Zauberei bei Galeria Kaufhof: aus drei Hosen zwei machen
Ich wurde beim Verlassen des Galeria Kaufhofs am Berliner Ostbahnhof von einem Ladendetektiv angehalten. Er meinte, ich hätte eine Jeans eingesteckt, die ich nicht bezahlt hätte. Sie begründeten den Verdacht durch Videoaufzeichnung — demnach soll ich wohl mit drei Hosen in eine Umkleidekabine gegangen sein, anschließend waren beim Herausgehen nur noch zwei nachvollziehbar gewesen.
(In der Tat hatte ich beim Suchen der Umkleidekabine noch drei Hosen gehabt. Spontan legte ich davon aber eine zur Seite, ehe ich diese betrat — nur das war nicht gerade in der Nähe dieser Kabine).
Gut, sie wollten in die Tasche schauen, mittlerweile waren sie zu Dritt. Das wollte ich nicht. Interessant fand ich die nun einsetzende Einschüchterungstaktik. Zum einen wurde mir vorgeworfen, ich würde nicht kooperieren (was aber in der Form nicht stimmt: ich bot an, die abgelegte Hose zu suchen — das wollten die Detektive dann doch nicht. Wäre wohl zu einfach gewesen). Man drohte mit Polizei. Der eine meinte, die Spielräume für Toleranz würden zu dem Zeitpunkt nur noch marginal sein, wenn die Polizei erst anrückt, gäbe es die volle Härte. Mehr als einmal musste ich die Detektive dann doch bitten, mich nicht anzufassen — nur weil ich nicht genau da stand, wo sie mich gerne hätten. Ich wollte die Aufzeichnung sehen — doch die solle ich wohl erst vor Gericht zu Gesicht bekommen. Auch Höflichkeit und gegenseitigen Respekt blieben auf der Strecke (Stichwort: Ausreden lassen statt Reinreden).
(Die Situation hatte mich schon etwas überrumpelt. Souverän wäre natürlich gewesen, selber die Polizei zu rufen.)
Gut, lange hat es nicht gedauert, dann kamen zwei Beamte. Die Detektive erklärten ihre Story.
Mein Fehler war an der Stelle: ich hätte die Tatsache abstreiten sollen — und Belege verlangen. Immerhin unterstellen mir die Detektive eine Straftat, bei der selbst die Warensicherungsanlage nicht angesprungen ist.
Wie zu erwarten: im Rucksack war die gesuchte Jeans nicht zu finden. Die Beamten konnten auch keine Werkzeuge zum Entfernen von Sicherungsetiketten finden (was man sich darunter auch immer vorstellen mag).
Der Tatverdacht hat sich also als nichtig herausgestellt. Die Polizei prüfte noch, ob ich denn in ihrer Langfingerkartei zu finden sei und sie müßten noch warten, ob die Detektive nun trotz alledem eine Anzeige erstatten (was wohl theoretisch möglich ist). Denn diese waren merkwürdigerweise immer noch der Meinung, ich wäre mit drei Hosen in die Kabine gegangen.
Eine Verkäuferin, die ich zuvor im gesamten Hosenareal nicht gesehen habe, schilderte wohl ihre Sicht der Dinge. Ich konnte nach kurzer Überlegung meiner Wege auch die Hose wiederfinden. Sie lag noch genau da, wo ich sie abgelegt habe. Sie glaubte mir aber nicht, ich hätte an diesem Punkt nie gestanden. Sie glaubte mir auch nicht, als ich ihr sagte, von wo genau ich die Hose her hatte. Sie berief sich lieber auf die Aussage der Detektive, dass ich mit drei Hosen die Kabine betreten habe — und war der Ansicht, dass ich die Hose nach dem Verlassen irgendwo nun abgelegt haben sollte. Helfen kann ich der guten Dame wohl nicht mehr.
(Ich verstehe nun auch, warum an den Kabinen steht, man solle maximal drei Kleidungsstücke mit reinnehmen — Detektive können wohl nur bis drei zählen)
Normalerweise dürfte man nun erwarten, dass man sich aufrichtig entschuldigt, vielleicht ein Wiedergutmachgutschein oder ein Freiessen im ladeneigenen Restaurant. Stattdessen fiel die Antwort eher nüchtern aus (sinngemäß): »Die Polizei ist weg. Sie können gehen.«
Nunja, die Videoaufzeichnungen würden mich nun doch interessieren.
Das Urteil ist sicherlich ganz interessant: 40 C 269/88
Der Kunde, der von einem Kaufhausdetektiv zu Unrecht eines Diebstahls verdächtigt und bis zum Eintreffen der Polizei am Weggehen gehindert wird, hat gegen den Detektiv ein Schmerzensgeldanspruch wegen Freiheitsentziehung.