Regeln anpassen wollte.
Kommen wir zum Tempo:
- Maximales Höchsttempo: 100 Stundenkilometern. Das gilt sowohl auf den kurvigen Bergpässen als auch auf den wenigen Kilometern Autobahn rund um Auckland und Wellington.
- Innerorts soll zwar Tempo 50 gelten, aber das Tempo-Limit steht ohnehin am Ortseingang von jeder Ortschaft. Es gab viele kleine Dörfer, die man mit T60, T70 oder gar T80 passieren darf. Ja, es gibt versprengte Ortschaften mit T80!
- Alle Tempo-Schilder wirken hier wie Zonen – anders als der EU. Auch das sagt einem niemand. Biegt man bspw. ab, so gilt das Tempolimit unverändert. Bis es eben wieder aufgehoben wird.
- Tempo-Limits gibt es in der Regel nur, wenn es für die Sicherheit oder Lärm von Anwohnern gilt. Es gibt keine Tempo-Limits für gefährliche Kurven. Vor solchen Kurven gibt es aber empfohlene Geschwindigkeiten. Und die sollte man, meine Erfahrung, auch immer einhalten oder besser unterschreiten (da wir ja als Touristen die örtlichen Gegebenheiten nicht kennen)-
Und zu den Vorfahrtsregeln:
- Es gibt weder Rechts-vor-Links noch Links-vor-Rechts
- Die Vorfahrt an jeder einzelnen Kreuzung ist eindeutig ausgewiesen. (Dafür darf man sich nicht verlassen, dass eine Hauptstraße ihre Bedeutung behält. Wir befuhren State Highways, die abbiegen. Und würde man der Hauptstraße folgen, befährt man eine Sackgasse, die an einer Grundstückseinfahrt endete .)
- Wenn man von den wenigen Autobahnen absieht, gibt es fast nur gewöhnliche Straßen. Die führen meistens durch alle Orte hindurch. Umgehungsstraßen gibt es auch so gut wie nie.
Regeln zum Überholen:
- Häufiger gibt es kurze zusätzliche Überholspuren, gerade in bergigen Regionen von wichtigen Straßen.
- Wenn die Gegenrichtung eine zusätzliche Überholspur hat, darf ich sie (wenn frei ist) auch benutzen. In D ist das verboten.
- Schraffierte Flächen zwischen den Fahrbahnen gelten in D als Sperrflächen, die nie befahren werden dürfen. In Neuseeland befährt man diese zum Abbiegen.
- Wenn der Platz nicht reicht, gibt es sogenannte „Slow Vehicle Bays”. Letztere sehr hilfreich bei LKWs, die dann gerne auch Platz machen (Schlimmer sind die Wohnwagen, die über Berge schleichen – und sich selbst nicht als Slow Vehicle einstufen)
Sehr typisch in Neuseeland sind sogenannte „One-Lane-Bridges”. Also Brücken, bei denen es nur eine Spur gibt. Davon haben wir gut 100 passiert.
In der Regel sind die Straßen asphaltiert, insbesondere die State Highways. Es gibt aber auch Schotterstraßen. In Coromandel waren wir auf so einer gefahren. Manche Mietwagen-Firmen verbieten solche Strecken.
Die Fahrzeuge haben noch eine kleine Besonderheit: Blinker und Scheibenwischer sind vertauscht. Du willst abbiegen – und wischst die Scheibe. Und es beginnt zu regnen – und du blinkst. Nach den paar Tagen und Fiji und drei Wochen Neuseeland hatte ich das im Blut. Zurück in Deutschland durfte ich dieses Phänomen ein weiteres Mal erleben. Auf Fiji lernten wir Neuseeländer kennen, die wir danach fragten. Bei denen war es nicht vertauscht – sie fahren BMW.
Allgemein zum Fahren in Neuseeland sollte man wissen, dass die Zeitprognosen sämtlicher Verbindungsauskünfte zu optimistisch sind. Wir brauchten auf jeden Abschnitt mehr Zeit als angenommen. Sicherlich: Als Tourist macht man hier und da Foto-Pausen. Aber auch die Streckenführung verlangt mehr Zeit. Ehe in Neuseeland eine Brücke oder ein Tunnel errichtet wird, wird in der Regel die Straße um den Berg herumgelegt. Dann gibt es viele enge Kurven (auch mit den eben erwähnten empfohlenen Geschwindiekeiten), doch die Kartendienste scheinen nur die reguläre Höchstgeschwindigkeit zu kennen.
Und auch wenn die Neuseeländer sehr entspannt sind, auch im Verkehr: auch hier gibt es Idioten und Drängler. Ich erinnerte mich an eine One-Lane-Bridge. Wir hatten die Vorfahrt zu gewähren und weil frei war, fuhren wir. Es schoss ein Fahrer an, der nun meinte, sich Vorfahrt erzwingen zu wollen – und erst im letzten Moment anhielt und wild gestikulierte.
Fußgängerverkehr
Schauen wir auf die anderen Verkehrsarten: Fußgänger. Die sind in Neuseeland nur lästiges Übel. Anders kann man die Straßenverkehrsregeln nicht interpretieren. Beim Abbiegen haben Fußgänger immer alles vorzulassen. Und es gibt nahezu ausschließlich Bettelampeln.
Und weil du als Fußgänger immer warten musst, gab es in Wellington eine kleine Besonderheit: die Wartebereich an den Ampeln waren überdacht und boten Regenschutz.
In Auckland war das Signal für die Fußgänger ausgeschalten – und erst nach Betätigungen der Bettelampel wurde es rot (Meine möglicherweise falsche Interpretation: Wenn ich kein rotes Licht sehe, so ignoriere ich diese Ampel – und quere nach Sicht).
Radverkehr
Radverkehr? Das scheint in Neuseeland eine Nische zu sein. An bestimmten Orten entdeckten wir Mountainbike-Pakure (z.B. Parihaka MTB Park bei Whangarei), aber als Verkehrsmittel im Alltag fiel es wenig auf.
Als ich im Zentrum von Auckland war, entdecke ich die städtischen Leifahrräder (Nextbike). Da es in Neuseeland eine Helmpflicht gibt, lagen jeweils auch Helme bei. Lecker: die Polster mit dem Schweiß des Vornutzers.
Richtig viele Fahrräder und auch entsprechende Streifen und Wege fanden wir dagegen nur in Christchurch. Im gesamten ländlichen Gebiet haben wir gar keine Radinfrastruktur gesehen. Und in vielen Städten häufig in einer Form, wie sie auch in Deutschland besteht: Radwege, die einfach so beginnen und enden – ohne jegliche Kontinuität
ÖPNV
In den Ballungszentren von Auckland und Wellington gibt es durchaus ein S-Bahn-ähnlichen Vor-Ort-Verkehr aus jeweils 4 bzw. 5 Linien, bestenfalls mit einem 20er-Takt. Ich bin einmal mit der Bahn gefahren. Die Züge waren durchaus modern, aber auch langsam.
Der Britomart von Auckland gilt als der zentrale Bahnhof. Zur Zeit befindet er sich im Umbau, da eine neue Tunnelverbindung gerade im Entstehen ist (siehe City Rail Link). Trotzdem wirkt er eben wie ein typischer Provinz-Bahnhof mit wenigen Gleisen.
Etwas pompöser sah der Bahnhof in Wellington aus. Sicherlich aber auch nur, weil dieser noch aus alten Zeiten stehen geblieben ist.
Ansonsten gibt es praktisch nur noch Busverkehr, u.a. bin ich in Christchurch mit der lila-Linie gefahren.
Eisenbahn-Verkehr
Der Fernverkehr mit dem Zug ist ein Witz: drei Mal pro Woche fährt ein Zug von Auckland nach Wellington je Richtung. Und ebenso gibt es einen auf der Südinsel zwischen Picton und Christchruch. Am besten frequentiert ist der transalpine Verkehr zwischen Christchruch und Greymouth, der immerhin täglich fährt. Und ehrlich: mit dem transalpinen Zug hätte ich schon gerne eine Tour gefahren. Aber zwei Personen hin und rück mit den leicht antiquierten Zügen über den Arthurs Pass hätte umgerechnet 450 Euro gekostet (bezogen auf die Entfernung ungefähr doppelt so teuer wie Deutsche Bahn ohne BahnCard).
Aufgrund der recht anspruchsvollen Landschaft gibt es im Eisenbahnverkehr manch imposantes Bauwerk, wie z.B. die Raurimu-Spirale in der Nähe der National Park Village. Leider nur von der Luft aus ansehbar.
Flugverkehr
Und waren die Orte noch so klein und abgelegen: Wir haben viele Flugplätze entdeckt, z.B. in Coromandel. Als ich den Inlandsflug für den Rückweg zwischen Christchurch und Auckland buchte, gab es Flüge im Stunden-Takt. Und diese Nachfrage kann ich verstehen: fünfzig Minuten Luftweg. Auf der Straße braucht man dafür (unter Berücksichtigung der Fähre) gut zwei Tage. Mit dem Zug drei. Das war einer der Überlegungen, warum wir auch nur eine Einweg-Miete genommen haben.
Fazit
Informiert euch über die Regeln!
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