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Super Mario deckt (Bekanntes nochmal) auf

Verwandtschaft, die noch am linearen Unterhaltsprogramm (sprich: TV) festhält, schwärmt von Mario Barth. Also nicht das normale Blödelprogramm, sondern das Format “Mario Barth deckt auf”, in dem offensichtlich auf Steuerverschwendung hingewiesen wird.

Ich habe es getan! Ich habe eine ganze Sendung mir angeschaut. Die vom 06.04.. Ja, es fiel mir schwer, durchzuhalten! Wirklich.

Kaum eine Sendeminute vergeht ohne hohle Blödelei. Bei vielen Scherzen könnte man aufstehen und sagen: “Mario, dieser Witz hat so einen Barth”. Und das ganze dann vermengt mit dem Getue einer scheinbaren intellektuellen Überlegenheit und permanenter Besserwisserei. Und wer Trinkspiele mag: Jedes Mal einen heben, wenn betont wird, dass es ja unsere, ja auch deine, Steuergelder sind, über die gesprochen wird. Auch sonst werden viele Aussagen stets wiederholt. Ganz böse formuliert ist das eine Methode, die nur solche Sendungen brauchen, die den Intellekt der Zielgruppe auch so einstufen.

Was dagegen nützlich wäre: sendungsbegleitende Unterlagen, die die Beiträge und Scherze belegen – wie es bspw. sehr vorbildlich Die Anstalt tut oder manchmal auch Die Heute-Show

Mit im Podium dieser Sendung: Reiner Holznagel. Er wirkt wie der seriöse Gegenpart zu Super Mario. Man sollte aber wissen, dass er Präsident vom Bund der Steuerzahler. Ebenso ein fragwürdiger Verein – das würde hier aber zu weit führen.

Die Sendung ging los mit einen Hinweis auf das neue Studio, was den Steuerzahler ja keinen müden Cent gekostet hat. (Indirekt wohl schon: es sind ja Betriebsausgaben, die sich steuersenkend auswirken. Andere Geschichte.)

Kommen wir zu den einzelnen “Aufdeckungen”.

Größe des Bundestages

Der erste Sensation ist die Feststellung, dass unser Bundestag derzeit 736 Abgeordnete hat – weit mehr als die Regelgröße von 598. Das ist nun weder neu, noch überraschend. Die Debatte führen wir nach jeder Wahl. Und es ist gemeinhin bekannt, dass auch für die zusätzlichen Nasen Diäten und Aufwandsentschädigungen gezahlt werden.

Als Lösung wird in den Raum geworfen, dass doch 500 genug sein müssten. Tolle Lösung, sehr einfach. Nur leider ist unsere Realität dann doch etwas komplexer. Regionalproporz, Zweitstimmenproporz, 299 Wahlkreise, und leider auch einige Befindlichkeiten insbesondere mit der Konstellation aus CDU und CSU. Es laufen Debatten, ob wir die Anzahl der Wahlkreise reduzieren – was zugegebenermaßen auch nicht so einfach ist.

Naja, in den Zwischentönen gibt es immer wieder flott wirkende Sprüche: Er möchte nun umschulen – zum Bundeskanzler. Soll bestimmt witzig sein. Nur: der Bundeskanzler muss nicht zwingend Mitglied des Bundestages sein, er muss nur passiv wahlberechtigt sein.

Bundestagsreisen

Als Maßnahme, dass Menschen Einblicke in den politischen Betrieb bekommen, dürfen die Abgeordneten Leute nach Berlin einladen – auf Kosten des Steuerzahlers. Auch das ist nicht neu oder überraschend. Zumindest nicht für mich.

Es war einst sicherlich eine tolle Idee. Es bekam nur leider den Beigeschmack, dass es ein beliebtes Instrument ist, aktive Leute der eigenen Parteibasis damit zu belobigen.

Was ist, wenn ich einmal in der Woche so ne Art Videokonferenz mache? So ne Art Sprechstunde. Kostet nix. Und der Bürger fühlt sich auch ein bissel verstanden und bisschen volksnah.

Er hat es nicht verstanden. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

Und selbst der 9 mal kluge Hinweis wird ja heute schon befolgt. Das machen selbst die Leute der rückschrittlichen Parteien, hier ein Beispiel von der CDU. Ich brauchte keine 2 Minuten suchen. Ob man sich danach verstandener oder volksnäher fühlt, steht dann auf einem anderen Blatt. Und ob das wirklich kostenlos ist, auf dem drittem Blatt.

Diäten

Immer wieder werden Spitzen bzgl. der Diäten von Bundestagsabgeordneten geäußert – es zieht sich wie ein roter Faden. Beispielsweise wird die Anpassung der Diäten an den Nominallohnindex gekoppelt. Also verdienen die Menschen mehr, bekommen auch die Abgeordneten mehr. Dieser Automatismus wird bemängelt – sie sollen also jedes Mal über das Geld debattieren.

Hunderegister Berlin

Ehrlich: um die Knackpunkte dieses Beitrages zu verstehen, braucht man weit mehr als die reine Sendezeit. Die eiern so um den heißen Breit herum, dass die wesentlichen Punkte mal zwischen den Worten fallen.

Also der neueste Schrei ist, dass es Hunderegister gibt. Sinn und Zweck ist, dass ein entlaufener Hund den Besitzern zugeordnet und im Zweifel auch zurückgebracht werden kann. Es wird etliche Male auf bereits von Vereinen betriebene Register verwiesen – mit einem Makel: sie sind freiwillig. Nun war aber offensichtlich die Intension des Gesetzgebers, dass sie Pflicht werden. Nun wird immer wieder drauf herumgekaut, warum es nicht möglich ist, diese Daten zu übernehmen. Ganz einfache Erklärung: Zweckbindung gemäß Artikel 5 Abs. 1 b DSGVO. Kommen die nicht drauf.

Das eigentliche Problem wird erst im Vergleich zu Hamburg deutlich: Hamburg baut auch so ein Register auf, die Eintragung ins Register ist gleichzeitig die Anmeldung zur Hundesteuer. Und auch die Anmeldung kostet dort Geld. Dahinter steckt das Once-Only-Prinzip, bei der die öffentliche Verwaltung – mit expliziter Zustimmung der Nutzer – die Daten untereinander verwenden und austauschen dürfen, auch das ist ein EU-Ziel. Und Berlin versteckt sich hierbei hinter dem Datenschutz – und das ist schwach und feige.

Eine Übernahme, der bei der Finanzverwaltung zur Erhebung der Hundesteuer hinterlegten kommunalen Daten in das Zentrale Hunderegister ist aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich.

Ich suche die Steuerverschwendung, es ist nur unnötig kompliziert.

Buswartehäuschen in Merchweiler

Die Anmoderation dieses Beitrags verstrickt sich in einen Widerspruch: auf der einen Seite werden designermäßige Wartehäuschen aus aller Welt gezeigt, aber dann soll es in Deutschland gefälligst eines von der Stange für ~3.000 Euro sein. Nun hat das saarländische Dörflein aber eins für 45.000 Euro hingestellt. Zugegeben: den originellen Aspekt dieses Häuschen sehe ich im Merchweiler-Modell auch nicht.

Allerdings erfüllt das Häuschen nicht den eigentlichen Zweck, vor Wind und Wetter zu schützen. Aber Mario deckt hier nicht auf, das haben andere schon vor Monaten getan. Beim gebührenfinanzierten ZDF berichtete man bereits im Oktober 2021. Dem Beitrag war zu entnehmen, dass selbst der Rechnungshof hier schon einschritt.

Allerdings redet das ZDF nur von einem Häuschen, tatsächlich wurden zwei nebeneinander errichtet. Das zweite wurde als überflüssig eingestuft (neben der Tatsache der Kosten, dem unzureichenden Witterungsschutz und das ein kleiner Teil des Daches eine Toilettenanlage überdeckt). Zugegeben: ich kenne den Andrang dieses Ortes nicht, aber gerade an solchen zentralen Orten könnte der Bedarf es durchaus rechtfertigen.

Baden-Württemberg bei Expo2020

2020 fand in Dubai die Weltausstellung Expo statt. Da sind gewöhnlich die Staaten vertreten. Nein, nicht Bayern, Baden-Württemberg kam auf die Idee, einen eigenen Stand zu betreiben. Zwei Jahre später deckt Super Mario auf, was zuvor durch unzählige Medien ging (hier z.B. von September 2021 beim SWR) und für das es sogar einen Untersuchungsausschuss im Landtag mit einem 748-seitigen Abschlussbericht gibt.

Sylter Punkte

In Sylt wird gerade mit einer sogenannten Begegnungszone experimentiert. Ein Konstrukt, was es in der derzeitigen Straßenverkehrsordnung nicht gibt, anders als in Österreich und Schweiz. Dazu werden nun Pünktchen auf die Fahrbahn geklebt – um Aufmerksamkeit zu erzeugen.

In der Sache kann man da ja geteilter Meinung sein. Das Projekt kostet auch nur 11.500 Euro. Ob ob hinter dem Geldbetrag nur die Pünktchen sind, oder das gesamte Vorhaben inklusive Evaluierung? Ich weiß es nicht. Super Mario vermutlich auch nicht.

Allerdings stand die Gemeinde zum Zeitpunkt des Projektauftrages unter Nothaushalt. Sprich: Zum Februar 2021 hätte dieses Projekt nicht gestartet werden dürfen. Und diesen Fakt bzw. Zusammenhang scheinen sie aufgedeckt zu haben, zumindest erzeugte der Beitrag auch Presseresonanz.

Aber noch mal zurück zum Nothaushalt, laut Mario Barth:

Es darf kein Geld für Schwachsinn ausgegeben werden.

Offizieller Begriff ist vorläufige Haushaltsführung. Nothaushalt suggeriert in der Regel, dass eine Gemeinde nicht in der Lage ist, einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen, weil beispielsweise die Ausgabenlast zu hoch ist und unterm Strich keine schwarze 0 herauskommt. In Sylt findet gerade die Umstellung auf Doppik statt – und dieses Projekt zieht sich wohl länger als gedacht. Vor diesem Problem standen schon einige Kommunen. Wenn man sich diese Folgen der vorläufigen Haushaltsführung anschaut, so sind die Folgen viel fataler: die Gemeinde kann gar keine Aufträge vergeben, was dann in der Regel sehr schlecht für die örtlichen Unternehmen ist. Und ein halbes Jahr darf dann alles nachgeholt werden, doch dann gibt es die Kapazitäten nicht.

Taubenforschung

In den USA bekam wohl eine Universität wohl 500.000$ zur Forschung von Tauben mit Spielautomaten. Mario Barth kann sich wohl keinen Sinn darin vorstellen. Hier ein Artikel zu einer wohl ähnlichen Studie aus Kanada. Hauptkritikpunkt sei, dass diese Studie nie veröffentlich wurde. Wenn dem so ist, dann gab es wenigstens einen Punkt.

Fazit

Vieles deckten sie nicht auf, sondern war bereits aufgedeckt.

Ich möchte seine Abschiedsworte der Sendung hier wiedergeben:

Liebe Politikerin, Liebe Politiker. Denken sie doch einfach ein bisschen drüber nach, bevor sie einfach irgendeinen Arm heben und sagen Das finde ich gut. [..] Trauen sie sich. Sagen sie mal Nein. Dann sind sie sympathisch und dann werden sie auch wieder gewählt. Vertrauen sie mir!

Es suggeriert, dass die Leute vor Ort nicht nachdenken würden. Vermutlich tun es mehr, als es Mario Barth in der Sendung tut. Ich habe ja eine Wahlperiode in der BVV Treptow-Köpenick hinter mir. Gerade im kommunalen Bereich sitzen Leute, die den ganzen Spaß ehrenamtlich machen (Ja, es gibt eine Aufwandsentschädigung. Aber verglichen mit der dafür benötigten Zeit steht das kaum in Relation). Meint er echt, die Leute machen sich da echt keine Gedanken und jubeln allen Ideen zu?

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