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Erhaltungssatzungen in Hamburg-Nord

Die Grünen in Hamburg-Nord feiern sich dieser Tage für die zu beschließenden Erhaltungssatzungen für Barmbek-Süd, Barmbek-Nord und Jarrestadt. Auf ihrer Webseite steht da groß drauf:

Wohnen darf kein Luxus sein – Soziale Erhaltungsverordnungen schützen rund 85.000 Menschen in Hamburg-Nord vor Verdrängung

Das Abendblatt macht daraus den Teaser: Stoppzeichen für Baulöwen: Weshalb 85.000 Hamburger aufatmen können

Über dieses Konstrukt habe ich schon vergleichsweise viel gebloggt, u.a. zu Hamburg-Eilbek und Berlin Alt-Treptow. Und auch wenn immer wieder einzelne Akteure das wiederholen: Bullshit bleibt Bullshit, auch wenn man ihn ständig wiederholt.

Man muss sich dabei immer wieder vor Augen halten: es ist nur ein baurechtliches Instrument, was bestimmte Maßnahmen unterbinden kann, bspw. Abriss, sogenannte “Luxussanierung” (also eine Sanierung, die über den aktuellen Standard hinausgeht) oder auch die Teilung von Gebäuden (was in der Regel eine Voraussetzung für Veräußerung ist). Sie verhindert nicht, dass ein Vermieter trotzdem ein Mieterhöhugnsscheiben verschickt, trotzdem das eine oder andere saniert und umlegen – und sie verhindert erst recht nicht, dass Menschen verdrängt werden. Am Beispiel der Jarrestadt kommt noch hinzu, dass es da kaum ein nicht denkmalgeschütztes Gebäude gibt – und viele Maßnahmen allein schon denkmalschutzrechtlich nicht gehen.

Nun zu suggerieren, man hat die Lösung gegen Verdrängung, zeugt entweder von vollkommener Naivität durch Unkenntnis der Rechtslage – oder viel schlimmer: sie verarschen bewusst die Leute. Da wir über Hamburger Grüne reden, ist letzteres auch gar nicht so unwahrscheinlich.

Die Grünen werfen einen Blick in die Vergangenheit:

Die aktuell beschlossenen Sozialen Erhaltungsverordnungen für die Stadtteile Barmbek-Nord, Barmbek-Süd und die Jarrestadt wurden am 10. Oktober 2023 durch neue Aufstellungsbeschlüsse initiiert. Anlass dafür war ein Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 14. Februar 2023, das die ursprünglichen Verordnungen vom 23. November 2020 wegen Formfehlern für unwirksam erklärte.

Und in der Tat gab es diese Verordnungen schon einmal. Genaugenommen könnten sich die Grünen sogar feiern, dass sie 2007 den Anstoß gaben. Wobei ich mich schon frage, wieso man 13 Jahre braucht, eine solche Satzung zu erlassen – und dann auch noch mit Formfehler. Und das ist auch der Hauptkritikpunkt: Immobilieneigentümer sind ja auch nicht blöd – und warten, bis die Verordnung durch ist.

Parkplatzmoratorium in Hamburg: Ein Bremsklotz für die Verkehrswende

Mit dem Koalitionsvertrag zwischen SPD und Grünen und einem Senatskommissionsbeschluss stellt der Hamburger Senat den Erhalt von Pkw-Stellplätzen ins Zentrum seiner verkehrspolitischen Planung. Der sogenannte “Masterplan Parken” sieht vor, sämtliche öffentlichen und privaten Parkplätze im Stadtgebiet zu erfassen. Bis diese Datengrundlage vollständig vorliegt, soll ein Moratorium für den Abbau öffentlicher Parkplätze gelten.

Diese Maßnahme bringt erhebliche Risiken mit sich. Die Methodik zur Erhebung, insbesondere privater Stellplätze in Tiefgaragen, Hinterhöfen oder auf Betriebsflächen, ist bisher vollkommen ungeklärt. Es ist nicht absehbar, wie lange diese Erfassung dauern wird. Die Folge ist ein faktischer Stillstand bei der Umsetzung wichtiger Projekte im Bereich der nachhaltigen Mobilität. Umbauten für sichere Kreuzungen, neue Radverkehrsanlagen oder fußgängerfreundliche Stadtgestaltung könnten auf Jahre blockiert werden. Und das in Zeiten, in denen die Unfallzahlen für Radfahrende und Zufußgehende steigen. In diesem Jahr sind fünf tote Radfahrer allein in Hamburg zu verzeichnen

Das macht sich nun auch vor allem auch in den Bezirken bemerkbar. Dort wurden in den vergangenen Jahren erhebliche Haushaltsmittel in die Planung von Velorouten und anderen Infrastrukturmaßnahmen investiert. Wenn diese Projekte nun auf unbestimmte Zeit verschoben oder verhindert werden, droht eine Verschwendung öffentlicher Gelder. Darüber hinaus wird die Arbeit vieler Engagierter entwertet.

Auch im Wohnungsneubau besteht das Risiko, dass künftig wieder Vorgaben für die Errichtung von Stellplätzen kommen werden. Sollte das der Fall werden, werden auch neue Wohnungen künftig teurer, nicht billiger.

Dabei zeigen andere Städte, wie es besser geht: Paris hat durch den Abbau von Parkplätzen und deren Umwandlung in Velorouten und Fußgängerzonen die Verkehrswende aktiv vorangetrieben. Kopenhagen hat durch eine konsequente Parkraumbewirtschaftung und den Ausbau von Fahrradwegen die Lebensqualität deutlich verbessert und den Radverkehr auf ein weltweit führendes Niveau gehoben. Hamburg hätte die Gelegenheit gehabt, nachzuziehen.

Es ist bemerkenswert, dass gerade SPD und Grüne zu dieser Maßnahme schreiten. Einen größeren Bärendienst für die Verkehrswende hätten selbst CDU und FDP nicht zustande gebracht.