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Geschlechterstatut

Vor gut drei Jahren habe ich hier im Blog das Frauenstatut der Grünen auseinandergenommen – und mit Ausnahme dessen Anlage kaum ein gutes Haar gelassen. Sicherlich gut gemeint geht es völlig am Ziel vorbei. In einigen Auseinandersetzungen dazu entstand die Idee, ob man nicht auch einige der durchaus positiven Impulse nicht aufgreifen könnte und ein diskriminierungsfreies Status zu entwickeln.

Hier ist mein Entwurf:

§0 Definition von Unterrepräsentanz

Eine unterrepräsentierte Gruppe ist jede Teilmenge an Mitgliedern, die sich durch eine in §1 AGG genannte Eigenschaft von den restlichen Mitgliedern unterscheidet. Entscheidend ist die persönliche Zuordnung zu dieser Gruppe zum entsprechenden Zeitpunkt. Kann diese in §1 AGG genannte Eigenschaft aus den zur Verfügung stehenden Daten nicht ermittelt werden, so wird stattdessen der Gesamtanteil der Bevölkerung im jeweiligen Gliederungsgebiet herangezogen.

§1 Minderung von persönlichen Nachteilen

(1) Kinderbetreuung während politischer Veranstaltungen wird von den zuständigen Geschäftsstellen organisiert. Insbesondere bei größeren Veranstaltungen werden eigene Kinderprogramme gestaltet.
(2) Menschen mit Kindern, die in Gremien der Partei ein politisches Mandat wahrnehmen, erhalten auf Antrag Geld für Kinderbetreuung.
(3) Gleiches gilt für Menschen, die betreuungsbedürftige Erwachsene zu versorgen haben.

§2 Listenaufstellung

Wahllisten sind grundsätzlich unisex aufzustellen.

Jede unterrepräsentierte Gruppe hat das Recht, ein Veto gegen die Wahlliste auszusprechen. Im Falle des Vetos ist die Listenaufstellung zu wiederholen, bei der die veto-einlegende Gruppe die Aufgabe hat, für weitere Kandidaturen zu werben. Je Wahl ist nur ein Veto möglich.

§3 Versammlungen

Präsidien sollen die Vielfalt der Mitgliederstruktur widerspiegeln. Jede im Präsidium unterrepräsentierte Gruppe hat das Recht, weitere Personen zur Aufnahme ins Präsidium vorzuschlagen. Das Präsidium regelt die Versammlungsleitung im Einvernehmen, ist es dazu nicht in der Lage, gilt das Rotationsprinzip.

§4 Redeliste

Redelisten werden unisex geführt. Jede Person hat das Recht, sich in einer Redeliste vor eine Person anzustellen, die auf der jeweiligen Versammlung eine höhere Gesamtanzahl von Redebeiträgen hat. Redebeiträge durch Ausübung von Funktionen wie Vorstand, Sitzungs- oder Wahlleitung sowie die Beantwortung direkt adressierter Fragen werden hierzu nicht mit hinzugezählt.

§5 Gremien

Gremien sollen die Vielfalt der Mitgliederstruktur widerspiegeln. Jede unterrepräsentierte Gruppe hat das Recht, ein Veto gegenüber der Wahl bzw. der Besetzung des Gremiums auszusprechen und die Pflicht, für weitere Kandidaturen zu sorgen. Je Wahl bzw. Besetzung ist nur ein Veto möglich.

§6 Teilabstimmung

Jede Teilmenge an Mitgliedern, die sich durch eine in §1 AGG genannte Eigenschaft von den restlichen Mitgliedern unterscheidet, kann durch 2% der stimmberechtigten Anwesenden einen Antrag auf Teilabstimmung dieser Gruppe stellen. Die Teilabstimmung erfolgt vor der eigentlichen Abstimmung.

§7 Veto-Recht

Wenn das Ergebnis einer Teilabstimmung (gemäß §6) von der Gesamtabstimmung abweicht, haben die antragstellenden Gruppierung der Teilabstimmung ein Veto-Recht mit aufschiebender Wirkung, sofern die Sache selbst eine spätere Entscheidung – auch unter Einberufung einer außerordentlichen Versammlung – zulässt. Die Abstimmung wird dann auf der nächsten Versammlung wiederholt. Das Vetorecht kann je Beschlussvorlage nur einmal wahrgenommen werden.

§8 Politische Bildung

Eine Gruppierung, die sich durch eine in §1 AGG genannten Eigenschaft von anderen unterscheidet und deren Mitglieder im Vergleich zur Gesamtbevölkerung unterrepräsentiert sind, kann Angebote zur politischen Weiterbildung in Anspruch nehmen.

§9 Arbeitsgruppe

Eine Gruppierung, die sich durch eine in §1 AGG genannte Eigenschaft von anderen unterscheidet, hat das Recht zur Bildung einer Arbeitsgruppe, soweit es zur Ermittlung von politischen Interessen dient. Arbeitsgruppen müssen gegenüber dem Vorstand angezeigt werden.

Ich freue mich gerne auf Impulse – in den Kommentaren.

Anmerkungen zu den Paragrafen:

§0 Definition von Unterrepräsentanz

Da dieses Statut davon ausgeht, dass Unterrepräsentanz vielseitig (und nicht nur auf Geschlechtsmerkmale in einer Richtung bezogen sein kann) ist es wichtig, diese möglichst allgemein zu definieren. Auch wenn Definitionen trocken sind. Und es mitunter weitere Kriterien als sie im AGG geben könnte.

§1 Minderung von persönlichen Nachteilen

Dieser Absatz entspricht der Anlage des Grünen Frauenstatuts – und ist nur redaktionell angepasst.

§2 Listenaufstellung

Geschlechtsmerkmale haben für eine Listenaufstellung keine Relevanz. Dennoch kann das Ergebnis einer Wahl sein, dass bestimmte Teile der Partei sich nicht wiederfinden. Damit diese die Möglichkeit haben, auf eine Liste noch Einfluss zu nehmen, gibt es ein Veto-Recht. Gleichzeitig wird bei Ausübung des Veto-Rechts erwartet, dass bei einer wiederholten Wahl die Kandidatenlage sich verbessert.

§4 Redeliste

Häufig gibt es Vorurteile, dass Personen aufgrund Geschlechtsmerkmale dominanter sind und mehr Redebeiträge abgeben möchte. Dieser Mechanismus geht zu Lasten von Personen, die zu allem etwas sagen müssen. Diese Praxis wird bei Piratenparteitagen schon teilweise angewandt, so dass auf den Abstimmkarten Strichlisten geführt werden.

Paritätsgesetz

In Kenntnis der verfassungsrechtlichen Problematik…

Am 31.01.2019 beschloss der brandenburgische Landtag, dass Wahllisten künftig alternierend von Männer und Frauen zu besetzen ist. Dieses Gesetz wird uns einen Bärendienst erweisen auf dem Weg in eine Gesellschaft, in welche die Geschlechtsmerkmale von politisch agierenden Personen keine Rolle mehr spielen. Und ehrlich: Da will ich hin. Weg mit Geschlechterklischees oder die Reduzierung von Menschen auf angeborene Merkmale.

Ladenschlussgesetz komplett abschaffen

Ich bin für die komplette Abschaffung der Ladenschlussgesetze – inklusive Grundgesetzänderung zur Sonntagsöffnung. Ohne Wenn und Aber!

Diese Forderung kann gerne als radikal eingestuft werden. Aber es ist nichts, was nicht auch schon in einigen Ländern dieser Erde praktiziert wird. Egal ob ich nach Osten (Polen, Tschechien) oder nach Westen (Portugal, Irland) schaue. Finnland hat es 2016 geschafft. England ist weit liberaler, Schottland erst recht. Warum nicht auch hier?

G20 - Ablehnen oder nicht lieber Fordern?

Durch den G20-Gipfel wird Hamburg Anfang Juli im Ausnahmezustand versetzt werden. Einerseits werden die Regierungschefs der größten Staaten eingeflogen, andererseits dürfte es zahlreiche Proteste geben. Jede Menge Polizei, die Demonstranten und Durchführung trennt und jede Menge Menschen, die in ihrem Lebensalltag eingeschränkt werden.

Ich muss gestehen: Mich lässt das gesamte Ereignis fragend zurück. Es ist schwer, dieses Treffen inhaltlich zu greifen.

Andrea Nahles hat das BGE verstanden

Bundesarbeitsministerin Andreas Nahles hat das Bedingungslose Grundeinkommen verstanden. Denn eines der wichtigsten Stärken des Grundeinkommens ist, die Abhängigkeit und den Zwang der Menschen zum Arbeitsmarkt zu lösen – und das hat sie (anders als viele ihre Parteigenossen) sehr zutreffend erkannt:

Nun sollte man meinen, dass das Herz der Sozialdemokratie höher schlagen müsste. Doch Fehlanzeige: Mit den Worten „Es widerstrebt mir persönlich” lehnt sie die Idee ab. Es widerstrebt ihr, dass niemand freiwillig im Niedriglohnsektor schlechte Arbeit verrichten möchte.

Genau genommen haben wir die Situation doch heute auch schon: Niemand will doch freiwillig eine schlechte Arbeit machen (was ist eigentlich schlechte Arbeit?) – und niemand will dafür wenig Lohn erhalten. Unser heutiges Sozialsystem zwingt viele Menschen dazu, irgendeine Arbeit zum Hungerlohn nachzugehen, weil sonst das Arbeitsamt Leistungen zu kürzen droht. Nun liefert das BGE die Chance, das zu ändern.

Zwar wirkt der Satz der Arbeitsministerin einer sozialdemokratischen Partei wie ein undurchdachter Versprecher – aber er spiegelt sehr wohl wieder, was die SPD wirklich will.

Wahl-o-mat Schleswig-Holstein

Ein neuer Wahl-o-mat ist draußen. Dieses Mal für Schleswig-Holstein. Ich habe ihn mehrfach gemacht, dieses Mal mit unterschiedlichen Ergebnissen. Mal waren Piraten vorn, mal Linke.

Anders als bei den sonstigen Wahl-o-Mat-Artikeln nehme ich dieses Mal nur eine Auswahl in den Beitrag:

Anträge für den Bundesparteitag in Düsseldorf

Am kommenden Wochenende findet der Bundesparteitag in Düsseldorf. Ich bin die Wahlprogrammanträge einmal durchgegangen. Nahe zu alle! Und gebe sie hier kurz wieder sowie einige Gedanken dazu.

Mir ist neben den inhaltlichen Aspekten auch immer eine gewisse Prägnanz wichtig. Also Themen lieber kurz und Prägnanz packen, die Welt können wir auch in Begründungen oder Positionspapieren erklären.

Bündelung sozialliberaler und humanistischer Kräfte in Deutschland

Wie so viele andere Piraten überraschte auch mich vorgestern die Nachricht des Bundesvorstandes über die Bündelung der Kräfte bzw. Kooperation der betroffenen Parteien

Nagut, völlig kalt traf mich die Botschaft nicht. Denn hier und da nahm ich schon Signale wahr. Zumindest, wenn man aufmerksam war. Es gab schon Äußerungen von Mitgliedern von Parteien, die beispielsweise nicht mehr in der Verhandlungsrunde sind.

Um mit der Kritik zu beginnen: Ich hätte mir von Anfang an eine saubere Kommunikation gewünscht. Als das erste Treffen anberaumt war, hätte kommuniziert werden müssen, dass Gespräche stattfinden. So etwas ist ja auch ein Signal an mögliche, aber bisher übersehende Kooperationspartner, sich diesen Gesprächen noch anzuschließen. Nun ist dies unterblieben und das ist ein Makel an dem nun beginnenden Prozess.

Ich hätte mir lieber einen anderen Weg vorgestellt – und habe dazu auch einen passenden Sonstigen Antrag für den Bundesparteitag in Düsseldorf eingereicht:

Der Bundesparteitag fordert den Bundesvorstand der Piratenpartei auf, Gespräche mit kleineren Parteien im progressiven Parteienspektrum zu suchen, ob Optionen für eine Konsolidierung bestehen. Die Auswahl und der Verlauf der Gespräche soll nachvollziehbar erfolgen und die Ergebnisse zudem auf dem nächsten Bundesparteitag zusammengefasst vorgestellt werden.

So ein Beschluss hätte dem Bundesvorstand Rückendeckung gegeben. Er hätte ihm vor allem auch ein Mandat gegeben. Zudem hätte er auch Erwartungen niedergelegt, wie zu informieren ist.

In soweit teile ich Kritik an der mangelnden Öffentlichkeit. ABER: ich entnehme auch der E-Mail, dass keinerlei Entscheidungen gefallen sind. Wie auch? Wenn beispielsweise Parteien verschmelzen, so sind Beschlüsse von Bundesparteitagen nötig. Und die werden auch in einer Woche in Düsseldorf nicht vorliegen. Wenn nun Piraten (oder auch Mitglieder der anderen Parteien) meinen, ihr Parteibuch niederlegen, weil sie sich übergangen fühlen, dann ja… ist denen nicht mehr zu helfen. Gewissermaßen torpedieren sie das Ansinnen in einer Phase, in der alles offen ist.

Denn in der Sache stehe ich hinter diesen Bemühungen: Es ist niemanden geholfen, wenn zahlreiche Parteien das gleiche wollen. Das wird auch in der Begründung des Antrages deutlich:

In den letzten Jahren entstanden neben der Piratenpartei einige weitere, kleinere Parteien, deren Programmatik dem Parteiprogramm nicht (oder allenfalls nur unwesentlich) widersprechen. Oftmals fordern diese nur Teilthemen der Piratenpartei oder setzen innerhalb ihres fast deckungsgleichen Programms auf andere programmatische Schwerpunkte.

So schön diese Parteienvielfalt und inhaltliche Einigkeit bei den Themen ist: das Potential der Wähler, die ein zu Piraten vergleichbares Programm wählen würden, splittet sich damit auf mehrere Parteien auf. Die Sperrklausel von 5% auf Bundesebene macht damit einen Einzug einer dieser Parteien unwahrscheinlicher. Zudem werden wir in Wahlkämpfen Probleme haben, Differenzen zu politischen Mitbewerbern aufzuzeigen, die praktisch das gleiche wollen.

Nun lehne ich mich zurück – und warte gespannt auf die Pressekonferenz am Dienstag. Ja, und ich beobachte die Reaktionen im Vorfeld. Über Austritte sprach ich schon. Bei den Neuen Liberalen leakte es im Vorfeld. Viele Piraten schreiben auch ähnliche Artikel. Ich finde die Einschätzung von Astrid sehr zutreffend. Die Einschätzung von Michael teile ich nur bedingt:

Dann – noch viel schlimmer – der Zeitpunkt. Die Pressekonferenz soll am Dienstag stattfinden, am Sonntag darauf ist Landtagswahl im Saarland (NRW und SH folgen nicht viel später).

Mit der Pressekonferenz haben die Parteien noch mal die Chance vor der Wahl in die Presse zu kommen. Das Risiko sehe ich höchstens, dass es aufgrund der allgemeinen Wahlnachrichten nach unten fallen könnte.

Ich selbst habe für den Ausgang nur eine Präferenz: unser Programm. Wie die Organisation am Ende aussieht, bin ich leidenschaftslos.

Von daher: Warten wir Dienstag ab. Und lasst uns den holprig begonnenen, aber unheimlich wichtigen Prozess gemeinsam weiter begleiten!