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Bürgerentscheid zu Tempelhof

Am kommenden Wochenende findet in Berlin der Bürgerentscheid über die Erhaltung des Flughafens Tempelhof statt – und eigentlich hatte ich im Vorfeld die Hoffnung gehabt, daß es eine interessante Debatte über die Vor- und Nachteile der beiden Szenarien (also Offenhaltung und Schließung) geben wird …

Tja, was soll man nun vier Tage vor der Wahl sagen? Die Befürworter klatschen die Straßen voll mit Sprüchen wie zum Beispiel diesen hier:

Über 70 Prozent der Berliner sind für den Erhalt von Tempelhof

Hellseheriche Fähigkeiten? Naja, mindestens genauso wie gut wie:

Ich bin ein Berliner

Völlig sinnfrei und ohne jeden Bezug. Auch die Gegner kommen nicht wirklich mit handfesten Argumenten:

Ick zahl doch nicht für´n VIP-Flughafen!

Aber immerhin: da gibt es wenigstens überhaupt erst einmal ein Zusammenhang zu diesem Bürgerentscheid.

Aber wer mehr wissen will, muß zu der eher trist gestalteten Wahlbroschüre greifen (die Dresdner zur Brücke war richtig schick dagegen). Aber leider liest sich die Befürworterseite fast wie die BILD-Zeitung – nur halt ohne Bild. Na hoppla, die verlinken sogar ziemlich deutlich auf die BILD-Zeitung mit ihren aufgeblähten 100 Gründen für den Erhalt.

Mit dem Erhalt von Arbeitsplätzen sowie finanziellen Aspekten argumentieren beide Seiten – auf welche Zahlen darf man sich denn da verlassen? Vermutlich wird es keine nennenswerte Differenz geben…

Ein vermutlich nicht zu verachtendes Argument liefern die Gegner durch ein Gerichtsurteil des Bundesverwaltungsgerichts:

[…], dass der planfestgestellten Ausbau des Flughafens Schönefeld unter Beibehaltung der beiden innerstädtischen Flughäfen fachplanerisch nicht gerechtfertigt wäre.

So richtig können die Befürworter diesem Argument nicht den Wind aus den Segeln nehmen – maximal die Frage, ob die Schließung dieses Jahr oder erst mit Fertigstellung des BBI gerechtfertigt wäre.

Eine interessante Frage ist aber trotz alledem, was mit dem Gelände nach der Schließung passieren wird. Auch wenn man hier noch nicht bis ins Detail durchplante Vorschläge erwarten kann, aber ein paar Visionen und Ziele wären schon nicht schlecht. Ein Park ist durch die dichte Bebauung Kreuzköllns sicher nicht völlig verkehrt. Ansonsten aber das Übliche: Wohn- und Gewerberäume. Wenn es etwas in Berlin in Überschuß gibt, dann sind es wohl solche Gebäude. Gibt es denn nichts besonderes, außergewöhnliches, identitätsstiftendes? Etwas, wodurch sich Berlin einmal mehr unter den Metropolen der Welt herausheben kann? Wir reden über die einmalige Chance, eine riesige innerstädtische Fläche komplett neu zu beplanen. Irgendwelche Ideen?

Update: Der Senat hat die Pläne konkretisiert. Und wie schon beschrieben: nichts besonderes.

Bisherige Kommentare (2)

Kommentar von Crazy_AT

Es geht nicht um den Flughafen, auch nicht um den Nutzen für die Bürger (oder den Schaden), es geht einzig und allein darum, wer woran wieviel Geld verdient.
Offenbar kann man mit beiden Varianten dem Staat und den Bürgern Geld aus der Tasche ziehen. Allerdings fließt es je nach Variante in andere Taschen.

Kommentar von Nini

Sicherlich, aber die CDU hat auch eigene Motive, die ich für mehr als plausibel halte..

Aus SPON:

Die CDU erklärt das Thema zur Berliner Schicksalsfrage

Die Union hat erkannt, welches Potential in diesem Thema steckt — und kocht es auf großer Flamme hoch. Der bisher eher profilarme Fraktionsvorsitzende Friedbert Pflüger sitzt seit 2006 im Parlament und will in zwei Jahren wieder als Regierender Bürgermeister kandidieren. Den Vorwurf, sich durch sein Tempelhof-Engagement Wählerstimmen zu sichern, weist er weit von sich. »Ich war schon vor zwei Jahren gegen die Schließung«, sagt Pflüger — und überhöht Tempelhof zur Berliner Schicksalsfrage: »Die Entscheidung über den Flugbetrieb sagt etwas darüber aus, wie wir die Zukunft der Stadt gestalten wollen.«

Übrigens hat sogar die Obdachlosenzeitung für den Erhalt von Tempelhof geworben. Ich war doch etwas erstaunt, wie weit die Wellen schalgen.

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