Wer braucht intelligente Stromnetze?
Lesetip bei heise: Intelligente Stromnetze: »Wer sich nicht kümmert, zahlt mehr«.
Klaus Heimann, SAP:
Die Versorger müssen enorme Summen in den Aufbau der Smart Grids stecken. Diese Kosten geben sie natürlich an die Kunden weiter, der Strom wird teurer. Der Kunde kann durch die neuen Systeme aber gleichzeitig seinen Verbrauch reduzieren. Am Ende ist es ein Nullsummenspiel.
Auch wenn der Begriff »Nullsummenspiel« hier in einem falschen Kontext verwendet wird (in der Spieltheorie bedeutet es jedenfalls nicht, daß für einen Mitspieler das Ergebnis 0 ist), darf man sich durchaus fragen, welchen Sinn das ganze haben wird.
Es wird langfristig dazu kommen, dass sich die Preise nach Angebot und Nachfrage richten, das heißt, dass sie im Halbstunden- oder Viertelstundentakt variieren. Wenn alle Klimaanlagen laufen, wird es schlicht teurer.
Für die Industrie mögen eine solche Preissteuerungen durchaus Sinn machen. Man kann bspw. einen Fertigungsprozeß so variieren, daß die energieintensiven Sachen in den Nachtstunden betrieben werden — da kann man von Win-Win-Situation sprechen. Denn der Energieversorger muß auch für die Spitzenzeiten ausgerüstet sein, welche mit solchen Maßnahmen abgeschwächt werden können. Aber als Privatanwender werde ich nun nicht um ein Uhr morgens die Waschmachine laufen lassen, damit ich die Wäsche schon leicht gammelig um 9 Uhr aus der Maschine nehmen kann, von Aspekten der Nachtruhe mal abgesehen. Oder mein Mittagessen schon 5 Uhr morgens kochen — dann ist es zum Mittag wieder kalt. Solche Ansätze gab es bereits vor einigen Jahrzehnten mit Nachtspeicheröfen. Sie laden nachts mit günstigen Nachtstrom auf und heizen das Zimmer tagsüber. Sofern sie nur mit Nachtstrom betrieben sind, hat man natürlich ein Problem, wenn der Akku alle ist.
Und ich will als Verbraucher auch nicht ständig die Strompreise im Auge behalten. Wenn sich der Tarif stündlich ändert, bekomme ich allgemeine Tariferhöhungen ja gar nicht mit. Nur wenn die Waschmaschine so programiert ist, daß sie nur unter einer bestimmten Preisgrenze starten soll — und die Wäsche am nächsten Morgen immer noch ungewaschen ist. Und wenn die Energieversorger Probleme mit der „Licht Aus“-Aktion sehen, wie soll es dann erst werden, wenn im Gleichtakt nach einer Erhöhung alle Klimaanlagen ausschalten? Ich weiß nicht, ob all das, was irgendwie technisch realisierbar ist, wirklich sinnvoll ist. Die Technik sollte sich an den Menschen anpassen — nicht umgekehrt.
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