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Wie ein einzelnes Mitglied eine ganze Partei lähmt

In Parteien, egal ob groß oder klein, sind sich nie alle Menschen eins. Das ist auch ok so. Es ist nicht wichtig, ob alle beste Freunde werden: es ist nur wichtig, ob man den selben politischen Kompass hat und professionell genug arbeiten kann.

Heute also mein ein rein fiktives Beispiel, wie so etwas nicht gut funktioniert. Parallelen mit der Realität oder gar mit diesem Tweet sind reiner Zufall.

Grunderwerbssteuer

In Thüringen wird die Grunderwerbssteuer gesenkt. Von 6,5% auf 5%. Wer also künftig eine Wohnung oder Haus erwirbt, zahlt also bei 400.000€ Kaufkosten künftig 6.000€ weniger. Klingt doch toll, sollte man meinen. Und deshalb freut sich auch vor allem Jens Spahn in seiner Villa darüber:

Eine niedrige Grunderwerbssteuer erleichtert den Traum vom Eigenheim. Häuslebauer werden dank der CDU Thüringen endlich entlastet. Mario Voigt hat Recht: Wir können als CDU richtige Positionen nicht aufgeben, nur weil auch die falschen sie richtig finden.

An Verlogenheit ist die CDU in diesem Fall nicht zu überbieten.

Rundgang durch Treptow-Köpenick

Von 2011 bis 2016 saß ich als gewähltes Mitglied in der Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick von Berlin und durfte fünf Jahre lang aktiv an den politischen Entscheidungen mitwirken. Das ist nun auch schon wieder einige Jahre her. Und ich habe die Gelegenheit genutzt, nach all den Jahren mal wieder einen Besuch abgehalten – und habe die Orte der wesentlichen Debatten erneut aufgesucht.

Nichtwählen

Am Sonntag, den 15.05., wählten die Menschen in Nordrhein-Westfalen einen neuen Landtag. Aber es wählten nicht alle mit: lediglich 55,54% der wahlberechtigten Menschen haben tatsächlich ihre Stimmen abgeben. Das ist der Tiefstwert in der Geschichte des Landes.

Sofort gibt es fragwürdige Meldungen: die niedrige Wahlbeteiligung hätte der SPD geschadet. Marius Sixtus rechnet aus, wie mit einer höheren Wahlbeteiligung weniger Parteien im Parlament vertreten wären:

55 Prozent Wahlbeteiligung in #NRW. Shame in you! Mit fünf Prozent mehr hätte man die beiden FD-Parteien aus dem Landtag werfen und Rot-Grün klarmachen können.

Und laut einer Bertelsmann-Studie soll ein Großteil der Aufassung sein, die Parteien und Politiker würden doch machen, was sie wollen. Immerhin unterscheidet der Artikel vier Arten von Nichtwählern:

  • aus Krankheits- oder anderen Hinderungsgründen

  • aus bildungsfernen und einkommensschwachen Schichten, die sich bisweilen auch gar kein politisches Urteilsvermögen zutrauen.
  • die je nach Wahl entscheiden, ob sie ihnen wichtig genug ist, um teilzunehmen.
  • politisch interessiert, wählt aber aus Protest nicht.

Wir haben keine Wahlpflicht, aber aus meiner Sicht gibt es kein wirkliches Nichtwählen. Jede Person, die bei einer Wahl keinen gültigen Stimmzettel ausfüllt, delegiert automatisch das eigene Stimmgewicht an die jeweilige Mehrheit. Das ist in einer Demokratie ein legitimes Mittel – und wer genau das tun wollte, hat zumindest diese Option richtig eingesetzt. Das wären vor allem die oben zitierten Gruppen No. 2 und 3. Mir wäre dieses blinde Vertrauen jedoch zu gefährlich, insbesondere wenn demokratiefeindlich gestimmte Parteien zu starken Zulauf erfahren könnten.

Kommen wir aber zur vierten Gruppe: wer aus Protest, Frust oder Politikverdrossenheit der Wahl fern bleibt, schneidet sich im Grunde ins eigene Fleisch und liefert selbst den Nährboden für künftige Unzufriedenheit. Denn damit werden die offensichtlich starken Parteien weiter bestätigt. Und wenn in den letzten Wahlen die Stimmen für CDU/CSU, SPD und FDP jeweils eine Mehrheit erfährt – warum soll sich dann in diesem Land etwas zum Positiven verändern? (Und nein, braune Parteien verändern auch nichts zum Positiven)

Wenn diese Politikverdrossenen eine Hoffnungswahl machen – und ein Kreuz bei einer beliebigen (nichtbraunen) sonstigen Partei macht, ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Stimme durch die Demokratieverstümmelung. (So nannten die Grünen einst die Sperrklausel) zwar nicht zu Mandaten führt. Aber es hat mehrere positive Nebeneffekte:

  • die Balken für die Sonstigen Parteien wächst. Das allein ist eine Botschaft. Die Regierungsbildende Koalition vertritt keine Mehrheit.
  • die etablierten Parteien haben Angst – nämlich, dass eine dieser Parteien den Einzug schaffen könnte. Was waren damals alle aus dem Häuschen, als die Piratenpartei ins Berliner Abgeordnetenhaus einzog? So ein Quatsch wie die Chatkontrolle wäre im Jahre 2012 undenkbar gewesen.
  • bei der Parteienfinanzierung auch die kleineren Parteien etwas bekommen (ab 1% auf Landesebene, 0,5% Bundesebene)
  • und wenn die Sonstigen so stark ansteigen, ist es auch ein gutes Argument, dass diese Sperrklausel zu Fall gebracht wird.

In soweit kann ich nur ermutigen, zur Wahl zu gehen.

Mit Umweltverschmutzung die Umwelt retten?

Anfang Februar berichtete ich über die Forderung nach einem Essen-Retten-Gesetz der Initiative Letzte Generation. Damals waren sie vor allem mit Sitzblockaden an Autobahnauffahrten aufgefallen.

Das machen sie immer noch – und haben eindeutig den Bogen überspannt. Ich zitiere einen Tweet der Initiative:

Unser höchstes Ziel ist der Schutz des Lebens. Beim Verschütten von Öl beachten wir stets, dass der Verkehr steht und keine Gefahr entsteht. Leider gelang es uns heute nicht, eine Radfahrerin rechtzeitig auf das Öl hinzuweisen und sie stürzte. Das tut uns leid.

In einem anderen Beitrag ist zu sehen, wie ein Aktivist Öl auf die Fahrbahn verteilt:

Wie dumm muss ein Mensch sein, absichtlich Öl auf die Fahrbahn zu kippen? Sorry, dafür habe ich keine anderen Worte mehr.

Die Gulli-Stimmen aus dem Saarland

Wenn das finale Wahlergebnis dem vorläufigen entspricht, so fehlen den Grünen exakt 23 Stimmen für den Einzug in saarländischen Landtag. Damit bleiben 22,3% der Stimmen bei der Besetzung des Landtags unberücksichtigt. Ein trauriger Rekordwert dieser sogenannten Sperrklausel.

Grüne Demokratieverstümmelung

Die Ironie des Schicksals der Grünen: im alten Grundkonsens der Grünen von 1993 hieß es noch:

In den Parlamenten selbst wird Demokratie in der Regel durch Sperrklauseln, das Übergewicht der Exekutive, den Fraktionszwang, Abhängigkeiten von Spendengeldern u.a. nur unbefriedigend und verstümmelt praktiziert.

Dann haben die Grünen in Hamburg für die Bezirke die 3%-Sperrklausel in die Verfassung geschrieben – es folgten die üblichen Begründungen:

Die Bezirksversammlungen sollen gesellschaftliche Vielfalt widerspiegeln. Diese Vielfalt braucht aus unserer Sicht aber auch gesellschaftliche Relevanz. [..] Ein Wahlrecht ohne Sperrklausel kann außerdem die Arbeitsfähigkeit der Bezirksversammlung schwächen. Fraktionslose Abgeordnete führen dazu, dass es mindestens in den Ausschüssen andere Mehrheiten gibt, als in der Bezirksversammlung. [..] Als eine*r von 51 bzw. 57 Abgeordneten sind sie maximal in der Lage, dem eigenen Anliegen ein Sprachrohr zu verschaffen, aber nur um den Preis einer fünfjährigen Bindung von Arbeitskraft für die Mitwirkung an allen Angelegenheiten des Bezirks.

Es sei angemerkt, dass fraktionslose Abgeordnete nicht zwingend ein Stimmrecht in den Ausschüssen brauchen. Gibt es in den Berliner Bezirken auch nicht.

In NRW haben die Grünen eine 2,5%-Sperrklausel für Gemeinden und Kreise mit beschlossen, die aber verfassungswidrig ist.

Werden Grüne darauf angesprochen, dann wird die Beschlusslage zur Sperrklausel als veraltet dargestellt – wie hier bei Abgeordnetenwatch mit Katharina Fegebank

Wir Grüne befinden uns gerade im Entstehungsprozess für ein neues Grundsatzprogramm. Insofern sehe ich den von Ihnen aufgemachten Widerspruch nicht. Ganz deutlich: eine Sperrklausel bedeutet für uns keine „verstümmelte Demokratiepraxis“, sondern bringt Stabilität in mittlerweile sehr ausdifferenzierte Parlamente.

Deutlicher kann eine Partei nicht ausdrücken, dass sich kein Mensch auf das Programm verlassen kann. Und hier ist es nicht nur das Wahlprogramm, was in der Regel Themenschwerpunkte für eine konkrete Wahl darstellt, sondern der Grundkonsens. Also ein Dokument von Satzungsrang, in dem die grundsätzlichen Überzeugungen einer Partei niedergeschrieben sind. (Natürlich dürfen sich diese ändern – aber dann sollte man diese erst ändern und dann agieren.).

In soweit ist es durchaus legitim, Schadenfreude gegenüber den Grünen zu äußern – auch wenn man selbst kein Freund dieser Demokratieverstümmelung ist.

Saarland ohne Sperrklausel

Wie würde der Saarländische Landtag nun ohne Sperrklausel aussehen? Ich habe es ausgerechnet: im Landtag wären 8 Parteien vertreten.

Partei Stimmen Sitze mit Sperrklausel Sitze ohne Sperrklausel
CDU 129156 19 16
SPD 196799 29 25
Linke 11689 1
Braune 25718 3 3
Grüne 22598 2
FDP 21618 2
FreieWähler 7636 1
Tierschutz 10391 1

(Mehr Details dazu. Es sei angemerkt, dass das Saarland nach D’Hondt verteilt. Diese Rechnung ist falsch.)

Die SPD hätte mit 43,5% der Stimmen keine absolute Mehrheit mehr, sondern wäre auf einen Koalitionspartner angewiesen. Die Grünen verdanken der Demokratieverstümmelung somit nicht nur das Fernbleiben aus dem Landtag, sondern sehr wahrscheinlich auch aus der Regierung.

Unberücksichtigt bleibt allerdings der Punkt, dass durch diese Sperrklausel Menschen bereits ihr Abstimmverhalten geändert haben. Wenn Menschen ihre Stimme frei abgeben (und sich nicht einem faktischen Zwang wegen der Sperrklausel unterwerfen), könnten es durchaus weitere Stimmen geben bzw. kleinere Parteien weitere Sitze erhalten. Mitunter wird dafür vor den Wahlen geworben, Guido Westerwelle prägte den Begriff der Gulli-Stimmen:

Im Saarland argumentierte die “Linke mit Sperrklausel:“https://twitter.com/Linke__Burb_Alt/status/1507271076828659726

#Kleinstparteien wie Piraten, DIE PARTEI + bunt.saar gefährden die einzig konsequent soziale Opposition im #saarländisch|en #Landtag. Stimmen für diese Parteien gehen definitiv verloren (5%-Hürde)

Genützt hat es der Linken bekanntlich ebenso nicht.

Arbeitsfähigkeit

Häufigstes Argument am Festhalten dieser Regelung ist die Arbeitsfähigkeit des Parlaments. Wenn 8 Parteien in einen Landtag einziehen, entstehen nicht automatisch 8 Fraktionen. Das Saarland hat gerade die Mindestfraktionsstärke von 2 auf 3 erhöht, wodurch es bei den selben 3 Fraktionen geblieben wäre. Vielleicht wären es auch 5, wenn Grüne und Tierschutz sowie FDP und Freie Wähler sich zusammengeschlossen hätten.

Aber nun ernsthaft: Gerät dabei die Arbeitsfähigkeit eines Parlaments außer Gefahr? Nein! Ein Parlament lebt davon, dass verschiedene Meinungen aufeinandertreffen. Und ein einzelner Abgeordneter kann durchaus in einer Debatte einen anderen Impuls werfen. Oder andere unangenehme Fragen stellen. Davon lebt geradezu die Demokratie.

Und selbst wenn das ganze ausufern sollte: Parlamente geben sich Geschäftsordnungen, in denen Rederechte, Redezeiten und Antragsrechte geregelt werden können.

Weimarer Verhältnisse

Ich habe 2015 die Weimarer Wahlergebnisse hergezogen und mit Sperrklauseln durchgerechnet, siehe Beitrag – und halte das für ein vorgeschobenen Grund. Weimar ging nicht an 40 bis 80 Sitzen von Kleinparteien zu Grunde, sondern an den 400 Sitzen der Großparteien.

Nicht minder spannend: Die Erklärung von Anne, die ebenso darstellt, warum diese Analogie zu Weimar nicht trägt.

Verfassungsgerichte

Die Verfassungsgerichte sehen die Sperrklausel nicht als naturgegeben an. Ich zitiere den Verfassungsgerichtshof des Saarlandes vom 29.09.2011:

Die Sperrklausel des § 38 Abs. 1 LWG ist verfassungsrechtlich noch gerechtfertigt. Den Gesetzgeber trifft jedoch die verfassungsrechtliche Pflicht, ihre Notwendigkeit zur Erreichung der von ihm verfolgten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ziele – der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Parlaments, der Bildung einer stabilen Regierung und der Funktion politischer Wahlen als eines Integrationsvorgangs – unter Berücksichtigung zwischenzeitlicher gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen zu prüfen.

Und genau das dürfte das Wahlergebnis nun komplett in Frage stellen. Hoffentlich.

Alternativen

Schon vor 5 Jahren zeigte ich Alternativen auf, wie mit moderateren Lösungen auch Kompromisse möglich sind, z.B. die Sperrklausel als maximal nicht im Parlament vertretene Stimmen.

Fazit

Diese sogenannte Demokratieverstümmelung gehört abgeschafft.

Erhaltungsverordnung in Eilbek

Seit einigen Tagen wohne ich einem Milieuschutzgebiet, für den Ortsteil Eilbek wurde eine Erhaltungsverordnung in Kraft gesetzt. Das ist ein baurechtliches Instrument, was – ganz salopp formuliert – verhindern soll, dass aus Wohnungen Wohnungen werden, für die man in der Regel wesentlich höhere Mieten zu bezahlen hat. Damit sind bestimmte Formen der baulichen Aufwertung (z.B. Anbau von Balkons) oder auch das Abriss von Wohnhäusern ausgeschlossen bzw. bedürfen eines gesonderten Antrages.

Was das ist und wie das funktioniert, habe ich vor einigen Jahren schon einmal ausführlich am Beispiel von Alt-Treptow gebloggt. Ich war damals Mandatsträger in der Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick. In Alt-Treptow leistete die SPD sehr lange Widerstand dagegen und leugnete die Verteuerungsprozesse. Erst mit Hilfe eines Einwohnerantrages (d.h. mehr als 1000 Menschen im Ortsteil forderten dies ein) kam ein Umdenken – und pünktlich vor der Berliner Wahl 2016 trat diese dann in Kraft.

Heute geht es allerdings um Hamburg-Eilbek. Und um die SPD sowie ihr Handeln kurz vor Wahlen. Zugegeben: Ich habe mich hier nicht um alle Details der Entstehung beschäftigt. Aber dieser Beitrag der Abgeordneten Juliane Timmermann zeigt durchaus, wie realitätsfern die SPD ist:

Die Soziale Erhaltungsverordnung schützt die Mieterinnen und Mieter in Eilbek, damit Eilbek lebenswert, vielfältig und bezahlbar bleibt! #ganzestadtimblick #eilbek

Dieses Statement enthält zwei Aussagen mit dem kleinen Wörtchen bleibt: Einerseits wird suggeriert, dass der Ortseil heute bezahlbar sei. Und dass er durch dieses Instrument auch künftig bleibt. Beide sind falsch!

Ich habe das große Glück, noch in diesem einigermaßen zentralen Stadtteil in eine Wohnung einziehen zu können. Doch schaut man sich die den Wohnungsmarkt an, so wird einem Angst und Bange. Eine Wohnung für unter 10 Euro pro qm kalt? Vergiss es. Schon lange nicht mehr. Wer einen §5-Schein hat, kann eventuell Glück haben. Vielleicht noch wer in einer der Wohnungsgenossenschaften hineingeboren wurde.

Vielleicht hätte man die Erhaltungssatzung vor zehn Jahren beschließen sollen? Zusammen mit einigen anderen Maßnahmen?

Nun gebe ich auch als Kandidat ehrlich zu, dass die zur Verfügung stehenden Maßnahmen auf Landes- und Bezirksebene begrenzt sind, um das Problem steigender Mieten zu lösen. Vieles ist Bundesrecht. Und da können wir dieser Tage der SPD als Mitglied der Regierung nicht attestieren, hier nennenswerte Vorteile für die Menschen in Mietwohnungen geschaffen zu haben. Die Mietpreisbremse hätte ein schönes Instrument werden können, ist aber derzeit ein zahnloser Tiger.

Ich blicke neidvoll auf Wien, die kontinuierlich den sozialen Wohnungsbau aufgebaut haben und manche Probleme gelöst haben. Wenn hier jemand aber den Stein der Weisen gefunden hätte: es wäre umgesetzt. Berlin probiert gerade, diese Kompetenzen auszureizen und wir dürfen gespannt sein, ob die Idee des Mietendeckels vor Gericht Bestand haben wird (siehe Artikel der Berliner Piraten zum Mietendeckel ).

Was aber die Menschen sehr wohl von einer Person, die derzeit im Landesparlament sitzt, erwarten dürfen: eine realistische Einschätzung der Lage. Und auch eine realistische Einschätzung über die beschlossenen Maßnahmen. Ob mit oder ohne Erhaltungssatzung: die Mieten werden auch auf dem heutigen Niveau nicht stagnieren. Im Gegenteil. Schon alleine durch Konstrukte wie die in Hamburg beliebte Indexmiete und der Mietspiegel. Mit anderen Worten: Selbst wenn heute die Mieten in Eilbek bezahlbar wären, so gibt es auch mit der Erhaltungssatzung keine Garantie, dass sie es morgen noch sind.

Ich möchte nicht gegen das Instrument der Erhaltungsverordnung sprechen. Im Gegenteil. Das Instrument hat eine Daseinsberechtigung. Wenn mein Vermieter auf die Idee kommt, in meiner Wohnung Marmorfußböden zu verlegen, so kann ich mich weigern und die Behörden können nun einen Riegel vorschieben. Vor Mieterhöhungen bleibe ich dennoch nicht verschont. Soviel Ehrlichkeit sollte sein, liebe SPD!

5G-Versteigerung

Während einer Mitfahrgelegenheit kam das Thema 5G-Versteigerung auf. Ich hatte zugegebenermaßen mich zuvor noch nicht damit beschäftigt, die in den Raum geworfenen Argumente der Mitfahrerin wirkten ein wenig nach Aluhut-Fraktion. Sie sorgte sich um Strahlen und verwies auf eine laufende Petition

Ich habe mir diese Petition angeschaut – und einige Gedanken gemacht:

  1. Die Einforderung der medizinischen Unbedenklichkeit ist an sich unterstützenswert.
  2. Die Petition begründet es mit einem kritischen Forschungsstand, benennt aber diesen keineswegs (z.B. durch Nennung einer Studie). Damit ist es schier unmöglich, diesen Stand nachzuvollziehen.
  3. Während die Petition in ihrer Begründung von „Millimeterwellen bis zu 200 GHz” spricht, wird bei der Auktion die Frequenzbänder von 2 GHz sowie 3,4-3,7 GHz versteigert. (Zum Vergleich: WLAN nutzt 2,4 GHz und 5 GHz). Es ist also gut möglich, dass diese kritischen Studien für den oberen Bereich dieses Spektrums gibt und die derzeitigen Auktion gar nicht tangiert (Vgl. diese Debatte )
  4. Was mich viel mehr daran stört ist die Versteigerung – und damit die Exklusivität eines (Teil-)Funkbandes durch ein einzelnes Unternehmen.
  5. Andererseits bringt die Versteigerung auch Verpflichtungen mit sich, bspw. eine flächendeckende Anbindung („Bis Ende 2022 sollen mindestens 98 Prozent der Haushalte mobiles Internet mit mindestens 100 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) haben”).

Fazit: Es ist keine Petition, die ich unterstützen werde.

Update Ich habe erneut so eine Diskussion führen dürfen. Neben der Sorge um Strahlen bestand vor allem die Sorge wegen abstürzender Computer, deren Ausfälle sowie eine Abneigung von selbstfahrenden Autos. Diese beiden Argumente sind für mich aber keine. Das 5G-Netz ist für mich eine reine Infrastruktur-Frage. Und Infrastruktur ermöglicht bestimmte Nutzungsmöglichkeiten (Und manche können wir heute noch gar nicht abschätzen), aber sie gibt keinen Zwang auf, dass wir bestimmte Nutzungen legalisieren und einführen. Die Debatte um selbstfahrende Autos muss isoliert betrachtet werden. Und Computer stürzen mit 5G genauso ab wie mit 4G oder 3G.