Hamburgs neue Autokoalition
Ende April wurde der Koalitionsvertrag der neu gewählten rot-grünen Koalition in Hamburg der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt. Das Ergebnis der Verhandlungen zwischen SPD und Grünen ist für den Radverkehr ernüchternd. Die Radfahrenden sind offensichtlich vor allem diejenigen, die den Autofahrenden mehr Platz verschaffen sollen. Das machen die Koalitionäre zu Beginn des Kapitels für „Verkehr und Mobilitätswende“ mehr als deutlich:
Zugleich ist und bleibt das Auto ein relevanter Verkehrsträger in Hamburg. Bürger*innen, die den Umweltverbund (Bus, Bahn, Fahrrad) nutzen, machen Straßenraum frei und verbessern damit die Bedingungen für diejenigen, die weiterhin Auto fahren wollen oder müssen.
Und das wird nun verkauft als „kluger Mobilitätsmix“. So ist es auch nicht verwunderlich, dass von den zehn Seiten für Verkehr dem Radverkehr insgesamt gerade mal eine 2/3-Seite gewidmet wurde. Wobei: ein großer Absatz davon befasst sich mit dem Thema „Abstellregelungen für E-Scooter“. Also bleibt eine halbe Seite übrig, auf der sich die Koalitionäre zunächst ausgiebig auf die Schulter klopfen, dass wir nun besser in der „Fahrradstadt“ unterwegs sein können. Das mag vereinzelt auch der Fall sein, aber die Mehrheit der Radwege ist immer noch genauso “ziemlich verformt”, wie es schon Olaf Scholz zur Sternfahrt 2017 attestiert hatte.
Es sollen bezirkliche Konzepte erarbeitet werden (Papier ist geduldig), die Radschnellwege sind weiterhin degradiert zu „Radrouten Plus“, und hier und da wird es einen Grünpfeil für Radfahrende und eine in Gegenrichtung freigegebene Einbahnstraße geben – das alles tut ja dem Auto nicht weh. Dafür jedoch „gilt ein grundsätzliches Moratorium für den Abbau von Parkplätzen im öffentlichen Raum“.
Dafür soll lieber die Gehwegfreigabe für Radverkehr geprüft werden. Gleichzeitig betont man im anschließenden Kapitel noch einmal, wie wichtig doch der Fußverkehr ist und lobt vor allem – kein Scherz – die positiven Effekte für den Fußverkehr durch den Bau der A26!
Was die Autofahrenden am wenigsten schmerzt, das wird im Koalitionsvertrag am klarsten formuliert: 40.000 Stellplätze, beispielsweise durch P+R-Anlagen und in den Quartieren. Auch die Radboxen finden Erwähnung.
Alles in allem: Der Koalitionsvertrag ist ein Rückschritt für den Radverkehr. Es fehlt eindeutig der Mut, diese Stadt wirklich zur Fahrradstadt zu machen. Innovative Ideen oder Zukunftsvisionen? Fehlanzeige!
(Dieser Artikel erscheint auch in der Radcity 02/2025 des ADFC Hamburg)
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