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iCHANCE: Wenn analphapetische Kartoffeln lernen, Gangster zu werden...

Der Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung hat derzeit eine Kampagne, vermutlich mit dem Ziel, sogenannte funktionale Analphabeten anzusprechen — aber ganz sicher bin ich mir da nicht. Das ganze nennt sich iCHANCE[1] — ja, noch ist das kleine i am Anfang voll im Trend. Noch.

Wer sich diese Seite anschaut, wird mit zwei Videos konfrontiert. Das erste schildert eine Situation, in die Leute mit sehr geringen Lesefähigkeiten geraten könnten, ist jedoch mit einigen Kraftausdrücken versehen (»Du bist ja so ein Schimmelpilz«). Das zweite beginnt seriös und aufklärend — aber auch nur die ersten 20 Sekunden, danach kann einem die Spucke wegbleiben:

Ursprünglicher Link

Herr Bastürk, was müßte sich Ihrer Meinung nach an unserem Bildungssystem ändern, damit mehr Schüler gleiche Chancen bekämen.

[..] Es dürfte in jeder Stadt nur eine Schule geben. Alle gemischt. Kanacken, Kartoffeln, Arme, Reiche. Dann alle hätten gleiche Chancen. Und gleichzeitig: alle würden so praktikummäßig machen. Beispiel: die Kartoffeln, sie würden von den Kanacken lernen, wie man Gangster wird. Und die Kanacken, sie würden von den Kartoffeln lernen, wie ein Gängster pünktlich wird.[..]

Autsch! Soll das nun cool sein, lieber Bundesverband? Wirklich? In meinen Augen ist das peinlich, fast schon rassistisch. Es ist eine Schande gegenüber den ganzen Vereinen, die wirklich wichtige und nützliche Arbeit leisten! Und ob ein Analphabet nun mit dem Anreiz, (pünktlicher) Gangster zu werden, eher die Schulbank zu drücken wird, mag auch zu bezweifeln sein. Was rauchen die Leute, um so einen Schwachsinn zu produzieren (und den dann auch noch groß zu bewerben)?

[1] Ich distanziere mich von dieser Seite. Wer sie trotzdem aufrufen möchte: ichance.de

Bisherige Kommentare (8)

Kommentar von René

Ich bekam übrigens vom Projektleiter Post. Die da oben abgebildete Person soll demnach ein (nicht lachen!) Komiker sein, der — ich zitiere — »für einige Menschen etwas zu provokant [ist], aber von den meisten Menschen wird der Humor verstanden.«

Sicherlich kann man nun über Geschmack und Humor streiten. Und würde so ein Beitrag im Quatsch Comedy Club gezeigt, wäre es mir schlicht und ergreifend auch egal. Aber eine Aufklärungskampagne, die sich außerhalb der politischen Korrektheit bewegt, kann man nicht mehr ernst nehmen. Komiker hin oder her.

Zu dem erster Video mit den Kraftausdrücken sehe ich noch die Gefahr, daß es Leute animieren könnte, (funktionale) Analphabeten stärker zu diskriminieren und damit die Hemmschwelle sinkt, ähnliche Begriffe in ähnlichen Situationen rauszuhauen.

Erinnern tut mich das an die wohl scheinbar lustigen Werbespots der Stasi-GEZ.

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