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Corona, die 2.

Anfang Mai schrieb ich über die Lockerungen zu Corona. Dreieinhalb Monate später erleben wir leider, wie diese Prophezeiungen nun eintreten. Mit diesem Artikel sammel ich heute meine Gedanken zur Zweite Welle, den Corona-Leugnern und vor allem der Wiedereröffnung der Schulen.

Lese-Tipp vorab

Die Zeit: Zweite Corona-Welle – Ein Plan für den Herbst – ein Gastbeitrag von Christian Drosten.

Neben Rückblicken und Prognosen stellt er vor allem den japanischen Ansatz vor: die Fokussierung auf Cluster, mit der sie relativ effizient den Virus ohne LockDown in den Griff bekamen:

Die gezielte Eindämmung von Clustern ist anscheinend wichtiger als das Auffinden von Einzelfällen durch breite Testung. Japan gelang es, die erste Welle trotz einer erheblichen Zahl importierter Infektionen ohne einen Lockdown zu beherrschen.

Und zieht daraus Handlungsvorschläge für die nächsten Monate:

Ich plädiere nun dafür, im Fall der Überlastung nur (oder zumindest vor allem) dann mit behördlichen Maßnahmen auf einen positiven Test zu reagieren, wenn er von einem möglichen Clustermitglied stammt. Die vielen Tests, die die Politik derzeit vorbereitet, werden bald öfter positiv ausfallen und die Gesundheitsämter dann überfordern – schließlich kann man das Virus ja nicht wegtesten, man muss auf positive Tests auch reagieren.

Corona-Leugner

Am 01.08. fand in Berlin eine große Demonstration der Corona-Leugner statt. Viele Worte ist es nicht wert. Nur so viel: Wer glauben möchte, soll in ein Gebetshaus der anvisierten Religion gehen.

Und ja, ich kann das kleine Virus auch nicht sehen.
Und ja, ich kenne in meinem näheren Verwandten- und Bekanntenkreis auch keinen Fall. Ich kenne auch da auch keinen Fall von Dickdarmkrebs. Nach der Logik dürfte es das dann auch nicht geben?
Und ja, ich kenne es von anderen Demos, dass die Polizei immer etwas konservativer schätzt. Aber wer einen Faktor größer 1:10 in den Raum werfen will, sollte keine Route wählen, auf der vor 20 Jahren die Love Parade mit 1 bis 1,5 Mio Teilnehmern stattgefunden hat.

In Stuttgart ist einem Kabarettisten ein Coup gelandet, die Leute schön vorzuführen, was Meinungsfreiheit und Freiheit allgemein bedeutet. Es sind knappe 12 Minuten – aber die lohnen sich. Vor allem wenn man die Kommentare aus dem Publikum mit einbezieht.

Die passende Maske?

Jenseits derjenigen, die den Ernst der Lage wegleugnen, scheint vielen das korrekte Benutzen der Maske nach wie vor fragwürdig. Hier fragte auch Drosten schon konkret:

Wann werden wir konsequent unsere Maske tragen, und zwar auch auf der Nase, nicht nur darunter?

Ich beobachte immer öfter auch bei Menschen, die durchaus eine Maske tragen (oder ggf. auch von Berufswegen tragen müssen), wie ständig die Maske herunterrutscht. Und nachjustiert wird.

Wir haben diese Stofffetzen nun seit knapp vier Monaten – und werden sie noch mindestens vier weitere Monate haben. Ist es wirklich so schwer, eine passende Maske zu finden, die eben nicht rutscht? Mir passt auch nicht jede. Und die Bändchen müssen auch nicht zwingend an den Ohren reiben.

Ich saß Anfang August in einem Restaurant: dem Ober saß die Maske extrem locker, der Oberin auch. Sie servierte das Besteck und bemerkte die erneut abfallende Maske – schob mit einen Finder die Maske wieder hoch, berührte dabei die Nase und servierte unmittelbar danach das Besteck. Guten Appetit!

Und zum Argument, man bekäme zu wenig Luft darunter, sei dieses Video empfohlen.

Gästelisten in der Gastronomie

Die Gastronomie hat wahrlich nicht leicht, mit eingeschränkter Kapazität noch irgendwie wirtschaftlich den Laden zu schmeißen. Jetzt im Sommer mit den Außenbereichen ist das alles ja noch kompensierbar, aber auch dieser Sommer wird ein Ende haben.

Es fängt an mit den Gästelisten. Sie funktionieren natürlich nur, wenn man sich korrekt einträgt. Aber solange die Polizei da gerne für andere Zwecke mit reinschaut, verspielt sie leider das Vertrauen in jene Listen (was ohnehin schon eher gering ist). Und mal ehrlich: Corona hin oder her – welcher polizeilich gesuchte Straftäter wird sich korrekt eintragen? Allein aus diesen Gedanken heraus, sollten die erhobenen Daten nur für den eigentlichen Zweck verwendet werden.

Ich selbst bin schon am Überlegen, für Restaurant-Besuche fiktive Angaben mit einer Trash-Mail-Adresse anzugeben, die ich dann per Thunderbird regelmäßig abfrage.

Im Urlaub war ich nun in der Grenzregion zwischen Hessen und NRW. Während in NRW immer Gästeliste auslagen, bekam ich in Hessen – trotz ähnlich klingender Auflagen – keine einzige zu Gesicht.

Hotelfrühstück

Beim Hotelfrühstück waren Buffets lange Zeit verboten. Mittlerweile wurde das wohl gelockert – und nun scheint jedes Hotel das Rad selbst zu erfinden. Das ist in soweit blöd, als dass da keine Routine reinkommt – und man sich erst mit dem Ablauf in jedem Hotel aus Neue vertraut machen muss. Ich war im Urlaub in fünf Hotels:

  • Hotel Rech, Brilon: Kein Buffet, alles wird am Platz serviert
  • Waldhotel Willingen: Buffet. Aber jeder Gast bekommt Buffet-Besteck. Bei Rührei jedes Mal mit neuem Löffel.
  • Hotel Nuhnetal, Winterberg: Buffet. Am Zugang steht Desinfektionsmittel. Bei jedem Gang tränkst du deine Hände da rein.
  • DAV Haus Astenberg, Winterberg: Buffet. Es gibt Schälchen für benutzte und unbenutztes Buffet-Besteck
  • Landhotel Gasthof Hubertus, Schnmallenberg: Ähnlich wir Nuhnetal. Nur der Spender steht nicht auf dem Weg zum Buffet, sondern abschüssig.

Bei letzterem entdeckten wir nach dem Frühstück noch die Corona-Hygieneregeln auf einem beigelegten Zettel in der Zimmermappe: man solle die Maske nicht auf Tisch oder Stuhl legen, sondern in eine Kunststofftüte legen. Weder wurden wir darauf hingewiesen, noch gab es Tütchen, noch scheint mir diese Regelung sinnvoll zu sein.

Corona-Tests der Rückkehrer

An Bahnhöfen, Flughäfen und Autobahnen werden Corona-Tests für Rückkehrer kostenfrei angeboten. Zeitgleich gibt es Leute, die sich verreisen nicht leisten konnten (und beruflich eher angewiesen sind) und rennen einem Test noch hinterher. Irgendwas stimmt hier mit der Priorität nicht.

Schulen

Das neue Schuljahr geht los. Und ja, ich bin froh, dass ich kein für Schule zuständiger Minister bin, ein leichter Job ist das nicht. Erschreckend das Interview mit Karin Prien. Zusammengefasst: Schule als Experimentierfeld. Wenn es nicht klappt, gibt es halt neue Regeln.

Was mich jetzt im August ärgert: wir eiern völlig unvorbereitet weiter und diskutieren nun über Maske im Unterricht oder nicht. Und ob auf dem Schulhof. Und wie nah die Tische in den Schulen zueinander sein dürfen. Und ob nicht doch noch Plexiglas zum Lehrerpult hin installiert wird.

Am Ende dürfen wir aber nicht vergessen: es gibt nicht nur den Unterricht, auch ein Leben auf dem Pausenhof. Oder in den Verkehrsmitteln auf dem Weg zur Schule, wo Schüler wieder auf Masken-Muffel und Corona-Leugner treffen. Oder manch Schüler hat selbst ein solches Exemplar als Eltern.

Und weil es bei der Lockerung schon so geil war, dass jedes Bundesland ein eigenes Süppchen kocht, so machen wir das mit den Schulen weiter. Die einen machen Maske, die anderen nicht – und nun schließen hier und da die Schulen aufgrund von Vorfällen.

Ich komme zurück zu Drostens Beitrag – und seine Frage stellte ich mir auch bereits:

Welche technischen und pragmatischen Lösungen gibt es für einen hinreichenden Luftaustausch – in einem Land der Ingenieure, nicht der Bedenkenträger?

Wo bleibt die Debatte, was wir vielleicht mit Technik schon lösen können. Die Bundeswehr-Uni forscht wohl derzeit an Luftreinigern, so ein Artikel auf n-tv:

Die Wissenschaftler betonen, dass Luftreiniger auch in Schulen das Risiko von Ansteckungen durch Aerosole stark senken können. Allerdings kostet das für die Studie verwendete Gerät rund 3500 Euro. Dazu kommen Strom- und Wartungskosten.

Klingt viel. Rechnet man es aber in Lufthansa-Rettung um, so könnte man für 9 Mrd Euro durchaus 2 Mio Klassenzimmer damit ausstatten. Nur um die Relation aufzuzeigen, was uns die Schüler und Eltern wert sind – und was eine Fluggesellschaft. Allerdings ist es alleine mit Filtern nicht getan, wenn ich gleichzeitig Bilder von Schultoiletten sehe, wo es einen Seifenspender für 4 Waschbecken gibt.

Ein Wort, was ich dagegen in den letzten Tagen fast nur im Kontext der Piratenpartei hörte: Digitalisierung. Wann bringen wir unsere Schulen mal methodisch auf den Stand der Zeit und nutzen auch im Unterricht Lehrmethoden, bei der eine physische Präsenz nicht im bisherigen Maße notwendig ist? Als die erste Phase losging, fand mancher Unterricht mit nicht gerade datenschutzkonformen Systemen irgendwelcher Anbieter wie Zoom statt. Doch welches Ministerium hat ein System nun für die Schulen aufgebaut, so dass ganze Klassen miteinander reden können? Wo wurden Lehrpläne dafür angepasst? Hier würde ich viel lieber Dinge unserer Kultusminister lesen. Hier könnte man die Krise auch als Chance nutzen.

Im Radio hörte ich einen Beitrag mal wieder von Neuseeland, die trotz LockDown weiter unterrichten konnten. Vielleicht müssen wir einfach mal Lösungen pragmatisch vom anderen Ende der Welt übernehmen, ehe wir hier herumeiern.

Die derzeitigen Maßnahmen wirken jedenfalls so, als hoffen alle irgendwie nur, so einigermaßen mit einem blauen Auge davon zu kommen. Das ist eine Form von Risiko-Management, mit Sicherheit aber nicht die Beste!

Wahlen

Im kommenden Jahr finden Bundestagswahlen statt. Und alle Parteien, die da antreten wollen und nicht im Bundes- oder einem Landtag sitzen, müssen wieder Unterstützerunterschriften sammeln. Bis zu 2000 je Bundesland und je 200 je Direktmandat je Partei. Die Parteien sind also einerseits aufgefordert, an Wahlen teilzunehmen, haben jedoch Hürden, die in regulären Zeiten schon enorm sind. Und jetzt in Pandemie-Zeiten ist es schier unmöglich, auf der Straße nach Unterschriften zu betteln.

Fazit?

Inzwischen gibt es mittlerweile wieder 2000 neue Fälle pro Tag. Ob wir wollen oder nicht: das Thema wird uns leider noch lange begleiten!

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