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Die Folgen der Abmahnwellen ...

Der juristische Terror (kennt jemand eine bessere Beschreibung ?) in voller Blüte: Abmahnwelle überrollt deutsche Songtext-Seiten.

Zugegeben: der Fall dauerte mehr als drei Wochen, ehe er im heise-Newsticker erschienen ist. Einige Plattenverlage haben die Betreiber von Songtextseiten abgemahnt. Unklar ist immer noch der astromische Streitwert (vielleicht kann mir das einer mal vorrechnen ?). Interessant ist dagegen, daß die abmahnende Anwaltskanzlei auf deren Homepage ein sehr wackeliges Impressum hat: kein Verantwortlicher und keine Umsatzsteuer-ID.

Aber jenseits des Knatsches zwischen Anwalt und Fan, sollte man sich auch einmal den Imageschaden der Band anschauen. Wer kann denn noch mit gutem Gewissen zu einem Konzert seiner Lieblingsband gehen, während deren Verlag die Fans gerade abgemahnt hat? Und die Band wird mit Sicherheit den größten Imageschaden haben, z.B. wer kennt »Kling Klang«, wer kennt »Keimzeit« und wer kennt den »Hansa M.V. Berlin«?

Keimzeit haben aufgrund der zahlreichen Anfragen ihr Gästebuch schließen müssen:

Wenn ein Verlag zu einem Rechtsmittel greift, um seine Interessen zu schützen, dann ist das ein Vorgang, auf den wir keinerlei Einfluß haben. Wir haben weder veranlaßt abzumahnen, noch sind wir in der Lage Abmahnungen von Verlagen gegenüber Betreibern von Internetseiten zurückzuziehen.

Dabei werden Maßnahmen, die den Schaden vorrübergehend lindern sollen, schnell als Zensur bewertet. Leider wird das Gästebuch aber auch ziemlich trocken geschlossen:

Mehr ist zu diesem Thema von unserer Seite aus nicht zu sagen.

Ich denke, emotionsloser kann man das Thema nicht beenden. Der richtige Weg wäre eher Gesicht zu zeigen, daß das Verhalten des Verlages vielleicht urheberrechtlich korrekt ist, aber moralisch und gesellschaftlich absolut daneben ist. Denn nur so kann die Band auch den Imageschaden abprellen. Siehe dazu auch den Spreeblick:

Falscher, meine Herren, kann man es weder ausdrücken noch machen.

Wenn weder ihr noch eure Stellvertreter Einfluss auf euren Verlag haben, der immerhin von eurer Kreativität lebt und mit euch Verträge hat, wenn ihr der Meinung seid, der Verlag schütze seine Interessen, während der Verlag von euren redet, wenn ihr nicht die Eier habt, bei eurem Verlag Widerspruch gegen sein Vorgehen einzureichen, auf Mitspracherecht zu pochen und für die Leute, die seit Jahren mit viel Aufwand für eure Popularität sorgen und Geld in eure Produkte investieren, einzustehen? dann wundert euch nicht, wenn eines Tages auch niemand mehr zu euch steht.

Wer sich ein paar weitere Kommentare bei heise anschaut, wird merken, daß allgemein die betroffenen Bands degradiert werden, meistens auch die Musikindustrie als ganzes, nur selten der Verlag. Keimzeit stand fast immer in Mittelpunkt. Sarah Connor hin und wieder auch. Vermutlich ist die Enttäuschung bei Keimzeit größer.

Blondie gehört auch zu den betroffenen Gruppen. Hier ging es um das Lied: »The Tide Is High«. Das Lied stammt allerdings nicht von der Band, sonder von den The Paragons.

Der Spiegel faßt das ganze Dilemma noch einmal zusammen:

Wie auch beim Thema Musikdownload hat man also auch hier wieder einmal einen Trend ganz einfach verschlafen. Dafür wird jetzt umso energischer versucht, die davonschwimmenden Felle wieder einzusammeln.

Ich habe vorerst die Kategorie »Musiktips«, auf der ich hin und wieder interessante und unbekannte Titel inklusive kurzen Textfragmenten vorgestellt habe, gesperrt. Rein aus Vorsichtsmaßnahme. Werde ich vermutlich in Zukunft nur noch für Gemafreie Musik tun!

Die offene Frage: wie kann man das Mahnungswesen in geregelte Bahnen lenken? Eine Vision wäre es, wenn die erste Abmahnung kostenfrei wäre. Dann überlegen sich die Geschädigten, ob man den Fall wirklich mit einem Anwalt löst. Es würde allerdings auch ein Gesetz reichen, welches vor dem Gang zum Anwalt die direkte Kontaktaufnahme fordert!

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