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Die Monopolöffnung der Post - und die Pin AG

Nennt mich einen Privatisierungsgegner — aber irgendwie konnte ich bei der Privatisierung von Bahn und Post bisher nicht viel positives bemerken. Und nun droht ab kommenden Jahr der Post die vollständige Monopolöffnung.

Toll denken nun die Verbraucher der MediaMarkt-Fraktion: dann gibt es Konkurrenz, dann wird der Versand von Briefen billiger. Doch ich habe dabei erhebliche Zweifel! Und wenn schon nicht am Geld, dann zumindest an der Handhabbarkeit.

Ich möchte nun nicht beurteilen, ob die Deutsche Post heute effizent genug arbeitet, Optimierungspotential wird es immer geben. Trotzdem sind zum Beispiel folgende Faktoren ziemlich entscheidend für den Aufwand:

  • Briefkastendichte
  • Filialdichte
  • Verteilfrequenz

Die Post könnte viel günstiger werden, wenn der Postbote künftig nicht mehr jeden Tag kommt, sondern nur noch jeden zweiten (Verteillogistik). Und auch der Bestand an Briefkästen läßt sich sicher noch weiter reduzieren (Beschaffungslogistik). Das spart viele Arbeitsplätze und viel Geld ein — und würde auch das Porto reduzieren. Doch wollen wir wirklich weitere Wege zum Briefkasten?

Wird nun der Markt geöffnet und es verteilen künftig auch andere Unternehmen, so verteilt sich das Briefpostaufkommen. Ob sich die teure Logistik noch rentieren wird, wenn nur noch das halbe Briefaufkommen die Verteilzentren passiert? Und ob sich so ein System für einen privaten rentieren wird?

Die privaten nehmen sicher zuerst einmal die Sahnehäppchen. Das sieht man ja alleine schon in Berlin: hier verteilt die Behördenpost künftig »Pin AG«. Wenn man nur ein paar wenige Sammelstellen hat, erleichert das schon erheblich die Beschaffungslogistik für die Briefe. Und auch die Verteillogistik: die meisten Empfänger werden ja in Berlin wohnen. Metropole, drei Millionen mit kurzen Wegen. Ein Traum. Bei der Deutschen Post verschwindet damit die Quersubventionierung für die verlustreicheren Landregionen (schließlich muß die Post auch wegen drei Briefe in ein Dorf mit 50 Einwohnern).

Auch bei den Gewerkschaften ist die Pin AG schon ein Dorn im Auge. So liest man des öfteren, daß das Lohnniveau schon unterhalb der Sozialhilfe Hartz IV liegt. Mit anderen Worten: die Stadt subventioniert mit Sozialleistungen Arbeitsplätze (sowie die evtl. gestrichenen Stellen bei der Deutschen Post). Auch wenn Gewerkschaften gerne übertreiben — aber völlig aus der Luft gegriffen scheint das nicht zu sein (siehe dazu Labournet). Die generelle These lautet ja auch: Der Gewinn wird privatisiert, der Verlust sozialisiert.

Und wie dem gestrigen Artikel bei telepolis zu entnehmen ist: Preissenkungen wird es nicht geben — das sieht mittlerweile auch die Bundesnetzagentur ein.

Aber jenseits von Zustellungsgebühren und den Gehältern: stellen wir uns vor, der Postmarkt hat sich liberalisiert. Wir haben nun gelbe, grüne, blaue und rote Briefkästen, die die Straßen schmücken. Dann gibt es gelbe, grüne, blaue und rote Briefmarken. Natürlich darf ein Brief mit gelber Marke nur in einen gelben Kasten. Dann fahren vier Postunternehmen aus (Stephan bemängelt die ökologischen Aspekte) — und wenn die Haustür verschlossen ist, wird man dann viermal raus geklingelt. Natürlich nur vorausgesetzt, die Post kommt dann immer noch täglich an.

Die Monopolöffnung der Post sollte man also noch einmal bedenken (vgl. Welt). Als möglicher Kompromiß wäre allenfalls ein Ansatz, der der Trennung von Schienennetz und Betrieb der Bahn nahe kommt.

(Anmerkung: die PIN Group setzt sich zur Zeit zusammen aus Axel Springer AG, Verlagsgruppe Holtzbrinck, WAZ-Mediengruppe und Rosalia Investment S.A. und hat den Sitz in Luxemburg)

Bisherige Kommentare (3)

Kommentar von Wolfgang

Ich sehe diesen Privatisierungsbemühungen auf mit Skepsis entgegen.
Diese Privaten sind eigentlich Trittbrettfahrer, weil sie die bestehende, mühsam aufgebaute Infrastruktur nutzen.
Ich bin aus beruflichen Gründen sehr oft bei der Post. Dort sehe ich laufend Pin-Mitarbeiter, die entweder Berge von Päckchen abgeben, die mit Briefen für andere Städte gefüllt sind oder entsprechend Berge von Päckchen aus ihrem riesigen Postfach holen. Die könnten ohne die Post garnicht arbeiten.

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