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Homepage von René Pönitz

Nachlese zur Bundestagswahl, die 2.

Und noch ein paar weitere Anmerkungen zur Bundestagswahl. Dieses Mal zu den politischen Mitbewerbern.

Partei Bibeltreuer Christen,

In der ARD gab es eine interessante Zusammenfassung der sontigen Parteien: ARD-Mediathek, bei ca. 6 Minuten waren die Bibeltreuen Christen zu hören:

Gott hat sich das anders gedacht. Er hat dem Adam eine Eve geschaffen, liebe Leute. Und nicht einen Steve.

Diese bahnbrechende Logik kratzte sehr an einen Lachmuskeln. Wie wäre das Leben in all den Jahrtausenden gewesen, wenn das imaginäre Übergeschöpf dem Adam nicht nur eine Eve, sondern einen Steve mit dazu geschaffen hätte. Dieser Logik wurde danach noch eins drauf gesetzt:

Ich persönlich sage: bei Leuten die wirklich so natürlich veranlagt sind – und nicht nur dafür geworben wurden und reingefallen sind – die sind halt gewisserweise behindert, in normaler Weise sich sexuell fortzupflanzen. Und mit Behinderten gehen wir grundsätzlich freundlich um.

ödp

Ebenso aus der ARD-Sendung bei der 29. Minute:

Die ödp ist weder rechts, noch links, sondern vorne. Wir machen die Politik für die Zukunft.

Irgendwoher kenne ich diesen Spruch. Die Farbe auch. ;-)

Feministische Partei

Auf der Webseite der Feministischen Partei entdecke ich einen fragwürdigen Aufruf zum Sammeln für Unterstützerunterschriften Der etwas andere 1€-Job:

Die Bezahlung erfolgt gegen Rechnungsstellung an den Bundesmitfrauenverband. Es müssen mindestens 50 UU abgegeben werden, damit eine Bezahlung erfolgen kann. Berechnung: 1 beglaubigte UU = 1 EUR. Unserer Erfahrung nach muss mit einer „Ausschussquote“ (falsche oder unleserliche Angaben, Angabe des Zweitwohnsitzes) von ca. 15% gerechnet werden.

Ich habe mir mal das Wahlprogramm näher herangezogen. Aus dem Bereich Bildung:

  • Gantagsschulen, bei der die Hausaufgabenbetreuung durch Lehrer abgenommen wird (welchen Sinn haben dann Hausaufgaben eigentlich noch?)
  • In jedem Studienfach soll einen Lehrstuhl für feministische Theorie, Praxis und Forschung eingerichtet werden plus Vernetzung untereinander
  • In den Studien- und Prüfungsordnungen soll die Frauenforschung verankert werden
  • Durch Bundesmittel sollen Frauen-Hochschulen in jedem Bundesland eingerichtet werden – von Frauen für Frauen.
  • Ausbildung von Architekten sollen einen politisch-/sozialwissenschaftlicher Schwerpunkt als Pflichtfach erhalten, u.a. mit dem Fachgebiet „Grundlagen feministischer Planung”.

Ich habe nicht nur Bauchschmerzen beim Eingriff in die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre. Ich frage mich ehrlich gesagt nach dem Nutzen dieser ganzen Forderungen. Was bringt es bspw. die Frauenforschung in der Lehre der Wirtschaftsinformatik?

(Politisch in dem Kontext nicht ganz korrekt, aber dennoch: die Mathematiker haben es geschafft)

Die Violetten

Bei den Parteiforderungen der Violetten gibt nicht wenige Überschneidungen zu den Piraten. So zum Beispiel Trennung Kirche-Staat oder Volksentscheide. Der Schwerpunkt liegt beim Bedingungslose Grundeinkommen, so auch im offiziellen Werbevideo:

(Wobei mich die Begründung des BGE als Wähler hier nicht überzeugen würde)

Sorgen habe ich bei der Forderung nach Abschaffung der Krankenversicherungspflicht. Ich verstehe die Überlegungen, das mag für die alltäglichen Wehwehchen zutreffen. Aber ein Krebsbefund oder ein schwerer Verkehrsunfall würde dann mit einer Privatinsolvenz einhergehen.

Die Partei

Ich finde es immer wieder erfrischend, Wahlwerbevideos der PARTEI zu sehen. Nachfolgend eins der Direktkandidaten für Treptow-Köpenick und Neukölln:

Nachlese zur Bundestagswahl

Nun ist die Bundesagswahl gut eine Woche vorbei. Das Ergebnis ist nun hinreichend bekannt. Im neuen Bundestag bekommt wieder jede Fraktion einen eigenen Turm im Reichstagsgebäude. Dafür repräsentiert der Bundestag nur noch 82,4% der Wähler.

Dass die Piraten im Bundestag nicht vertreten sein werden, ist schade. Es hätte eine Bereicherung sicherlich gegeben. Aber so ist das nun mal!

Das Wahlergebnis ist auch für einige andere Parteien bitter. Dafür folgten den Tag drauf prompt Rücktrittsmeldungen bei Grünen und FDP. Ich hatte gehofft, dass ich von solchen Meldungen bei den Piraten verschont bleibe. Im zwei Monaten finden ohnehin Vorstandswahlen statt. Aber so gab es eine Twittermeldung, die für mehr Fragezeichen als Erklärung sorgt – und jedes Presseerzeugnis zieht eigene Schlüsse.

Verlust gab es auch bei der Piratenfraktion NRW am Wahlabend.

Rückendeckung inhaltlicher Art gab es übrigens auch wieder von Volker Pispers: NSA – Nicolaus sieht alles.

Unerwartet Rückendeckung gab es im Endspurt des Wahlkampfes vom Management der Band „Die Ärzte”. Sie demonstrierten auf eindrucksvolle Art und Weise, dass reformbedürftig das Urheberrecht ist. So wurde im Wahlkampf unter anderem mit einer Textzeile aus dem Lied „Deine Schuld” geworben:

Es ist nicht deine Schuld, das die Welt ist wie sie ist. Es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt.

Sehr gelungen finde die Reaktion von Bruno Kramm, den Ärzten ihre Riffs vorzuführen:

(Ich stimme nur im Vergleich zu den Toten Hosen nicht überein: es ist völlig legitim, wenn ein Urheber über die Verwendung seiner Werke auskotzt oder sich gar distanziert.)

Ganz im Gegensatz zu den Presseerzeugnissen dieses Landes, die stets versuchen, Klischees aufrecht zu halten. Ich möchte Ihnen das gar nicht absprechen, die Verlage genießen schließlich Pressefreiheit. Es ist aber erschreckend, wie viele Leser das alles für bare Münze halten. Seit der Berlinwahl ist meine Parteimitgliedschaft bekannt – und die häufigsten Fragen, die ich von Bekannten und Kollegen bekomme, sind nicht etwa inhaltlicher Natur, sondern irgendwelche Belanglosigkeiten, die ich häufig zuvor im Nachrichtenteaser von Spiegel und Co überflogen habe. Ihr habt ja gar keine Frauen? Ja, sind sie denn alle zerstritten? Hat XYZ das wirklich gesagt? Und kann man im Fernsehen mit Sandalen auftreten?

Wie manipulativ Zeitungen sein können, kann man am Spiegel sehr gut nachvollziehen. Im Januar rechnete die Journalistin Annett Meiritz mit den Piraten ab: Man liest ja so einiges über Sie – Zugegeben: für das Verhalten einiger Piraten kann man sich nur fremdschämen. Wenn allerdings so ein Artikel ohne erkennbares aktuelles Ereignis wenige Tage vor einer Landtagswahl erscheint, bekommt das ganze ein sonderbaren Beigeschmack.

Ich zitiere aus besagten Artikel:

Die wenigen [Frauen] jedenfalls, die da sind, werden selten auf wichtige Posten gewählt – wie ein Blick auf die Kandidatenlisten für den Bundestag zeigt.

Ein paar Wochen später stellen die Berliner ihre Landesliste auf – und wiederlegen völlig ihre These. Auch ohne Quote wurden auf den ersten vier Listenplätzen nur Frauen gewählt. Für den Spiegel war dies noch nicht einmal eine Randnotiz wert. Der Name der Berliner Spitzenkandidaten taucht nur im Zusammenhang mit einem Wahlkampfberater mit fragwürdiger Vorvergangenheit auf. Dafür gab es vor der Wahl einen Abgesang – und nach der wieder einen Abgesang. Und es war mit Sicherheit nicht der letzte.

Manches Presseerzeugnis prägte den Begriff Schlömer-Truppe. Sehr schön. So habe ich die Piraten noch nie gesehen.

Und zum Abschluss noch einen Blick in meinen Wahlbezirk Treptow-Köpenick: Wenn ich mir die Wahlergebnisse im Detail anschaue, so hat mich vor allem das Erststimmenergebnis der AfD erschreckt: 4,0% (und damit auch Vorsprung gegenüber die Piraten). Besagter Kandidat tummelte sich vor gut einem Jahr auch bei unserem Stammtisch – und vorsichtig formuliert: ich bin nicht böse, dass er (falls er es je war) nicht mehr Mitglied unseres „aus Pseudonymen bestehenden Sektiererhaufen” ist , um es mal in seinen Worten wiederzugeben. Das letzte, an was ich mich erinnern konnte, waren Verschwörungstheorien für unsere Mailinglisten, die von einem „geheimnisvollen Großen Bruder” gefiltert werden.

Die U18-Wahl macht Hoffnung

Die ersten Ergebnisse der U18-Wahl sind online. Demnach sind die Piraten bei den Jugendlichen die zweitstärkste Partei im Bezirk (mit einer Stimme Vorsprung zu den Linken):

Auffallend ist, dass Berlin nicht überdurchschnittlich abschneidet, sondern genau im Mittelwert liegt. Und innerhalb Berlins sind vor allem die Ostberliner Außenbezirke am erfolgversprechensten.

Abgebloggt....

TV-Duell: Wie der Gewinner nur verlieren kann

Ein semipolitisches Fernsehformat macht ein Fernsehduell zwischen der aktuellen Bundeskanzlerin und einen ihrer Herausforderer – mit einem sensationellen Preisgeld von 300.000 Euro.

Dieses Geld, Herr Steinbrück, können sie sich abholen bei TV Total oder wir schicken es Ihnen. Wie auch immer!

Das ist eine verdammt blöde Idee! Für fast alle Seiten.

Zunächst ist das Geld wie eine Parteispende zu sehen. Auch wenn der tatsächliche Empfänger (Verschwörungstheoretiker denken sich noch das Wort „scheinbar” dazu) noch nicht feststand, so ist zumindest die Empfängergruppe von insgesamt 30 zur Wahl stehenden Parteien auf 2 reduziert. Und eine Spende eines Medienkonzerns in Höhe von 300.000 Euro an den Spitzenkandidaten ist eine nicht unerhebliche Großspende. Das einzige Positive in diesem Zusammenhang ist, dass diese Spende öffentlich erfolgte.

Doch genau diese Öffentlichkeit sorgt nun für das zweite Problem. Es hieß, sie können das Geld auch für den Wahlkampf ausgeben. Doch der öffentliche Druck steinbrückt die SPD samt Kanzlerkandidaten, wenn sie das tun. Sie stehen in Zugzwang, das Geld gemeinnützig zu spenden.

Das widerum führt zum nächsten Problem: die meisten gemeinnützigen Organisationen werden den Teufel tun, Großspenden von Parteien anzunehmen – vor allem in der Wahlkampfzeit. Und bei den „Ärzten ohne Grenzen” spielt die politische Neutralität eine noch viel stärkere Rolle. Von daher ist es nicht verwunderlich, wenn sie Steinbrück und die SPD abblitzen lassen.

Vermutlich sollte die SPD nun von den Ärzten lernen: und selber das Geld ablehnen!