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Die Gulli-Stimmen aus dem Saarland

Wenn das finale Wahlergebnis dem vorläufigen entspricht, so fehlen den Grünen exakt 23 Stimmen für den Einzug in saarländischen Landtag. Damit bleiben 22,3% der Stimmen bei der Besetzung des Landtags unberücksichtigt. Ein trauriger Rekordwert dieser sogenannten Sperrklausel.

Grüne Demokratieverstümmelung

Die Ironie des Schicksals der Grünen: im alten Grundkonsens der Grünen von 1993 hieß es noch:

In den Parlamenten selbst wird Demokratie in der Regel durch Sperrklauseln, das Übergewicht der Exekutive, den Fraktionszwang, Abhängigkeiten von Spendengeldern u.a. nur unbefriedigend und verstümmelt praktiziert.

Dann haben die Grünen in Hamburg für die Bezirke die 3%-Sperrklausel in die Verfassung geschrieben – es folgten die üblichen Begründungen:

Die Bezirksversammlungen sollen gesellschaftliche Vielfalt widerspiegeln. Diese Vielfalt braucht aus unserer Sicht aber auch gesellschaftliche Relevanz. [..] Ein Wahlrecht ohne Sperrklausel kann außerdem die Arbeitsfähigkeit der Bezirksversammlung schwächen. Fraktionslose Abgeordnete führen dazu, dass es mindestens in den Ausschüssen andere Mehrheiten gibt, als in der Bezirksversammlung. [..] Als eine*r von 51 bzw. 57 Abgeordneten sind sie maximal in der Lage, dem eigenen Anliegen ein Sprachrohr zu verschaffen, aber nur um den Preis einer fünfjährigen Bindung von Arbeitskraft für die Mitwirkung an allen Angelegenheiten des Bezirks.

Es sei angemerkt, dass fraktionslose Abgeordnete nicht zwingend ein Stimmrecht in den Ausschüssen brauchen. Gibt es in den Berliner Bezirken auch nicht.

In NRW haben die Grünen eine 2,5%-Sperrklausel für Gemeinden und Kreise mit beschlossen, die aber verfassungswidrig ist.

Werden Grüne darauf angesprochen, dann wird die Beschlusslage zur Sperrklausel als veraltet dargestellt – wie hier bei Abgeordnetenwatch mit Katharina Fegebank

Wir Grüne befinden uns gerade im Entstehungsprozess für ein neues Grundsatzprogramm. Insofern sehe ich den von Ihnen aufgemachten Widerspruch nicht. Ganz deutlich: eine Sperrklausel bedeutet für uns keine „verstümmelte Demokratiepraxis“, sondern bringt Stabilität in mittlerweile sehr ausdifferenzierte Parlamente.

Deutlicher kann eine Partei nicht ausdrücken, dass sich kein Mensch auf das Programm verlassen kann. Und hier ist es nicht nur das Wahlprogramm, was in der Regel Themenschwerpunkte für eine konkrete Wahl darstellt, sondern der Grundkonsens. Also ein Dokument von Satzungsrang, in dem die grundsätzlichen Überzeugungen einer Partei niedergeschrieben sind. (Natürlich dürfen sich diese ändern – aber dann sollte man diese erst ändern und dann agieren.).

In soweit ist es durchaus legitim, Schadenfreude gegenüber den Grünen zu äußern – auch wenn man selbst kein Freund dieser Demokratieverstümmelung ist.

Saarland ohne Sperrklausel

Wie würde der Saarländische Landtag nun ohne Sperrklausel aussehen? Ich habe es ausgerechnet: im Landtag wären 8 Parteien vertreten.

Partei Stimmen Sitze mit Sperrklausel Sitze ohne Sperrklausel
CDU 129156 19 16
SPD 196799 29 25
Linke 11689 1
Braune 25718 3 3
Grüne 22598 2
FDP 21618 2
FreieWähler 7636 1
Tierschutz 10391 1

(Mehr Details dazu. Es sei angemerkt, dass das Saarland nach D’Hondt verteilt. Diese Rechnung ist falsch.)

Die SPD hätte mit 43,5% der Stimmen keine absolute Mehrheit mehr, sondern wäre auf einen Koalitionspartner angewiesen. Die Grünen verdanken der Demokratieverstümmelung somit nicht nur das Fernbleiben aus dem Landtag, sondern sehr wahrscheinlich auch aus der Regierung.

Unberücksichtigt bleibt allerdings der Punkt, dass durch diese Sperrklausel Menschen bereits ihr Abstimmverhalten geändert haben. Wenn Menschen ihre Stimme frei abgeben (und sich nicht einem faktischen Zwang wegen der Sperrklausel unterwerfen), könnten es durchaus weitere Stimmen geben bzw. kleinere Parteien weitere Sitze erhalten. Mitunter wird dafür vor den Wahlen geworben, Guido Westerwelle prägte den Begriff der Gulli-Stimmen:

Im Saarland argumentierte die “Linke mit Sperrklausel:“https://twitter.com/Linke__Burb_Alt/status/1507271076828659726

#Kleinstparteien wie Piraten, DIE PARTEI + bunt.saar gefährden die einzig konsequent soziale Opposition im #saarländisch|en #Landtag. Stimmen für diese Parteien gehen definitiv verloren (5%-Hürde)

Genützt hat es der Linken bekanntlich ebenso nicht.

Arbeitsfähigkeit

Häufigstes Argument am Festhalten dieser Regelung ist die Arbeitsfähigkeit des Parlaments. Wenn 8 Parteien in einen Landtag einziehen, entstehen nicht automatisch 8 Fraktionen. Das Saarland hat gerade die Mindestfraktionsstärke von 2 auf 3 erhöht, wodurch es bei den selben 3 Fraktionen geblieben wäre. Vielleicht wären es auch 5, wenn Grüne und Tierschutz sowie FDP und Freie Wähler sich zusammengeschlossen hätten.

Aber nun ernsthaft: Gerät dabei die Arbeitsfähigkeit eines Parlaments außer Gefahr? Nein! Ein Parlament lebt davon, dass verschiedene Meinungen aufeinandertreffen. Und ein einzelner Abgeordneter kann durchaus in einer Debatte einen anderen Impuls werfen. Oder andere unangenehme Fragen stellen. Davon lebt geradezu die Demokratie.

Und selbst wenn das ganze ausufern sollte: Parlamente geben sich Geschäftsordnungen, in denen Rederechte, Redezeiten und Antragsrechte geregelt werden können.

Weimarer Verhältnisse

Ich habe 2015 die Weimarer Wahlergebnisse hergezogen und mit Sperrklauseln durchgerechnet, siehe Beitrag – und halte das für ein vorgeschobenen Grund. Weimar ging nicht an 40 bis 80 Sitzen von Kleinparteien zu Grunde, sondern an den 400 Sitzen der Großparteien.

Nicht minder spannend: Die Erklärung von Anne, die ebenso darstellt, warum diese Analogie zu Weimar nicht trägt.

Verfassungsgerichte

Die Verfassungsgerichte sehen die Sperrklausel nicht als naturgegeben an. Ich zitiere den Verfassungsgerichtshof des Saarlandes vom 29.09.2011:

Die Sperrklausel des § 38 Abs. 1 LWG ist verfassungsrechtlich noch gerechtfertigt. Den Gesetzgeber trifft jedoch die verfassungsrechtliche Pflicht, ihre Notwendigkeit zur Erreichung der von ihm verfolgten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ziele – der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Parlaments, der Bildung einer stabilen Regierung und der Funktion politischer Wahlen als eines Integrationsvorgangs – unter Berücksichtigung zwischenzeitlicher gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen zu prüfen.

Und genau das dürfte das Wahlergebnis nun komplett in Frage stellen. Hoffentlich.

Alternativen

Schon vor 5 Jahren zeigte ich Alternativen auf, wie mit moderateren Lösungen auch Kompromisse möglich sind, z.B. die Sperrklausel als maximal nicht im Parlament vertretene Stimmen.

Fazit

Diese sogenannte Demokratieverstümmelung gehört abgeschafft.

BGE und Gewerkschaft

Ich habe vor einiger Zeit schon meine Gedanken zum Bedingungslosen Grundeinkommen nieder geschrieben. Es sprechen so viele Punkte für diese Idee, so dass es von konservativen, liberalen, linken und progressiven Strömungen gleichermaßen aufgegriffen werden müsste. Aber vor allem aus dem Linken Lager kommen Beißreflexe, die ich nicht nachvollziehen kann.

Einen großen Verlierer wird es allerdings geben: die Gewerkschaften. Zumindest dann, wenn sie nicht in der Lage sind, sich auch in einer BGE-Welt neu zu erfinden. Wenn mit einem BGE die Arbeit nicht mehr für die Erwirtschaftung des Existenzminimums notwendig ist, sondern nur noch ein Hinzuverdienst ist, haben Arbeitnehmer per se eine bessere Stellung gegenüber Arbeitgebern – und können auf Augenhöhe reden.

Ausgangspunkt dieses Beitrages ist das Statement der Linken Arbeitsgemeinschaft Betrieb&Gewerkschaft Grundeinkommen: Bedingungslos gerecht?. Sie beziehen sich hier zunächst auf einen Artikel der Zeitung Welt.

Nach einigen Sätzen zur Euphorie stellen sie die Gerechtigkeit in Frage:

Ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle ist nicht gerecht. Die große Ungerechtigkeit des BGE liegt in seiner Bedingungslosigkeit. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Familien Albrecht die gleiche Unterstützung erhalten soll, wie die vielen Kassier*innen in den ALDI-Filialen.

(Die Kassier*innen ist nicht von mir!)

Ja, auch die Familien Albrecht, die absolut auf keinerlei staatliche Stütze angewiesen sind, würden eben auch ein solches Bedingungslose Grundeinkommen erhalten. Es findet eben keinerlei Prüfung der Bedürftigkeit statt.

Ist das schlimm? Nur wenn die Linken wirklich keinerlei Ideen und Vorstellungen haben, wie die BGE-Ausgaben auch zu finanzieren sind. Die Schatulle des Staates ist bekanntlich endlich.

Nun wird die Bedingungslosigkeit damit begründet, dass dadurch die Repressionen einer Bedürftigkeitsprüfung umgangen wird und der Familie Albrecht das BGE mit der Einkommensteuer wieder abgezogen wird. Aber erstens ist die Forderung nach der Abschaffung des Repressionssystems ohnehin Konsens in der Linken – dafür braucht es kein BGE – und zweitens ist es auch widersprüchlich erst ein Ende der Überprüfung der Einkommensverhältnisse zu fordern und dann über die Einkommensteuer einer solchen doch zuzustimmen.

Ja, man kann ohne BGE auch das Repressionssystem (also der faktische Arbeitssuchzwang mit Sanktionen) abschaffen. Aber das ist kein Argument gegen BGE. Und dann wird das BGE ja nicht einfach wieder beim Einkommen abgezogen – das wäre dann in der Tat Quatsch. Viel mehr ändern sich Dinge wie der (Spitzen-)Steuersatz. Und dazu ist auch die Linke aufgefordert, BGE-Modelle hervorzuheben, bei denen die Familien Albrecht – trotz Auszahlung eines BGE – unterm Strich weniger Geld haben wird.

Anstatt mit einem Grundeinkommen alle gleich zu behandeln und so zu tun, als sei das sozial gerecht, sollte die Auseinandersetzung um den Ausbau des Sozialstaates im Bündnis mit Gewerkschaften, Sozialverbänden und Kirchen offensiv geführt werden.

Die Linken scheinen wohl die Aufgaben der Gewerkschaften nicht verstanden zu haben, aber sozialstaatliche Fragen gehören da jedenfalls nicht dazu. Ebenso ist es verwunderlich, dass die Linken (!) hier die Kirchen vorschicken.

Bislang müssen sich Unternehmen bei Lohnzahlungen nämlich an der Höhe der Reproduktionskosten orientieren.

Reproduktionskosten ist ein Begriff mit verschiedenen Bedeutungen. In diesem Falle soll es wohl bedeuten, dass Menschen durch den Lohn gerade so in der Lage seien, ihre Arbeitskraft am Leben zu halten. Aber in Zeiten, in denen wir von “Aufstockern” reden, scheint dieses Prinzip wohl ohnehin nicht mehr zu gelten.

Wenn der Staat aber sicherstellt, dass die Menschen durch ein BGE ausreichend Einkommen für Wohnraum, Essen und Kleidung haben, muss der Lohn nicht mehr existenzsichernd sein. Arbeit bekäme den Charakter eines Zuverdienstes.

Genau das sehe ich als Stärke: wir definieren die Arbeit um. Ja, Arbeit ist dann nicht mehr die Basis für das Existenzminimum, sondern genau so wie es beschrieben wird: es ist dann nur der Hinzuverdienst. Und das ist der kleine, aber feine Unterschied, den diese Arbeitsgruppe verkennt: Wenn Arbeitnehmer völlig repressionsfrei Arbeit ablehnen dürfen, so können sie auch auf Augenhöhe mit den Arbeitgebern verhandeln. Sie dürfen dann sagen: “Nee, für dieses lächerliche Geld muss ich keinen Finger krumm machen.” Sie dürfen aber auch sagen: “Egal, wieviel ich dafür bekomme – ich habe einfach Bock dazu.”

Neoliberale Befürworter des BGE sehen dieses als Rammbock, um den Sozialstaat zu zertrümmern.

Nochmal langsam: Ein Land, in dem sichergestellt ist, dass jeder Wohnraum, Essen und Kleidung (und vielleicht auch eine Krankenversicherung) hat, ist die Zertrümmerung des Sozialstaates? Hallo. Irgendjemand zu Hause?

Selbstverständlich wollen wir den unerhörten Reichtum der Millionäre und Milliardäre gerecht verteilen, aber gesellschaftliche Umverteilung tritt nicht einfach ein, nur weil man es finanziell durchrechnet und programmatisch beschließt.

Wie auch immer man zu unerhörtem Reichtum stehen mag: diese Debatte ist völlig unabhängig von der BGE-Frage.

Dazu zählen die Kämpfe um Arbeitszeitverkürzung, eine höhere Personalbemessung in Krankenhäusern, die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit oder die Abschaffung von Hartz IV

Wenn wir von der Personalbemessung in Krankenhäusern absehen (wo ich keinerlei Bezug zur BGE-Debatte sehe), werden die anderen Themen gerade durch das BGE obsolet. Wenn Arbeit nicht mehr als Grundlage des Existenzminimums gesehen wird und Hartz IV überwunden ist, so kann jeder die eigene Arbeitszeit reduzieren. Und die Massenarbeitslosigkeit würde zwar durch BGE nicht beseitigt werden, aber die heutigen Folgen und Stigmatisierungen wären ad acta.

DIE LINKE muss sich deshalb um betriebliche Verankerung bemühen und diese Kämpfe leidenschaftlich unterstützen und sich nicht an programmatische Forderungen klammern, die an den realen Kämpfen in den Betrieben vorbeigehen.

Der Abschluss fasst es in meinen Augen recht gut zusammen: diese Gruppierung ist irgendwo in der Mitte des letzten Jahrhunderts hängen geblieben und zementiert die zentrale Rolle der Arbeit. Fundierte Argumente kann ich dieser Schrift leider nicht entnehmen. Ich würde mir wünschen, wenn sich diese Partei mit BGE und den verschiedenen Ansätzen auseinander setzen würde – und dann solche Modelle und Stellschrauben in den Vordergrund rückt, welche sie für geeignet hält.

Essen-Retten-Gesetz

Das Bundesministerium für Ernährung
und Landwirtschaft (BMEL) hat im letzten Jahr eine Studie veröffentlicht – mit der Erkenntnis, dass jährlich 12 Mio Tonnen Lebensmittel im Müll landen. Das ist erst einmal eine recht hohe Hausnummer. Bei 80 Mio Menschen wären das je Nase und Jahr 150 Kilogramm. Dieser Tage mehren sich Protestaktionen, die auf dieses Thema aufmerksam machen, allen voran die Initiative “Aufstand der Letzten Generation” – mit der konkreten Forderung nach einem sogenannten “Essen-Retten-Gesetz”.

Das Ausspielen von U-Bahn und Straßenbahn

Derzeit schwappt eine Welle aus Berlin nach Hamburg, die den Bau neuer U-Bahn-Linien als Klimakiller einstufen möchte, weil deren Amortisationszeit für CO₂ weit über 100 Jahre bis hin zu 1946 (!) Jahren liegen soll.

Diese Studien machen mir Angst:

Im Kontext der neuen Hamburger U5 ist es nun auch Bestandteil von Klagen.

Kosten von Solaranlagen und Atomkraft

Gut gemeint und gut gemacht sind zweierlei Paar Schuhe. Das Katapult-Magazin veröffentlichte dieser Tage eine Grafik zum Vergleich der Kosten des Kernkraftwerkes Flamanville mit denen von Solarmodulen:

Die Grünen im Europäischen Parlament unterstreichen auch gleich die Aussage:

Atomkraft rechnet sich nicht Kusshand

Es ist 2022 – und ich bin langsam müde mit dieser Form der politischen Kommunikation. Ich habe auch keine Lust, mich mit solchem Zahlenwerk intensiver auseinander zu setzen, wo schon offensichtlich Zahlenspielereien dabei sind.

Auf der einen Seite ist das Kraftwerk so eine Art französischer BER. Man mag spekulieren, ob diese Kosten bei anderen Kraftwerken so reproduzierbar sind. Auf der anderen Seite wird ein komplettes Kraftwerk (also wo alle Kosten von Grund, Planung, Bau, Zinsen, etc.) mit dem Kauf von Hardware-Modulen verglichen – zu einem Stückpreis von 47,50€. So als sind diese mit Fingerschnippen in ausreichender Menge installiert und angeschlossen.

Aber Halt: Was bringt uns diese Debatte eigentlich?

Die Frage der Energieerzeugung sollten wir nicht durch die Kosten bestimmen. Was, wenn sich gar das das Gegenteil herausstellen sollte?. Bauen wir dann mit den selben Argumenten Atomkraftwerke, nur weil sie sich doch rechnen?

Nein! Wir sollten die Frage der Energieerzeugung stets im Kontext unserer Umwelt betrachten.

Unbestritten ist bei Atomkraft der Kreislauf immer noch nicht geklärt: niemand will die strahlenden Stäbchen in seinen Vorgarten, vor allem nicht die Bayern. Das Zwischenlager Asse leckt – und muss ausgeräumt werden. Und wenn Pannen passieren (Tschernobyl) sind hinterher ganze Landstriche unbewohnbar. Solche Folgen sind zu keinem Preis dieser Welt einpreisbar.

Natürlich haben auch erneuerbare Energien Nachteile. Die Leistung dieser Solarmodule sind ja auch sehr abhängig von der Helligkeit. Und auch Windräder liefern bei Windstille nur wenig. Und auch Wasserkraftwerke und Pumpspeicherwerke verändern recht ordentlich den Lebensraum der Tiere, keine Frage. Aber auf dieser Ebene müssen wir abwägen, wie wir unseren Energiebedarf (den man sicherlich auch in Frage stellen darf) absichern – um nicht in dieses Szenario eines BlackOuts zu rutschen.

Solche plumpen und billigen Rechnungen verlagern leider nur die Debatte auf Kosten und bringen uns keinen Millimeter voran. Im Gegenteil: sie sind schlicht kontraproduktiv.

Veloroute 5 - Hamburger Hilfslosigkeit für Radverkehr

Die kostenlose Wurfzeitung “Hamburger Wochenblatt” hat in einem kurzen Artikel über den geplanten Umbau von Reese- und Hufnerstraße berichtet. Und was vielleicht wie ein großer Wurf klingen mag, fasst eigentlich die Plan- und Hilflosigkeit der rot-grün-regierten Stadt Hamburg in Bezug auf Radverkehr sehr gut zusammen:

200 Meter Protected Bike Lane und zweimal 750 Meter Radfahrstreifen sieht die fertige Planung für einen knapp 1000 Meter landen Abschnitt der Veloroute 5 vor. [..] Unter unterhalb der Eisenbrücke soll es dann einen “Kopenhagener Radweg” mit einer niedrigen Kante zwischen Auto- und Radspur geben – gegen Konflikte zwischen Fußgängern, Radfahrern und Autofahrern.

Kopenhagen wäre nicht Kopenhagen, wenn es den “Kopenhagener Radweg” nur unterhalb von Eisenbahnbrücken – und es wie in Hamburg ständig Flickschusterei mit häufig wechselnden Radverkehrsführungen gäbe.

Auf dem überwiegenden Abschnitt haben wir heute einen Radweg, der in Worten von Olaf “CumEx” Scholz “mittlerweile ziemlich verformt” sei, also ganz normaler Hamburger Standard. Sprich: Verbindungen, die ich entweder versuche zu umfahren oder auch auf der KfZ-Fahrbahn passiere. Stattdessen entstehen nun Radfahrstreifen zwischen Fahrbahn und Längsparkplätzen, genau jenes Konstrukt, was in Hamburg besonders gerne zugeparkt wird.

Ein kleines besonders Detail ist die Hufnerstraßenbrücke, wo die Radinfrastruktur sogar zurückgebaut (!) wird:

In Fahrtrichtung Nord gibt es derzeit noch einen Radweg. Im Kreuzungsbereich zur Poppenhusenstraße soll ein Kreisverkehr entstehen. Nun sollen wohl Radfahrende die Fahrbahn bereits benutzen, um dann in die weitere Hufnerstraße links (also Kreisverkehr, 2. Ausfahrt) einzubiegen. Warum man aber in der Verbindung zum S-Bahnhof die bestehende Verbindung ebenso killt – ich weiß es nicht. Damit jedenfalls dieser Fehler nicht so schnell wieder behoben werden kann, wird auch passend eine Straßenlaterne installiert.

(Wozu hier eigentlich ein Kreisverkehr?)

(Und Nein, ich erwarte in Hamburg keine besseren Lösungen. Die Leute kannten dieses Flickwerk mit Rot-Grün und haben genau das wiedergewählt. Warum sollten sie nun ernsthaft Verkehrswende nun vorantreiben?)

Die vollständigen Planungsunterlagen von Nord nach Süd (jeweils auf Anlage klicken):

Verbot von Zweitwohnungen

In der bayrischen Kommune Garmisch-Partenkirchen (und sicher nicht nur da) läuft immer mal wieder eine Debatte, wie die Zahl der Zweitwohnungen reduziert werden kann, damit bspw. mehr Wohnungen für eigentliche Einwohner zur Verfügung stehen.

So stellte die örtliche CSU beispielsweise 2019 die Debatte auf die Tagesordnung des Marktgemeinderats, wie im Kontext des Zweckentfremdungsgesetz “die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen” gesichert bleibt. In der Sache sicherlich hilfreich – und für eine CxU-Partei eher ungewöhnlich. In dieser Debatte brachte dann die SPD folgenden Antrag ein:

Die Verwaltung wird beauftragt zu prüfen, inwieweit mit einer Satzung die Nutzung als Zweitwohnung künftig unter eine Genehmigungspflicht gestellt werden kann und wird gebeten, dem Gemeinderat möglichst zeitnah das Prüfungsergebnis vorzulegen.

So wurde es auch – wenn auch mit anderen Worten – beschlossen:

Dabei sind auch ein mögliches Verbot von Zweitwohnungen verbindlich zu prüfen

Eine Genehmigungspflicht impliziert, dass diese Anträge auch abgelehnt werden können – und das käme einen Verbot gleich. Zwar ist es nur ein Prüfauftrag, dennoch halte ich solche Überlegungen für Zweifelhaft. Und vermutlich nur, weil einige die Begriffe Ferienwohnung und Zweitwohnung nicht unterscheiden können.

Das Zweckentfremdungsgesetz ist ein gutes Werkzeug, damit Wohnraum Wohnraum bleibt. Und sich da nicht nicht Arztpraxen oder Anwaltskanzleien einnisten. Oder auch Ferienwohnungen. Ob ich eine Wohnung aber als Haupt- oder Nebenwohnung nutze, ändert nichts an der baurechtlichen Nutzung – es ist und bleibt eine Wohnung. Ich werde mittels Gesetz niemand an einer Nebenwohnung hindern können – das würde auch dem Ansinnen des Bundesmeldegesetzes zuwiderlaufen, was ja explizit vorsieht, dass eine Person mehrere Wohnungen beziehen darf und nur eine davon die Hauptwohnung werden kann.

Was würde so ein Genehmigungsvorbehalt bedeuten?

Eine Person mietet oder kauft eine Wohnung. Im Rahmen der Fristen meldet dieser die Wohnung an – und erklärt sie zur Nebenwohnung. Und die Behörde prüft nun und versagt die Nebenwohnung. Also zieht er wieder aus? Oder macht die zur Hauptwohnung und löst dann, je nach Kommune, diesen Genehmigungsprozess in der anderen Kommune aus. Und die könnten ebenso ablehnen. Zugegen: das könnte auch die Person schon vor Unterschreibung des Mietvertrages prüfen. Am besten, bevor ein Ausbildungs- oder Arbeitsvertrag unterzeichnet wird?

Allein diese Gedanken halte ich für politisch absurd bzw. verfassungswidrig.

Was ich dagegen sehr wohl sinnvoll sehe: das Verhindern von Ferienwohnungen. Das ist eine eigenständige Nutzungsart, die eher einem gewerblichen Charakter mit sich trägt. Und das können Kommunen bspw. in Bebauungsplänen ausschließen. Die Gemeinde Boltenhagen hat dies beispielsweise getan (siehe Debatte zu Boltenhagen ). Auch die Rechtsprechung hat dazu schon Urteile verfasst.

Kappung der Blumenau

Eine der gefährlichsten Kreuzungen in Hamburg-Eilbek ist die Kreuzung Wagnerstraße/Blumenau:

  • Wer als Fußgänger die Wagnerstraße quert, hat auf der einen Seite Geländer. Folgt er dem Geländer, hat er keine Sicht mehr. Im Grunde kann man die Wagnerstraße nur so queren, dass mann gleichzeitig die Blumenau ebenso quert – und muss dabei vier Straßen in Blick behalten.
  • Für Kfz-Verkehr gilt derzeit Tempo 50 – was insbesondere durch die Kurvenlage unangemessen ist.
  • Wer die Wagnerstraße auf der Ostseite von Süden kommend in Richtung Eilbekkanal läuft, wird in der Blumenau geführt. Die Mittelinsel mit Gehweg ist quasi nicht erreichbar.
  • Als Radfahrer ist der Abschnitt völliges Desaster: In Fahrtrichtung Nord löst sich der ohnehin unzureichend schmale Radstreifen in der Kreuzung auf. In Fahrtrichtung Süd hinter der Blumenau ist nicht ersichtlich, ob unter den parkenden Autos mal historisch ein Radweg gewesen sein könnte.

Daher meine Anregung für eine Veränderung:

  • Die Blumenau wird zur Wagnerstraße an beiden Seiten gekappt – und zwar von Osten mit einem Wendehamner und von Westen mit Übergang in die Sonnenau
  • Es gibt dann keine Kreuzung mehr für KfZ-Verkehr, der Radverkehr soll dennoch passieren können
  • in Höhe der heutigen Blumenau ein Zebrastreifen (Optional auch Fußgängerampel)
  • Tempo 30 zwischen Eilenau und Eilbeker Weg (Keine T30-Zone) – aufgrund der unübersichtlichen Straßenweise.
  • Die große Platzfläche kann je nach Präferenz entweder begrünt werden (Sitzbänke?), ansonsten auch der eine oder andere Stellplatz.

Visualisiert sieht es so aus:

Digitalministerin

Judith Gerlach, die neue Digitalministerin von Bayern:

Ja, Digitalisierung ist jetzt sicher nicht mein Spezialbereich, aber ein absolutes Zukunftsthema.

Wahnsinn. Hat schon jemals eine Person im Ministeramt gesagt, dass sie vom eigentlichen Themenfeld keine Ahnung hat?

(Quelle: BR )