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Homepage von René Pönitz

Sommerinterview

Ja, ich gestehe: seit dem Sommerinterview habe ich einen Ohrwurm. Ich kann nicht anders. Und normalerweise versuche ich so wenig wie möglich über diese braune Brut zu schreiben. Heute eine Ausnahme. Die ARD, von allen guten Geistern verlassen, interviewte die Chefin der Braunen.

Wer sich wirklich quälen will, kann es sich in der Mediathek ansehen – im Grunde genommen ist ja ihre Welt einfach: es sind immer die Zugezogenen schuld. Immer. Egal um was. Gesundheitskosten steigen, die Zugezogenen waren es. Das Wetter schlecht, die Zugezogenen sind schuld. Sie spult ihre Phrasen ab, ganz gleich, ob sie zur Frage passen. Wie Klingbeil, nur viel krasser. Spannend ist nur die letzte Frage:

Können Sie uns drei Dinge nennen, die in Deutschland richtig gut laufen?

Nun sind es ja ausgerechnet die Braunen, die jedes Mal Stolz auf das Land, in dem sie geboren worden sind – und das auch immer wieder betonen müssen. Nun müsste das ja bei ihr wie aus einer Fontäne sprudeln. Stattdessen sagte sie:

Ganz schwierig.

Der Moderator fragte also nach:

Wollen Sie kurz überlegen – oder sagen Sie lieber nichts?”

Ok, die aktuelle und die letzten beiden Regierungen sind also doof. Der Moderator muss noch einmal nachfragen:

Worauf ich besonders stolz bin, dass die deutschen Arbeitsnehmer und Arbeiter immer weiter machen, die Hoffnung nicht aufgegeben haben, für unser Land einzustehen, und nicht längst den Büttel hingeworfen haben.

Ich habe keine Ahnung, was der Unterschied zwischen Arbeitnehmer und Arbeiter ist. Und was sie nun weitermachen. Aber der Moderator ließ es durchgehen:

Ok, das ist einer.

Energiekosten.

Darauf kann man wahrlich stolz sein, wenn man die Atomkraft wieder haben will. Es erfolgt noch Blabla von ihr. Und die Abmoderation.

Paypal - Diese lästige Bezahlsystem

Ich gebe zu: ich mag paypal nicht. Paypal ist ein geschlossenes System, in dem nur Leute teilhaben können, die sich da anmelden und ein Konto verfügen. Gruppenzwang mit Tendenz zum natürlichen Monopol. Ganz im Gegenteil zu meiner Bank: ich kann Geld dank IBAN überall hin überweisen – auch wenn du bei einer anderen Bank bist. Für die Bezahlabwicklung in Online-Shops gibt es Optionen, dass man mit IBAN bzw. Debitkartennummer zahlt. Aber zwischen Privatpersonen wurde diese Lösung noch nicht geschaffen.

Der größte Fehler und Lästigkeit dieser Plattform ist aber: Es findet keine Prüfung statt, ob ein Konto wirklich existert.

Wenn du an eine IBAN überweist, gibt es zunächst die beiden Prüfziffern No. 3 und 4. Ein Zahlendreher würde zu ca. 99% der Fälle dazu führen, dass ich gar nicht überweisen kann. Und ist das Konto nicht existent, geht das Geld direkt zurück. Anders gesagt: Es kann kein Geld im luftleeren Raum existieren. Zudem wird auf EU-Ebene gerade der Abgleich mit dem Namen erörtert.

Bei Paypal ist das alles anders. Es mag eine sympatische Idee sein, die E-Mail-Adresse (oder zumindest etwas, was syntaktisch wie eine E-Mail-Adresse aussieht) als Kontonamen zu verwenden. Es verführt aber auch dazu, dass Leute dann denken, man kann einfach Geld an diese E-Mail-Adresse schicken. Und so tat es eine Nachbarin.

Ich bekam also eine E-Mail, dass mir jemand Geld per paypal geschickt hat. Und ich wunderte mich. Dabei habe ich doch gar kein Konto und denke mir: ohne Konto müsste das Geld ja zurückgehen. Aber das tat es nicht. Ich bekam jeweils im Monatstakt Erinnerungsmails. Und als Überweisender gehst du implizit davon aus, dass alles seinen Gang gegangen ist – bei dir ist das Geld ja abgebucht.

Mit anderen Worten: ich habe also eine Art inaktives Scheinkonto, was als Kontonamen eine von mir benutzte E-Mail-Adresse ist. Ich habe Zweifel, dass es eine Rechtsgrundlage für diese Verarbeitungsform meiner Daten gibt – Aber gut.

Nun kann man sich ärgern. Nun kann man dieser aus meiner Sicht unseriösen Plattform schöne E-Mails schicken. Ich entschied mich für den einfacheren Weg: Ich eröffne ein Paypal-Konto, mit dem einzigen Zweck, dieses Geld in eine für mich verwertbare Form zu überführen, um anschließend das Konto wieder zu löschen/schließen.

Nachdem ich es also angelegt habe, konnte ich tatsächlich über das Geld verfügen. Aber nur innerhalb des Paypal-Netzwerkes. Ein solches Konto lässt sich nur wieder schließen, wenn es leer ist. Im Rahmen der Schließung ist eine Banküberweisung möglich, aber nur auf ein zuvor authorisiertes Bankkonto. Und für diese Authorisierung gibt es zwei Optionen:

  • Sie überweisen dir einen Testcent mit Überweisungsbetreff, den du dann im Portal wieder angibst
  • Du musst ihnen Zugriff auf dein Konto gewähren, damit sie im Konto herumschnüffeln können.

Option 2 wirkt völlig absurd – und ich hege auch hier Zweifel, dass ich mich vertragskonform gegenüber meiner Bank verhalte, wenn ich Dritten Zugang zu meinem Konto einräume.

Also musste ich warten. Und weil ich ungeduldig war und diesen Fall abschließen wollte, habe ich das Geld auf das Paypal-Konto einer anderen Person transferieren lassen (und regelte den Rest außerhalb). Und konnte es damit schließen.

Der Testcent, also der Lohn für meine Mühe, kam bei mir trotzdem an. Vielen Dank an Paypal. Und ich frage mich nun, ob ich mir erneut ein Paypal-Konto einrichte. Allerdings nur mit der Absicht, mir mein Konto mittels Testcent verifizieren zu lassen. Aber dann nicht nur einmal. Es könnte dann das bestverifizierteste Konto im Universum werden.

Übrigens: Man kann Überweisungen bei Paypal auch stornieren. Für den Geldtransfer auf ein nichtexistentes Konto gibt es eine Benachrichtungsmail, für die Stornierung dagegen nicht.

Die Sache mit den Ferienwohnungen

In der aktuellen Hamburger Obdachlosenzeitung Hinz&Kunzt ist ein Artikel zu Ferienwohnungen

Der große Aufreger ist die Zahl 12706. In der Printversion wird diese besonders hervorgehoben. Das ist die Zahl der angemeldeten Ferienwohnungen mittels Wohnraum-Schutznummer. Der Artikel referenziert auf diverse Anfragen der Linken (u.a. in Eimsbüttel), die Anstiege und Sprünge vermeldeten.

Wir sollten uns zunächst erst einmal besinnen, was das Ziel des ganzen ist: solange der Mietmarkt angespannt ist, sollen Wohnungen Wohnungen bleiben. Und nicht umgewandelt werden in Beheberungstätten (“Ferienwohnung”), Arztpraxen oder Büroflächen. Das sollte eine konsente Forderung sein. Zumindest teile ich sie. Und sie wäre auch im Sinne einer Obdachlosenzeitung. Und vermutlich dürfte das auch im Sinne der Linken und einiger anderer Parteien sein.

Drehen wir mal die Uhr zurück ins Jahr 2013. In der schöneren Metropole, Berlin, nahmen die Ferienwohnungen in einigen Ortsteilen wie Prenzlauer Berg und Kreuzberg schon fast exponentiell zu. Ehe man als Vermieter den nächsten Mietvertrag unterschreibt und damit Dauermieter in die Wohnung lässt, ist es viel lukrativer, für ein vielfaches da Touristen reinzunehmen. Und wenn das im großen Stile passiert, spürt man das im Wohnungsmarkt. Also hat die damalige SPD-CDU-Regierung das Zweckentfremdungsverbotsgesetz (bzw. die dazugehörige Zweckentfremdungsverbotsverordnung) erlassen. Und so ähnliche Tendenzen gab es auch in anderen Städten.

Allerdings schossen sie über das Ziel hinaus. Und zwar deutlich. Denn nun war jegliche kurzzeitige Vermietung verboten, die außerhalb von Hotels und bzw. offiziellen Übernachtungsstätten passierten. Und nun fragen sich zurecht einige Bewohner: warum kann ich meine Wohnung im Urlaub nicht untervermieten (oder das WG-Zimmer in den Semesterferien) – denn damit nehme ich doch keine Wohnung dem Wohnungsmarkt weg. Im Gegenteil: die Wohnung wird dann auch genutzt, wenn ich nicht da bin. Und man muss keine Glaskugel haben, um zu ahnen, was dann passiert ist: ein Gericht folgte genau dieser Argumentation.

Und haltet mich für konservativ: jede politische Einflussnahme soll auf einen konkreten Zweck einzahlen. Und wir sollten noch einmal inne halten, was der Zweck ist: es sollen keine Wohnungen dem Wohnungsmarkt verloren gehen.

Also begann man zu differenzieren. Und das ist schwierig. Wo legt man eine Grenze? Und hier haben verschiedene Städte unterschiedliche Regelungen getroffen. Hamburg hat sie so getroffen, dass maximal 50% der Wohnfläche – oder maximal 2 Monate (im Jahr) in die sogenannte “Kurzzeitmiete” gehen kann. In NRW sind die Regeln ähnlich, wer dort aber Student ist, darf auch sechs Monate kurzzeitvermieten. Nimmt man das in Anspruch, so muss man eine Wohnraumschutznummer beantragen und der Behörde einen Belegungskalender hinterlegen, mit dem man eben nachweisen soll, dass man sich an diese Grenzen eben hält (Die Wohnraumschutznummer ist eine genehmigungsfreie Leistung: man zeigt sie an – und darf entsprechend agieren).

Und nun kommen wir zurück zur Zahl 12706. Ich finde keine andere Quelle, die diese Zahl belegt. Auch bei den Linken gibt es keine Presseerklärung. Aber es werden ja einige Zahlen aus den Bezirken veröffentlicht, u.a. auch zu Nord. Da sollen es 2891 sein. Nun gab es im Januar eine Anfrage der Linken – demnach wurden insgesamt seit 2019 3003 Wohnraumschutznummern beantragt, davon waren vor ein paar Monaten aber nur noch 350 aktiv. Wie auch immer man nun diese Zahlen rechnet: diese gemeldeten “Ferienwohnungen” sind und bleiben zunächst die “guten” Ferienwohnungen. Also Ferienwohnungen, die man ehrlicherweise so auch nicht nennen sollte (Welcher Student nennt sein WG-Zimmer Ferienwohnung, wenn er das zwei Monate untervermietet?). Und ob dieser dramatisch wirkende Anstieg nun wirklich ein Anstieg in der Realität ist – oder einer im Bewusstsein, dass man diese Nummer auch beantragen muss… man weiß es nicht!

Nun gibt es noch Wohnungen, für die es eine erteilte Zweckentfremdungsgenehmigung gibt. Also wo der Bezirk konkret eine Überschreitung der Spielregeln erlaubt. Nach der Anfrage in Eimsbüttel gab es dort bisher zwei Fälle.

Und es gibt auch gewerblich betriebene Wohnungen mit Wohnraumschutznummer in geringem Umfang. Das kommt vor allem dann zum Tragen, wenn offizielle Beherberungstätten auch auf Portalen wie airbnb einstellen.

Das eigentliche Kernproblem ist doch ein ganz anderes: die unbekannten Ferienwohnungen. Die schwarzen Schafe. Die, die sich nicht an die Spielregeln halten. Die, die wirklich Wohnraum zweckentfremden. Und die unzureichende Kontrolle. Die chronische Unterbesetzung der Bezirksämter für diese Aufgabe. Und das wird im Artikel zwar auch erwähnt, geht aber in der Nebelkerze der 12706 Ferienwohnungen völlig unter.

Laut Anfrage der Linken in Eimsbüttel sind Bezirksamt Eimsbüttel für das gesamte Thema Wohnraumschutz 5 Vollzeitäquivalenten (also 5 Personen in Vollzeit) vorgesehen und nun auch voll besetzt. 5 Personen, die Leerstand prüfen, unerlaubte Ferienwohnungen aufspüren, Anträge auf Wohnraumschutznummern genehmigen und sicherlich auch einige Vor-Ort-Begehungen machen etc. Für einen Bezirk mit ~270.000 Einwohnern wirkt das alles nicht viel. Und in den anderen Bezirken sieht das nicht viel besser aus.

Und nun soll, nach Auffassung der Linken, dieses chronisch unterbesetzte Bezirksamt noch Statistik-Quatsch für die “guten” Ferienwohnungen machen, so ein (abgelehnter) Antrag von März 2025 in Nord:

Die Bezirksamtsleitung wird dazu aufgefordert: 2. die für Ferienwohnungen vergebenen Wohnraumschutznummern ab sofort im Bezirk Hamburg-Nord statistisch mit folgenden Daten zu erheben: Stadtteil, Straße, wird die ganze Wohneinheit oder nur Teile davon als Ferienunterkunft genutzt, bietet der oder die Vermieter*in mehr als eine Ferienunterkunft an und wenn ja: wie viele, ist die Wohnraumschutznummer noch aktiv und wenn ja: seit wann

(Es mag sein, dass diese Daten auch auf Knopfdruck sich erzeugen lassen – aber was nützt es?)

Mikey Kleinert von den Linken in Eimsbüttel schreibt in einer Pressemeldung (so auch im Artikel bei Hinz&Kunzt)

Wir brauchen dringend eine gesetzliche Nachschärfung, die Wohnraum als Ferienwohnung unattraktiv macht.

Ich finde es immer wieder schön, gesetzliche Nachschärfungen zu fordern, ohne irgendwie konkret zu werden, was verschärft werden soll (und das wird dann unkritisch abgeschrieben). Und ja, man kann die zwei Monate verkürzen. Oder auch die 50%. Aber wir haben doch kein Regelungsproblem, wir haben ein Vollzugsproblem.

Kurzum: Wenn wir das als Hamburg mit dem Wohnraumschutz ernst nehmen wollen, so müssen zwangsweise Kontrollen intensiviert werden. Andernfalls benachteiligt man nur die Menschen, die sich an die Regeln halten.

bytheway: Bisher hielt ich diese Zahlenschlösser, die man an Metallstreben befestigt für ein Indiz von Ferienwohnungen – allerdings wird das auch gerne von Bauarbeitern genutzt.