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Recht

Sichert eure Bilder - gegen Download!

Die Zeitung »Welt« wärmt wieder ein altes Thema auf: die Abmahnaktion rund um Marions Kochbuch. So versendet(e) der Anbieter zahlreiche kostenpflichtige Abmahnungen, sobald Bilder der dargestellten Speisen und Getränke auf anderen Internetseiten auftauchen. Bei aller Dreistheit dieses Anbieters (zu einer anderen Ansicht komme ich leider nicht, wenn ich mir die Stellungnahmen dazu durchlese) frage ich mich, wie man folgende Aussage eines Rechtsanwalts unkommentiert stehen lassen kann (oder überhaupt wie man sowas als Rechtsanwalt äußern kann):

Ferner kritisiert er, dass die Bilder weder durch Wasserzeichen noch durch technische Vorkehrungen gegen Download gesichert seien, obwohl dies sehr einfach wäre.

Auch auch bei den anderen Argumenten hinsichtlich Suchmaschinenoptimierung und der »spezialisierten Software« zum Ausspähen ist es kein Wunder, wenn Marions Kuchbuch vor Gericht siegt. Und dabei liefert der Kochbuchbetreiber schon perfekte Steilvorlagen (2925 Fälle, »alle Fälle direkt an unseren Rechtsanwalt«), um sich gegen diese Praxis zu wehren (Siehe auch Urteil: Kein Unterlassungsanspruch bei Beauftragung von Abmahnanwalt).

Das Rechtsberatungsgesetz fällt

Und während gestern im Bundestag die Vorratsdatenspeicherung sowie die Zentraldatei mit Steueridentifikationsnummer beschlossen wurde, ging es auch um zwei andere Themen: zum einen bekommt Berlin ein neues Denkmal anläßlich des 20. Jahrestages der Grenzöffnung in zwei Jahren. Andererseits wurde das Rechtsberatungsgesetz durch das Rechtdienstleistungsgesetz abgelöst.

Das Rechtsberatungsgesetz ist ein Überbleibsel aus Nazi-Zeiten und wurde damals eingeführt, um die aus dem Justizdienst entlassenen Juden an der Ausübung der Rechtsberatung zu hindern. So wurde die Beratung genehmigungspflichtig — und Personen, die damals nicht in das Weltbild paßten, erhielten sie nicht (das wurde im Rahmen einer Verordnung geregelt). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde diese Regelung gegen die Juden aufgehoben — das Gesetz in seiner Form blieb bis heute: Rechtsberatung ist genehmigungspflichtig und nur bestimmten Berufsgruppen vorbehalten.

Was Rechtsberatung selber ist, definierte das Gesetz nicht — wodurch die rechtliche Grauzone sehr groß ist. Es kann schon im privaten Bereich anfangen. Es könnte auch schon eine aufbereitete Informationsseite zu einem rechtlichen Thema sein.

Im neuen Gesetz wird nun die Rechtsdienstleistung definiert (und ebenso definiert, was sie nicht ist):

Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie nach der Verkehrsanschauung oder der erkennbaren Erwartung des Rechtsuchenden eine besondere rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.

So ist nun der private Bereich außen vor, meine Informationsseite zur Zweitwohnsitzsteuer wäre dann eine »an die Allgemeinheit gerichtete Darstellung und Erörterung von Rechtsfragen und Rechtsfällen in den Medien«.

Unter dem Deckmantel des Jugendschutzes ...

Es ist immer wieder amüsant zu sehen, wenn einzelne Industrien ihre Felle davon schwimmen sehen — und nun unter dem Deckmantel des Jugendschutzes versuchen, unliebsame Konkurrenz auszuschalten. So erwirkte ein Anbieter nun Zugangssperren über Telefondienstleister — und verschaffen dem unbeliebten Konkurrenten einen ungewollte Popularität. Selbst große Zeitungen wie der Spiegel und die Welt berichten nun über ihn. Klasse gemacht.

Und während dessen läuft in Deutschland bereits ein Antrag zur Änderung des Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie. Telepolis faßt den Entwurf zusammen:

Bedenkt man, dass für den Gesetzestest einige Formulierung ausgerechnet von einem sehr umstrittenen US-amerikanischen Gesetz übernommen worden sind und bezieht die Überlegungen einer Sexualstraftäterdatei in Deutschland ein, so ist zu befürchten, dass die Bundesregierung in ihrem Versuch, Kinder und Jugendliche zu schützen, weit über das Ziel hinausschießt und somit nicht zuletzt auch die Kriminalisierung von Kindern und Jugendlichen zunimmt — da ja für den Täter kein Mindestalter mehr vorgesehen ist. Einem deutschen Fall Raoul stünde somit nichts mehr im Wege.

Es gibt ja gar keine GEZ-Gebühr

Am vergangenen Freitag hat die GEZ wieder einmal den Vogel abgeschossen: einem nahezu beliebigen Internetportal wird eine Abmahnung zugeschickt, in der sie neben Schmähkritik auch die Verwendung von falschen Begriffen unterstellten. So sei beispielsweise das Wort »GEZ-Gebühr« falsch, es müßte stattdessen »gesetzliche Rundfunkgebühr« heißen.

Während Google unter den GEZ-Gebühren mir eine sechsstellige Trefferanzahl signalisiert (351.000), sind es bei der hochoffiziellen Formulierung gerade so 41. Andere »korrekte« Begriffe kannten die Suchmaschinen zum Tatzeitpunkt gar nicht, wie eine Auflistung vom Spiegel zeigte. Und zu aller Ironie kommt noch hinzu, daß die GEZ bei manch einer falschen Schreibweise als erster Treffer angeboten wird ... die korrekte Schreibweise dagegen nicht.

Den kompletten Abmahnbrief gibt es bei der betroffenen Seite akademie.de. Ansonsten könnte man sich ja auch auf einen Kompromiß einigen, zum Beispiel: »GesEtZliche Rundfunkgebühr«.

Am Rande erwähnt: WDR raubte Domain wdr.org (juristisch) weg.

Die Sache mit den Angstklauseln

Sie sind im Grunde genommen einfach nur lästig: überlange Signaturen und sogenannte »Angstklauseln«. Sie blähen jede E-Mail auf, auch wenn der blanke Nachrichtentext nur wenige KB beträgt. Sie führen Details mit sich, die weder dem Empfänger interessieren, noch dem Absender als wichtig erscheinen, daß sie gelesen werden. Sie erklären, was mit der E-Mail getan werden kann und was nicht, obwohl dazu auch der gesunge Menschenverstand reichen sollte.

Und während in der allgemeinen Nettique (»RFC 1855 — Netiquette Guidelines«) noch die Empfehlung steht, daß Signaturen kurz gehalten werden sollen, Faustregel sind maximal 4 Zeilen, fordert das Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister schon so viele Angaben, daß diese den Höflichkeitsgrundsätzen in keinster Weise mehr gerecht werden können. Aber wenigstens stellte nun das Brandenburgische Oberlandesgericht fest, daß fehlende Pflichtangaben kein Abmahngrund sind. Respekt übrigens zu der Urteilssprechung.

Weitaus dramatischer sind aber diese ganzen Erklärungen von Vertraulichkeit (mir fällt es schwer, E-Mails als vertraulich einzustufen, die jeder andere auf eine konkrete Anfrage auch erhalten hätte), Urheberschutz (Wie können drei Zeilen Text schon Werkscharakter darstellen?) und rechtlicher Verbindlichkeiten (Niemals dem Gesprächspartner den Eindruck geben, er könnte sich auf etwas verlassen)

Die Seite Angstklauseln.de stellt eine schöne Sammlung von entsprechenden Signaturen dar — und erklärt auch, warum diese sinnlos sind:

  • Persönlichkeit (Wenn mit Hilfe der Angstklausel sichergestellt werden soll, daß nur der beabsichtige Empfänger die E-Mail lesen darf, so müßte dieser auch in der Signatur genannt werden.)
  • Reihenfolge (Es müßten stets zuerst die Spielregeln und dann der Text folgen — nur dann könnte ein unberechtigtes Lesen überhaupt vermieden werden.)
  • Ausschließlichkeit (Konkret angewendet müßte ich vor jeder Weiterleitung einer E-Mail den Absender um Erlaubnis bitten — wenn er das so will.)
  • Konsequenz (Die selben Regeln müßten auch auf Faxen sowie Briefpost erscheinen. Ja sogar auf elektronische Kurznachrichten (SMS))

Aber vielleicht reagieren ja mal die Hersteller von E-Mail-Programmen und bieten Signaturenentferner an ...

Kaugummidiebstahl ist kein Schwerverbrechen

Das Landgericht Offenburg verhandelte in einem Rechtsstreit zwischen der Musikmafia proMedia GmbH und einem Internetprovider, in dem es um die Herausgabe der Personalien eines Tauschbörsenanwenders ging. Das Gericht ist dabei zu der Ansicht gekommen, daß der eingetretene Schaden eine richterliche Anordnung nicht rechtfertige. Insgesamt ist die Argumentationsführung des Beschlusses (Az. 4 Gs 442/07) sehr vernünftig:

  • Die von einem Provider vorgehaltenen Daten sind Verkehrsdaten und unterliegen dem Fernmeldegeheimnis
  • Tauschbörsen ist »Individualkommunikation« zwischen zwei Personen
  • Nicht jeder Download wäre ein tatsächlicher Käufer gewesen (»Beim Preise 0 fragt auch derjenige ein Produkt nach, für das er sonst nicht mal einen Cent ausgeben würden.«)
  • Ein Hochladender zieht dadurch keine finanziellen Vorteile
  • Tauschbörsen erfordern meist einen unfreiwilliges Anbieten von Dateien. Das geht aus einem Gutachten des amerikanischen Patentamtes hervor.
  • Die geplante zivilrechtliche Abmahnung, welche bereits durch die Musikmafia im Vorfeld angekündigt wurde, bescherrte bundesweit mehrere 10.000 Anzeigen. Mit dieser Maßnahme versucht die Musikindustrie an Daten zu gelangen, die der Gesetzgeber versagt.

Insgesamt also ein durchaus guter Beschluß (vgl. heise, Golem, Begründung des Beschlusses)

Eine E-Mail ist ein verschlossener Brief

Das Landgericht Köln weiß es wieder einmal besser:

Wird eine geschäftliche E-Mail, die nur für einen bestimmten Empfängerkreis bestimmt ist, ungefragt veröffentlicht, stellt dies einen Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mail-Versenders dar. Dies gilt umso mehr, wenn die veröffentlichende Person die besagte E-Mail auf unlautere Weise erlangt hat. [..]

Diese [E-Mail] ist vergleichbar mit einem verschlossenen Brief, der durch das Absenden ebenfalls nicht aus der Geheimsphäre entlassen wird und bei dem der Absender — anders als etwa im Falle einer offen versandten Postkarte — auch nicht damit rechnen muss, dass Dritte von seinem Inhalt Kenntnis nehmen.

Im Vorliegenden Falle (Az.: 28 O 178/06) ging es um das ungefragte Veröffentlichen von geschäftlichen E-Mails. Von einer Verschlüsselung konnte ich im Urteil jedoch nichts lesen. Kann man nicht mal den CCC als Zeugen laden, der vor Ort das Ausspähen einer nicht verschlüsselten E-Mail demonstriert? (vgl. Themenmixer)

Verdeckte Online-Duchsuchung ist unzulässig

Das sogenannte staatliche Hackmonopol wurde vom Bundesgerichtshof zurückgewiesen (siehe auch lawblog).

Das Gericht bemängelte unter anderem, dass das Anwensenheitsrecht und die Zuziehung von Zeugen bei einer Online-Durchsuchung nicht gewährleistet sind. Wenn man nun den Androhungen Schäubles Glauben schenken darf, will er diese Gesetze entsprechend anpassen!

Berufung im Saarbrücker Justizskandal zugelassen

Vielleicht erinnert ihr euch: Anfang Juni zog ein Urteil des Verwaltungsgerichts Saarbrücken hohe Wellen. Ohne konkreten Verdacht mußte sich eine 17-jährige vor Polizeibeamten entkleiden, als sie ein Fußballspiel besuchen wollte — und das Gericht hielt diese Maßnahme auch noch für rechtsmäßig und schloß die Berufung aus (siehe Die Welt zu Gast bei Spannern, Fußballfans sind (keine) Verbrecher!)

Das Oberverwaltungsgericht gab nun die Zulassung — damit wird das Verfahren noch einmal neu ausgerollt! Glückwunsch! (vgl. LawBlog)