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Erbschaftssteuer reformieren

In den letzten Monaten setzte ich mich immer mehr mit der Frage der Erbschaftssteuer auseinander – und ich breche eine Lanze, dass ich das gesamte Thema der Erbschaftssteuer für reformwürdig halte, vielleicht sogar noch weiter gehend: das ganze System der Erbschaft.

Wir reden viel über Gleichberechtigung und Chancengleichheit. Formell nach dem Gesetz haben wir das mit Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz geregelt, materiell ist es sehr entscheidend, welche Besitztümer die Eltern oder sonstigen nahen Verwandten haben und hatten. Auf der einen Seite sagen Leute “Leistung muss sich lohnen”, doch sind wir ehrlich: die Erbschaft ist die einzige Form eines Hinzuverdienstes, bei dem man ohne eine eigene Leistung zu nennenswerten Vermögen kommt – mitunter in Größenordnungen, die auch mit fleißiger Arbeit nicht aufholbar ist. Mit kaum keiner anderen Methode kannst du über Nacht vom Tellerwäscher zum Millionär werden und es strengt ja auch nicht an (ich klammere mal den 6er mit Zusatzzahl im Lotto aus).

Wer das jedenfalls anders sieht, möge mir Jobangebote posten, wo ich in erlebbarer Anzahl von Arbeitsjahren einigermaßen an diese 25 Mio Euro herankäme, die die BASF-Erbin nun spenden möchte.

Das Problem ist nur: es hat eben nicht jeder die Chance auf so ein fettes Erbe. Und da rede ich nicht über das liebgewonnene Elternhaus irgendwo in der brandenburgischen Pampa, sondern eher Fälle wie die Quandts 1982 (BMW). In Sachen Finanzen (und dem daraus resultierenden Einfluss) kann man schon fast von einer Erbmonarchie sprechen.

Leider gibt es keine wirklich gesicherten Zahlen, was vererbt wird. Die Hans-Böckler-Stiftung ist der Frage mal nachgegangen und prognostiziert aufgrund der Vermögen im Jahre 2027 mit einem Gesamtvolumen von 400 Mrd. Euro:

Amtliche Statistiken darüber, wie viel genau vererbt oder verschenkt wird, existieren nicht. Das Statistische Bundesamt weist nur die steuerlich veranlagten Fälle aus, während über das Gros der Erbfälle nichts bekannt ist.

Aber gerade bei Erbschaft würde sich das Führen von Statistiken lohnen – und durch Erbscheine und andere Prozesse im Rahmen der Erbschaft gäbe es genug Anknüpfungspunkte für Statistik. Im Jahr 2022 wurden nur 11,4 Mrd. Euro Erbschaftssteuer erhoben.

Die Jusos haben dieses Thema auch aufgegriffen – und schlugen ein Grunderbe von 60.000€ vor, was über die Erhöhung der Erbschaftssteuer finanziert werden soll (siehe auch Zeit). An sich finde ich auch diese Idee charmant: mit der Volljährigkeit bekommt jeder einen gewissen Geldstock. Sofort kommen Unkenrufe, dass das Geld nur verballert wird? Mag ja sein, dann ist es aber wieder im Kreislauf und die Chance ist weg. Man könnte es auch anlegen oder zur Gründung nutzen. Ich sehe bei der Idee die Sorge, dass alles sich auf einen Stichtag fokussiert, so dass Fragen bzgl. Übergangsregelungen, Zu- und Wegzug aufkommen. Aber auch die wären noch lösbar (bspw. mittels Faktor, wieviele Jahre bis zum 18. Lebensjahr hier gelebt wurde).

Aber man kann diese Idee weiterdenken. Zum einen in Richtung Geburtsprämie. Das hätte den Vorteil, dass es die Bürokratie rund um Muttergeld und Elterngeld ablösen könnte. Wer wieviel wann wie zu Hause? Egal, ihr habt 60.000€. Alles weitere ist eure Sache!

Zum anderen blicke ich viel mehr auf die Einkommenssteuer. Das Steueraufkommen beträgt 291 Mrd pro Jahr,€). Würden wir angenommen die drei Viertel der Erbmasse als Steuer einbeziehen, könnte im Gegenzug die Einkommenssteuer abgeschafft werden – dann lohnt sich Leistung um so mehr.

Natürlich könnte man auch Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) realisieren. Oder noch viele andere Dinge.

Aber all diese Ansätze haben eines gemeinsam: sie führen dazu, dass Menschen die gleichen Rechte und Chancen nicht nur per Grundgesetz bekommen, sondern auch materiell.

Bisherige Kommentare (2)

Kommentar von Christian

Das sind interessante Gedanken. Ich kenne mindestens einen Fall, bei dem die Erbende Schulden erbt. Soweit ich weiß, kann man dem aus dem Weg gehen. Verdient eine solche Frau nicht öffentlichkeitswirksamen Respekt, wenn sie dieses Erbe annimmt?

Kommentar von René

Natürlich können Erben auch ausgeschlagen werden, insbesondere wenn sie negativ sind. Oder auch bewusst angenommen werden. Aber diese Fragestellung tangiert die großen Erbmassen nicht.

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