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Elterngeld - Reform

Im Bundestag wird derzeit das Haushaltsfinanzierungsgesetz 2004 beraten, in dem Zusammenhang soll es auch Änderungen bzgl. des Elterngeldes geben.

Bekanntermaßen muss der Bund den Rotstift ansetzen – und dies betrifft alle Ressorts, auch das Familienministerium. Und dort haben die Grünen sehr subtil die FDP getrollt: mit dem Elterngeld. Eine Leistung, die wie eine Sozialleistung klingt, aber keine ist.

Nun stehen zwei konkrete Änderungen auf der Agenda, die sehr wahrscheinlich in das Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) einfließen werden – und zum 01. April 2024 in Kraft treten sollen:

  1. Reduzierung der Einkommensgrenzen
  2. Gleichzeitiger Bezug beider Partner auf einem Monat begrenzt

Bei den Einkommensgrenzen gab es Protest (siehe Petition) – und über die Auswirkung und das Einsparvolumen kann man ja gerne diskutieren. Aus Blick des Haushalts ist eine Einsparung zumindest nachvollziehbar, wenn Paare künftig über den neuen Grenzen liegen und keinen Anspruch mehr haben.

Beim gleichzeitigen Bezug habe ich so meine Zweifel. Schauen wir aber mal in den kommenden Paragrafen einmal rein (hier aus der Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses) – und deren Beschlussfassung nun als sehr wahrscheinlich gilt:

Ein gleichzeitiger Bezug von Basiselterngeld beider Elternteile ist nur in einem der ersten zwölf Lebensmonate des Kindes möglich.

Soweit sogut, nun kommen die Ausnahmen:

Bezieht einer der beiden Elternteile Elterngeld Plus, so kann dieser Elternteil das Elterngeld Plus gleichzeitig zum Bezug von Basiselterngeld oder von Elterngeld Plus des anderen Elternteils beziehen. § 4b bleibt unberührt. Abweichend von Satz 1 können bei Mehrlingsgeburten und Frühgeburten im Sinne des Absatzes 5 sowie bei Kindern, bei denen eine Behinderung im Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ärztlich festgestellt wird und bei Kindern, die einen Geschwisterbonus nach § 2a Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Satz 3 auslösen, beide Elternteile gleichzeitig Basiselterngeld beziehen.

Mir bahnt sich die Frage auf, was diese Regelung im Haushaltsfinanzierungsgesetz zu suchen hat. Die Idee ist eine erzieherische Maßnahme: die Herren sollen mindestens einen Monat solo mit dem Kind verbringen. Als Sparmaßnahme macht diese Regelung nur dann Sinn, wenn nun diese Herren abgeschreckt werden, überhaupt Partner-Monate in Anspruch zu nehmen. Ansonsten wird mit dieser Maßnahme kein Euro eingespart, die Anträge werden nur anders gestellt – sofern keiner der Ausnahmetatbestände greift.

Aber was bedeutet nun diese Regelung in der analogen Welt?

  • Zunächst werden sich die Juristen mit den §§ beschäftigen und entsprechende Richtlinien erlassen. Das bindet Personal im Bundesfamilienministerium, am Ende aber auch in jeder Elterngeldstelle: die Sachbearbeiter müssen die neue Regelung mit den exakten Ausnahmen kennen.
  • Es werden Eltern verunsichert sein – und Fragen stellen. Auch bei den Elterngeldstellen. Sie wollen ja keine Ansprüche verlieren. Bindet auch da Ressourcen.
  • Dann müssen die Elterngeld-Anträge angepasst werden. Neben redaktionellen Änderungen dürfte vor allem der Behindertenstatus des Kindes abgefragt werden. Bisher wurde dieser nur für Geschwister abgefragt, weil es dafür auch mit älteren Kindern den Geschwister-Bonus gibt.
  • Während sich die meisten Bundesländer auf den einheitlichen Antrag geeinigt haben, gibt es Bundesländer, die zwingend auf einen eigenen Landes-Antrag bestehen, so bspw. Bayern . Sieht zugegebenermaßen nicht schöner aus, erhöht aber auch hier den Aufwand.

Nun kommen wir in die digitale Welt, also auch der Digitaltauglichkeit von Gesetzesänderungen:

  • Wenn sich der Antrag ändert, so ändert sich auch der Online-Dienst ElterngeldDigital. Die Entwickler freuen sich für die Aufträge. Wenn also der Behinderten-Status des Kindes dazu kommt, dann braucht es auch die Möglichkeit für einen weiteren Nachweisupload.
  • Je nach dem, wie gut oder schlecht die UserExperience ausfallen soll, braucht es Prüflogik. Also Warnhinweise im Monatsplaner bei Überschneidungen von mehr als 1 Monat, sofern eben keiner der Ausnahmetatbestände greift.
  • Die Bundesländer, die wiederum einen eigenen Elterngeld-Onlinedienst betreiben, müssen also auch hier zusätzlich entwickeln.
  • Wenn ein neues Feld benötigt wird, so soll es auch übertragen werden. Dafür gibt es den Standard XFamilie. Der sieht regulär nur Releases für Mai und November vor. Wird also mit April schon einmal unmöglich werden, wenn im Mai frühestens diese Änderung im Standard aufgenommen wird. Und mit der Veröffentlichung beginnt eine Frist, ab der diese Änderung dann bindend wird.
    • Anmerkung: Sehr wahrscheinlich wird dafür eine Handlungsanweisung geschrieben, damit zwischenzeitlich so eine Änderung vollzogen werden kann – was die leichtgewichtigere Lösung gegenüber einem Zwischenrelease wäre.
  • XFamilie ist an den einheitlichen Elterngeldantrag gekoppelt. Losgelöst davon müssen sich die Länder mit eigenen Anträgen noch einmal eigenen Hirnschmalz in die dortige Übermittlung stecken.
  • Am anderen Ende stehen die Fachverfahren, also die Software, mit der die Sachbearbeiter das Elterngeld bewilligen. Diese benötigen ebenso Updates. Mindestens das neue Feld muss angezeigt werden plus das Auslesen aus XFamilie. Und auch hier: je nach UserExperience ein Regelwerk, was prüft.

Und maßgebend ist das Datum der Geburt (vgl. §1 Abs. 3 BEEG). Sprich: auch Monate später können noch Leute Anträge nach den alten Regeln stellen, wenn eben das Kind noch im März zur Welt kam. Das muss der Online-Dienst können, das muss XFamilie vorsehen, dass muss das Fachverfahren erkennen.

Mal losgelöst von der vermeidbaren Mehrfacharbeit wegen fehlender Bereitschaft zur Einheitlichkeit: ich frage mich schon, ob dieser gesamte Aufwand diese Gesetzänderung es wert ist, wenn sie unter der Prämisse der Einsparung entstanden ist.

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