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Kosten von Solaranlagen und Atomkraft

Gut gemeint und gut gemacht sind zweierlei Paar Schuhe. Das Katapult-Magazin veröffentlichte dieser Tage eine Grafik zum Vergleich der Kosten des Kernkraftwerkes Flamanville mit denen von Solarmodulen:

Die Grünen im Europäischen Parlament unterstreichen auch gleich die Aussage:

Atomkraft rechnet sich nicht Kusshand

Es ist 2022 – und ich bin langsam müde mit dieser Form der politischen Kommunikation. Ich habe auch keine Lust, mich mit solchem Zahlenwerk intensiver auseinander zu setzen, wo schon offensichtlich Zahlenspielereien dabei sind.

Auf der einen Seite ist das Kraftwerk so eine Art französischer BER. Man mag spekulieren, ob diese Kosten bei anderen Kraftwerken so reproduzierbar sind. Auf der anderen Seite wird ein komplettes Kraftwerk (also wo alle Kosten von Grund, Planung, Bau, Zinsen, etc.) mit dem Kauf von Hardware-Modulen verglichen – zu einem Stückpreis von 47,50€. So als sind diese mit Fingerschnippen in ausreichender Menge installiert und angeschlossen.

Aber Halt: Was bringt uns diese Debatte eigentlich?

Die Frage der Energieerzeugung sollten wir nicht durch die Kosten bestimmen. Was, wenn sich gar das das Gegenteil herausstellen sollte?. Bauen wir dann mit den selben Argumenten Atomkraftwerke, nur weil sie sich doch rechnen?

Nein! Wir sollten die Frage der Energieerzeugung stets im Kontext unserer Umwelt betrachten.

Unbestritten ist bei Atomkraft der Kreislauf immer noch nicht geklärt: niemand will die strahlenden Stäbchen in seinen Vorgarten, vor allem nicht die Bayern. Das Zwischenlager Asse leckt – und muss ausgeräumt werden. Und wenn Pannen passieren (Tschernobyl) sind hinterher ganze Landstriche unbewohnbar. Solche Folgen sind zu keinem Preis dieser Welt einpreisbar.

Natürlich haben auch erneuerbare Energien Nachteile. Die Leistung dieser Solarmodule sind ja auch sehr abhängig von der Helligkeit. Und auch Windräder liefern bei Windstille nur wenig. Und auch Wasserkraftwerke und Pumpspeicherwerke verändern recht ordentlich den Lebensraum der Tiere, keine Frage. Aber auf dieser Ebene müssen wir abwägen, wie wir unseren Energiebedarf (den man sicherlich auch in Frage stellen darf) absichern – um nicht in dieses Szenario eines BlackOuts zu rutschen.

Solche plumpen und billigen Rechnungen verlagern leider nur die Debatte auf Kosten und bringen uns keinen Millimeter voran. Im Gegenteil: sie sind schlicht kontraproduktiv.

Sparda Bank Hamburg - Am Nutzer vorbei

Die Sparda-Bank Hamburg hat Ende letzten Jahres ihre IT-Systeme umgestellt – schreibt sie auch groß auf ihrer Webseite.

Nun war ich wieder in der Filiale – und wollte Überweisungen am Terminal vornehmen. Und musste warten. Warten, weil der, der gerade vor dem Gerät stand, damit nicht klar kam. Was auch kein Wunder war. Hinter mir warteten auch schon einige. Aus sicherer Entfernung sah ich, wie der Typ mehrfach zwischen dem Bildschirm und der Erklärtafel daneben blickte.

Ich fragte den Mann, ob er vielleicht Hilfe braucht. Er schien sichtlich überfordert – an einem Überweisungsformular. Offensichtlich sprach er eine andere Sprache als ich – und so habe ich nur Fragmente verstanden. Zum Glück war es nicht mein erster Besuch – und wäre wohl an der selben Stelle gescheitert. Ich schaffte es aus sicherer Entfernung (Reminder: Corona), ihn soweit zu lotsen, dass er seine Überweisung erledigen konnte.

Dieses Muster hatte ich zuvor in einer anderen Filiale, als mich jemand auf Englisch ansprach. Da der dortige aber nicht in der Lage war, seine Maske richtig zu tragen, verweigerte ich jegliche Hilfe und verließ die Filiale (die nur ein Terminal hatte).

Wenn ich mir das Formular anschaue, so lassen sich elementare Design-Fehler erkennen. Die zentrale Frage ist ja, was ich mit dem Formular machen will. Richtig: Überweisen. Doch welche Optionen stehen zur Verfügung? Prüfen und Löschen.

Und “Löschen” ist da platziert, wo üblicherweise etwas wie “Weiter” steht, wo es also in der Sache vorangeht. Der Typ hatte also alles eingegeben – und klickte dann eben auf Löschen. Erwartungstreue. Würde ich auch nicht anders machen, wenn ich die Sprache nicht verstünde. Es gibt ja auch keine erklärenden Piktogramme.

Als ich das erste Mal davor stand, grübelte ich nämlich auch. Nein, ich will nicht prüfen. Es wird doch alles richtig sein – denkt man ja. Ich meine: was soll auch geprüft werden? Den Geldbetrag? Den Empfängernamen? Der Zweck? Das einzige, was sinnvoll zu prüfen ist, ist die IBAN – dank der Prüfzimmern. Der wird doch wohl bei der Eingabe der IBAN diese prüfen?

Fehlanzeige! Die IBAN wird erst nach “Eingabe prüfen” validiert. Und hast du einen Fehler, kannst du ihn nicht sofort korrigieren – du musst wieder zurück. So bescheuert ist kein anderes System, was ich kenne. Jeder Online-Shop validiert sofort deine IBAN. Es gibt Standard-Prüffunktionen, ob eine IBAN gültig ist oder nicht. Das machte auch die Sparda-Bank früher so. Warum diese Rolle rückwärts in die Steinzeit?

Andere Funktionen, die dagegen nützlich sind, gehen ein wenig unter: “Als Vorlage unter folgenden Namen speichern” – Nicht essentiell für die Überweisung nötig, aber man erspart sich bei wiederkehrenden Zahlungen die erneute Eingabe für IBAN, Zweck und Co, weil man die dann aus einer Liste auswählen kann. Versteht das jemand? Wenn die Überweisung ausgelöst wurde, ist es zu spät. Dann kannst du es erst mit der nächsten Überweisung wieder speichern…

Ist man dann fertig, steht die nächste Hürde an: der Auswurf der Karte. Früher wurde die Karte sofort ausgeworfen – nun muss man explizit die Herausgabe anfordern. Nein, ich möchte keine Statistiken sehen, wie häufig Karten in Geräten zurück gelassen werden.

Ich würde mir mehr wünschen, wenn User Experience auch bei der Oberflächengestaltung berücksichtigt werden würde.

Corona: Saarländisches Werbeverbot

Bisher war das Saarland in Sachen Corona recht unsichtbar. Bei den Infektionszahlen stachen sie weder positiv noch negativ heraus, weder Ministerpräsidentin noch Bildungsminister fielen über Gebühr durch krude Vorstellungen oder Verfehlungen auf und ich nahm in meiner Filterblase keine nennenswerten Ereignisse wahr.

Nun gibt es das ominöse Werbeverbot. Ich zitiere den Saarländischen Rundfunk:

Geschäfte und Discounter, die auch während des Lockdowns geöffnet haben, dürfen im Saarland ab dem 22. Februar nicht mehr für Artikel außerhalb des täglichen Bedarfs werben. Das Saarland führt als erstes Bundesland ein entsprechendes Verbot ein.

Mal salopp formuliert: Wenn ALDI mal wieder nen Laptop verticken will, so darf ALDI diesen nicht bewerben, solange der MediaMarkt nebenan wegen Corona geschlossen ist.

Ich habe mir noch keine abschließende Meinung zu dieser Idee gebildet.

Bei mir aufgeschlagen ist das Thema durch folgenden Kommentar:

Im Frühjahr 1975 wird Werbung in der DDR faktisch verboten. Erlaubt ist sie nur noch für einzelne Bereiche, etwa für Kulturpolitik, Lotterie und die Teilnahme an Messen.
Im Februar 2021 folgt das Saarland.

#Werbeverbot #SPD

Weitere mussten die Herkunft von Erich Honecker betonen (Wer es nicht weiß: er wurde in Neunkirchen geboren, was heute zum Saarland gehört)

Was bewirken solche Kommentare? Vermutlich gibt es Leute, die sofort Applaus klatschen, klar. Ich gehöre zu denen, die sich dann fragen: Würde es ernsthafte Bedenken gegen diese Idee geben, so würde man diese auch artikulieren – und nicht so einen Blödsinn mit DDR als Universalkeule.

Ich selbst sehe vor allem zwei Sorgen in dieser Idee:

  • zum einen ist es wieder so ein Vorstoß eines einzelnen Bundeslandes. Warum bespricht man solche Ideen nicht im Kreise der Ministerpräsidenten? Diese Alleingänge einzelner Bundesländer ist doch das, was in dieser Pandemie am meisten nervt!
  • zum anderen ist es wieder eine kaum prüfbare Regelung. Zum einen stellt sich die Frage, ob vor oder in dem Geschäft geworben werden darf – und wo exakt die Grenze liegt. Zum anderen werden die Ketten ihre Werbemaßnahmen nicht an Bundeslandgrenzen ausrichten. Wenn also ALDI Süd einen neuen Laptop mit Fernsehwerbung promoten will, muss das dann im Saarland weggefiltert werden? Ehe es also ein Werbeverbot gibt, wäre ein Verkaufsverbot zielführender.

Das nur meine Gedanken zu dieser Idee. Und jetzt sollten wir uns auf die wichtigeren Fragen der Pandemie widmen: den Schulen, die Digitalisierung und Lernformate.

Bremsende Patente den Impfstoff?

Die dramatische Meldung dieser Tage: Es gibt einen Impfstoff gegen Covid19 – aber viel zu wenig Dosen. Viele Impfzentren laufen trocken und vergeben kaum noch Termine. Die Tagesschau stellt die Frage Bremsen Patente die Impfstoffproduktion?. Die zentrale These daraus:

Experten und Regierungen fordern deshalb, Patente auszusetzen. Doch die Pharmaindustrie wehrt sich.

Diese Fragestellung stellte ich mir auch. Neben der eigentlichen Frage stellte ich dabei auch das Programm der Piratenpartei auf den Prüfstand. Denn diese Forderung ist, selbstkritisch, unzureichend:

Wir fordern, dass das Patentsystem reformiert oder durch sinnvollere Regelungen ersetzt wird. Keinesfalls darf es durch innovationsfeindliche Regelungen ergänzt werden.

Es wurde teilweise auch über Enteignungen diskutiert. Ich versuche hier meine Sicht der Dinge darzustellen:

1. Die Idee hinter Patenten ist, dass ein Erfinder seine Idee “veröffentlicht” – und im Gegenzug eine zeitlich befristete Exklusivität (in der Regel 20 Jahre) an der Nutzung dieser Idee erhält. Nach Ablauf dieser Schutzfrist ist diese Idee frei für alle. Deshalb kann heute jeder – aus patentrechtlicher Sicht – Aspirin herstellen – und ist eben kein Geschäftsgeheimnis mehr. Und an diesem Grundsatz sehe ich wenig Bedarf zu rütteln.

2. Das exklusive Nutzungsrecht muss nicht in jedem Fall von Vorteil des Erfinders sein. Ein deutscher Elektrotechnik-Hersteller wurde für seine Klemmen erst nach Ablauf der Patente bekannter, weil plötzlich alle es nachbauen konnten.

3. Patente sind natürlich eine Form des geistigen Eigentums – und unterliegen daher auch dem Grundgesetz-Artikel 14 (“Eigentum verpflichtet”). Die ebenso da erwähnte Enteignung sehe ich nur als Ultima Ratio – und dafür wären dann Entschädigungsleistungen zu zahlen.

4. Viel entscheidender ist hier allerdings die staatliche Förderung der Forschung bzw. des Patentes. BioNTech selbst schreibt von bis zu 375 Mio Euro Förderung. Ich weiß nicht, was die Firma selbst investierte, aber der Jahresumsatz 2019 lag laut Wikipedia bei 121,5 Mio Euro. Allerdings ist Pfitzer ebenso beteiligt und bedeutend größer.

Wenn der Staat also in nicht unerheblichen Anteil eine Erfindung mitfinanziert, so sollte das Ergebnis entweder gemeinfrei werden – oder zumindest Nutzungsrechte am Patent erhalten. Die zweite Option ist vor allem im Kontext anderer Länder wichtig. In einer Debatte schlug auch jemand die Adaption der OpenSource-Idee auf Patent, was sicherlich auch einen gewissen Charme hat – nur deren rechtliche Tragweite ich nicht abschätzen kann1.

Wir müssen uns vor Augen halten: wir finanzieren erst als Staat diese Erfindung mit – und bezahlen dann auch noch für viel Geld diese Dosen. Und dann bekommt es der Hersteller nicht geregelt, pünktlich zu liefern – und selbst bei pünktlicher Lieferung der Bestellung ist der Umfang noch zu gering. Und dabei will ich den Hersteller jetzt gar nicht verurteilen. Die haben vorher Krebspräparate hergestellt und sind Massengeschäft nicht gewohnt.

Dieses Risiko nennt Single Point Of Failure, die eine Stelle deren Scheitern immense Folgen hat. Und bei der wir alle nur schauen und hoffen können, dass alles gut geht und die eine Firma es gestemmt bekommt. Dieses Problem könnte mit dem Aussetzen der Patente gelöst werden, es hätte aber auch schon gereicht, wenn der Staat sich durch die Förderung ein Nutzungsrecht gesichert hätte. Und dann braucht man zum Wohle der Gesellschaft nicht Aussetzen oder Enteignen.

1 Die OpenSource-Idee könnte bei Patenten wohl dazu führen, dass darauf aufbauende Patente ebenso OpenSource wären, woraufhin diese Forschung dann ausbleiben würde – zumindest bis zum Auslaufen der Patente.

Servicewüste SpardaBank Berlin

Letzte Woche war ich mal wieder in Berlin. Und besuchte dort die Sparda Bank beim Bahnhof Friedrichstraße.

Normalerweise war ich immer gerne Kunde und Genosse der Berliner SpardaBank gewesen. Seit einiger Zeit nun bei der Hamburger SpardaBank. Die SpardaBanken sind zwar getrennte Banken, laufen aber in einem Verbund. Wenn man beispielsweise in den Bereichen der anderen Banken unterwegs ist, kann man trotzdem an den Terminals Überweisungen tätigen oder Kontoauszüge ziehen (Außer bei der SpardaBank München, da gibt es keine Terminals).

Ich wollte also in Berlin einen Auszug ziehen, der Automat verweigerte den Dienst. Ich erinnerte mich noch an letztes Weihnachten in Dresden. Da hing dieses Schild:

(Ich lass da erst Dezember, bis ich realisierte, dass die ihre IT-Umstellung binnen drei Monaten nicht gebacken bekamen)

Nun dachte ich: nach einem Jahr muss das doch laufen, oder?

Da zu diesem Zeitpunkt die Filiale noch geöffnet war, nutzte ich die Gelegenheit und fragte nach.

Wir haben einen neuen IT-Dienstleister. Darum geht das nicht.

Bei der Antwort wollte ich schon nach einer versteckten Kamera suchen. Als Wirtschaftsinformatiker weiß ich, dass ein Anbieterwechsel kein Hindernis sind. Als Kunde und Genosse muss mich der technische Betrieb nicht jucken. Ich will, dass es funktioniert.

Ich fragte nach, warum es dann keine Schnittstellen gibt – doch sie verstünde davon ja nix, sie sei nur eine „Bankberaterin”.

Bemerkenswert wurde der Schwarze Peter dann den anderen Sparda-Banken zugeschoben. Die hätten ja auch anpassen können (oder den Anbieter wechseln können). Nur mal Hand aufs Herz: Warum sollen die anderen 10 SpardaBanken etwas anpassen, wenn eine Bank ihren Dienstleister wechselt? Doch auch auf diese Frage gab es keine Antwort. Sie sei ja nur Bänkerin.

Ich wurde gefragt, ob mich meine Bank nicht informiert hätte. Schließlich ging damals eine Meldung an alle Banken raus. Nein, in der Tat nicht.

(Das Skurile am Beruf des Bänkers ist die umheimliche Expertise, einem zu erklären, wie sicher Online-Banking ist. Aber bei verbundsinternen Schnittstellen sind sie blank).

Auf mein „Die SpardaBank Berlin kriegt es nicht auf die Reihe” erwiderte die Bankberaterin nur, dass sie alles auf die Reihe bekommen. Es funktioniert ja alles. Also alles, was soll. Ich bin ja nur Kunde einer anderen SpardaBank. Das Dumme ist nur: solche Schnittstellen funktionieren ja in beide Richtungen. Kunden der SpardaBank Berlin können nun auch nicht in Hamburg an die Automaten gehen.

„Kann ich mich beschweren?”
„Ja, aber bei ihrer Bank. Sie sind ja kein Kunde hier.”
„Das macht nichts. Noch bin ich Genosse der Sparda Berlin”
„Ja, aber morgen wieder. Ich habe nun Feierabend!”

Wir halten noch mal fest: Die Sparda Bank Berlin fummelt an ihrer IT herum – und erwartet nun, dass alle anderen nachziehen müssen. Und weil die das nicht tun, funktionieren Schnittstellen nicht. Zum Leidwesen der Kunden. Ich erinnere mich an die Sparkasse der frühen 2000er Jahre, wo ich in Dresden keinen Kontoauszug von Pirna holen konnte und umgekehrt. Das war einer der Gründe, die einst für die Sparda-Bank sprach.

Nun haben wir mittlerweile 2019.

Siehe auch: Sparda-Bank Berlin eG, Berlin: es läuft was schief…

Anmerkung, die 1.

Als Genosse der Bank kann man sich dafür noch nicht einmal fremdschämen. Man ist ja Genosse:

Anmerkung, die 2.

Wie zu erwarten, waren die Antworten auf die Beschwerdemail ohne tiefere Substant. Sparda Berlin begründet es mit „technischen Änderungen” und verweist auf Online-Banking, Daueraufträge und Lastschrift. Zudem setzen sie Verständnis voraus – was nicht gegeben ist. Sparda Hamburg begründet es immerhin mit einem Wechsel des Rechenzentrums.

Anmerkung, die 3.

Während auf den Webseiten der SpardaBanken die Kundenzufriedenheit hochgejubelt wird, kann ich das in meiner Filterblase gerade gar nicht wiederfinden. War vielleicht mal so…

Brillenversicherung

Bei einem Besuch beim Optiker Brillen Joseph in Hamburg-Harburg. In der Tischmitte liegen Flyer für eine sogenannte Brillenversicherung herum. Im Verkaufsgespräch war es auch ein zentrales Thema.

Die Tarife klangen zunächst verlockend. Und wann immer das passiert, sollten Alarmglocken läuten. Die Grundregel unseres Wirtschaftssystems lautet nun mal: Niemand hat etwas zu verschenken.

Das Angebot setzt sich zusammen aus einer Brillenbonusversicherung (monatlich 7,90 Euro) und einer Brillenbonuskarte (einmalig 7,90 Euro). In Kombinationen umfasst dies:

  • Bei Brillendefekt (unabhängig vom Schadenseintritt außer Vorsatz): Ersatzbrille
  • Nach 2 Jahren: Zuschuss bei Brillenneukauf von 280 Euro
  • Bei Sehstärkenänderung 75% des Rechnungsbetrages, maximal 210 Euro

Im Gespräch stellte sich der gegenüber als derjenige dar, der diesen Versicherungsdeal vor zwei Jahren angestoßen habe. Das Gespräch war durchaus sehr interessant. Kleingedrucktes haben sie nicht in der Filiale vorrätig, die bekäme man ohnehin dann mit der Vertragsannahme zugeschickt (Vertragsabschluss via App in der Geschäftsstelle). Auf Nachfrage bekam ich noch einmal ein altes Formular, doch auch dieses enthielt nicht die Klauseln. Lediglich einige Punkte zu Datenschutz- bzw. Schweigepflichtentbindung.

Zunächst war es bemerkenswert, dass die Brillenbranche allgemein degradiert wurde: die Brillen würden heute generell nicht mehr so halten wie früher. Alles würde nur noch so hergestellt werden, dass es eben an die 2 Jahre hält. Würde es wesentlich länger halten, würden ja kaum noch Brillen verkauft. Tränendrüse, jaja.

Diese Aussage bestätigte aber mein Gefühl, dass dieser Anbieter fast nur noch Kunststoffgestelle in Angebot hat. Und die sind allesamt etwas labriger als meine letzte Brille aus Metall, die ich bereits deutlich länger als zwei Jahre habe.

Auf der Webseite klingt es dann etwas schöner formuliert:

Trend! Alle zwei Jahre wieder im Trend sein.

Im Grunde genommen wird das Ziel dieser sogenannten Versicherung klar: Es geht nur nebensächlich um eine Versicherung, es geht vor allem um die Frage, wo und wann du deine nächste Brille kaufen wirst. Denn rechnerisch hast du nach knapp 2 Jahren knapp 190 Euro einbezahlt. Dieser Betrag ist dann etwa auch der Zuschuss, der dann eben bei diesem Optiker (bzw. dessen Kette) gilt. Vor allem geht es aber auch darum, dass du möglichst nach diesen zwei Jahren eine neue Brille kaufst. Denn wenn du drei Jahre einzahlst, erhöht sich der Zuschussanteil nur noch geringfügig. Danach gar nicht mehr.

(Wie ich der FAQ entnehme, kann man diese Versicherung nach zwei Jahren jeweils jährlich kündigen. Der Brillenbonus käme also erst im dritten Versicherungsjahr. Wenn du also im Juli 2018 den Vertrag abschließt, würde der Bonus im Juli 2020 zur Verfügung stehen. Würde die Versicherung danach gekündigt werden, wurden für 2,5 Jahre diese Beiträge bezahlt (Anzahl also 237 Euro)).

Nun stellte ich die Frage, was im Falle einer Firmenpleite passieren würde. Ich wurde belächelt, nein ich wurde vom Verkaufspersonal ausgelacht. So eine Frage hatte noch keiner gestellt. Und er sei auch weit genug entfernt, sich darüber Gedanken machen zu müssen. Ja, bescheuerte Antwort, bei der ich mich als Kunde nicht ernst genommen fühlte. Mit „Nee, sorry. Muss ich mal prüfen” hätte man eine wesentlich elegantere Antwort mit ähnlichem Aussagegehalt. Aber auch hier gibt es eine interessante Antwort in der FAQ:

Ein zusätzliches Kündigungsrecht haben Sie, wenn der nächste angeschlossene Optiker mehr als 30 km von Ihrem Wohnort entfernt liegt. In diesem Fall besteht auch die Möglichkeit, in den leistungsähnlichen Tarif SuH umzustellen.

Wenn der Optiker also pleite geht, kann man diesen optikergebundenen Zuschuss in einen optikerneutralen umwandeln, kostet halt im Zweifel dann mehr Prämie (Eine genaue Höhe fand ich nirgends).

Neben der Zuschusskomponente gibt es noch die Risiko-Komponente. Verlust war nicht abgedeckt, Defekte schon. Auch zum Teil selbstverursachte Defekte. Ich hatte teilweise den Eindruck, dass das Gespräch die Grenze des Legalen bereits verlassen hatte und Vorschläge zum Vorsatzin locker-flapsiger Art im Raum standen.

Am Ende des Tages frage ich mich schon, ob man so einem Deal eingehen kann. Am Ende kann ich – auch aus Mangel des Kleingedruckten – diese Frage nur verneinen. Und lieber eine zuverlässige Brille, die länger als 2 Jahre hält. Wenn nicht hier, dann woanders.

Bytheway: Den Text habe ich im August 2018 geschrieben, aber noch nicht veröffentlicht. Als ich diesen im Mai 2019 nun vervollständigte, entdeckte ich, dass es Brillen Joseph bereits aufgekauft wurde – und auf deren Nachfolgerseite keine Silbe mehr von Brillenversicherung steht. Offensichtlich traf ich doch einen wunden Punkt. Der Versicherungskonzept selber scheint weiter um sich zu greifen. Mit wurde es zwischenzeitlich auch für Fahrräder angeboten.

Lesbarkeit der Belege

Wir sehen hier zwei Belege der Elektronik-Kette Conrad. Der eine ist, wie man klar und deutlich erkennen kann, aus dem Jahre 2007. Der andere, wie man bei genauen Hinschauen noch erahnen kann kann, von 2015:

Ist das Taktik, dass das Papier nicht einmal die zweijährige Gewährleistung übersteht? Habe ich als Kunde Nachteile, wenn mir der Händler Belege liefert, die ich – ohne Eigenverschulden – nicht mehr lesen kann? Oder wird von mir erwartet, jeden Beleg noch einmal durch einen Kopierer zu jagen?

Fanartikel-Gedöns

Irgenwie muss demnächst wieder ein Länderwettbewerb in irgendeiner Sportart stattfinden. Anders ist es nicht zu erklären, wenn auf irgendwelchen Produkten Nationalfarben kleben, mir irgendwelche Leute irgendwelche Spielpläne in die Hand drücken wollen und an Supermarktkassen Papiermüll in Form von Spielerfotos mir nachgeworfen wird.

Ja, es ist schwer, sich dem zu entziehen. Und es fällt auch schwer, immer freundlich klar zu machen, dass ich diesen Scheiß nicht möchte!

Letzens an der Kasse: „Dann geben sie es doch den Kindern da draußen?” – „Was sollen die Kinder mit dem Müll?”

Nun landet eine Aktion besonders kapitalismuskritscher Menschen unter dem sogenannten Label „Antifa” in meinen Radar (siehe https://linksunten.indymedia.org/de/node/180328 ). Sie rufen zum kollektiven Sammeln dieser Fan-Artikel auf – in Form von Diebstahl. Besessene werden sich wohl nicht lange ärgern und Ersatz beschaffen. Besser kann die Fifa den Verkauf der Fanartikeln auch nicht ankurbeln! Kopf zu Tisch

Grenzüberschreitende Bestellung

Beim Elektronikkonzern Conrad in Österreich entdeckte ich einen Artikel, den es in Deutschland zur Zeit nicht gibt. Auch der Hersteller meldet bereits Lieferschwierigkeiten. Warum also dann diesen Artikel nicht in Österreich bestellen?

Theoretisch geht es nicht:

Aber mit einem kleinen Hack hat’s funktioniert! Das Paket ist tatsächlich angekommen. Nach nur sechs Tagen. Inklusive Addressnacherfassung bei der Post.

(Die Postleitzahl musste ich aufteilen, weil nur vier Stellen zulässig waren)

Der wird Millionär

Es ist sicher kein Geheimnis, dass im Fernsehen nichts durch Zufall passiert. Bestes Beispiel heute: Wer wird Millionär?

Es ist nahezu unmöglich, heute ein Presseerzeugnis zu verfolgen, ohne auf den gestrigen Mio-Gewinn bei „Wer wird Millionär” hinewiesen zu werden. Die entscheidende Frage war nach den Anzahl der Steinchen eines Zauberwürfels. Auf die Antwort 26 kann man zur Not durch Zählen mit Händen und Füßen kommen. Und schaue ich mir die anderen 14 Fragen dazu an, so wundere ich mich nicht. Es war wohl wieder an der Zeit, diese Sendung durch die Presse zu promoten. Und verglichen mit den Anzeigepreisen der Bundespresse ist die 1 Mio Euro auch nicht so übermäßig teuer.